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Ungleichheit
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Trump zerstört die Debatte: Wenn Medien das nicht sagen, machen sie sich zum Komplizen

US-Präsident Donald Trump und sein demokratischer Herausforderer Joe Biden diskutierten in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch zum ersten Mal in diesem Wahlkampf im TV. Der Amtsinhaber zerstörte dabei bewusst und offensiv jede Chance auf eine gesittete Debatte. Der mediale Umgang damit in Österreich ist problematisch.

Donald Trump greift im TV-Wahlkampf zur Strategie der Diskurszerstörung. Statt sich einer inhaltlichen Debatte zu stellen, unterbrach Trump Biden kontinuierlich, setzte auf persönliche Angriffe und Falschbehauptungen.

Diese Taktik in politischen Debatten ist vor allem von rechter Seite nicht neu, wie auch Natascha Strobl in ihrer MOMENT-Kolumne regelmäßig dokumentiert. Sie ist nur selten so offensichtlich und gut erkennbar wie beim US-Präsidenten in der ersten Debatte.

Gerade deshalb ist die Berichterstattung auch der österreichischen Leitmedien über die Debatte so ernüchternd. Durchgehend wird in den Überschriften der Eindruck erweckt, als hätten sich hier zwei Politiker zu gleichen Anteilen einen heftigen Schlagabtausch geliefert.

Trump vs Biden: Die Headlines im Überblick:

Mit dieser Art der Betitelung spielen Medien der Diskurszerstörungs-Strategie von Trump in die Hände. Gerade in der Zusammenschau verschiedener Pressemeldungen, bei der Überschriften von entscheidender Bedeutung sind, bleibt das Bild von streitenden Politikern über. Ein Debatte, die Trump inhaltlich kaum hätte gewinnen können, endet so quasi mit einem Unentschieden. Es entsteht der Eindruck, als wären irgendwie beide Seiten mehr oder weniger gleich für das Ergebnis mitverantwortlich. Das ist aber eine Verzerrung dessen, was tatsächlich passiert ist.

Diskurszerstörung als solche benennen

Warum ist es aber wichtig, wie österreichische Medien über diese US-Debatte berichten? Weil bei Trump die Diskurszerstörungs-Taktik klar erkennbar ist und trotzdem nicht als solche benannt wird. Bei subtileren Varianten dieser Strategie von heimischen PolitikerInnen gelingt das dann erst Recht nicht.

Mit anderen Worten, wer über diese Zerstörung berichtet, als wäre das eine normale demokratische Debatte und dabei auch nicht den Zerstörer benennt, macht sich damit zu dessen Komplizen. Die fast schon bizarre Einhelligkeit, mit der sämtliche Leitmedien – egal ob Boulevard oder Qualitätsmedien – in diese Falle tappen, erklärt auch den großen Erfolg dieser zerstörerischen, politischen Strategie.

 
Headline NYT zu Debatte Trump vs. Biden

Dass es auch anders ginge, beweist die New York Times mit ihrer Überschrift zur Debatte (meine Übersetzung):

„Mit Unterbrechen, Lügen und Spott in der Debatte mit Biden zertrampelte Trump den Anstand“

Ein Fortschritt wäre aber schon, wenn sich die österreichischen Medien wenigstens stärker voneinander unterscheiden und nicht völlig austauschbare Headlines texten würden.

In der Reihe „Standardsituationen des Medienversagens“ kommentiert Leonhard Dobusch wiederkehrende, oft auch systemische Probleme der medialen Berichterstattung.

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