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Demokratie

Übersetz mir Manfred Haimbuchner, Natascha Strobl: Mein Corona-Skandal? Ähm, Afghanistan!

Übersetz mir Manfred Haimbuchner, Natascha Strobl: Mein Corona-Skandal? Ähm, Afghanistan!
Der oberösterreichische Vize-Landeshauptman Manfred Haimbuchner (FPÖ) landete im März wegen einer Corona-Erkrankung sogar auf der Intensivstation. Davor brach er noch die Corona-Regeln. Und lenkte in einem Krone-Interview darauf angesprochen davon mit einem rassistischen Sager über Menschen aus Afghanistan ab. Warum und welche Gedankenwelt steckt da dahinter? Natascha Strobl übersetzt dir das.
 

Der stellvertretende Landeshauptmann von Oberösterreich Manfred Haimbuchner musste vor ein paar Tagen mit einem schweren Covid-19-Verlauf auf die Intensivstation. In den Tagen vor seiner Diagnose hat der FPÖ-Politiker noch eine Babyparty besucht. Mitten in der Pandemie. Ich möchte heute über seine Begründung sprechen, die er in der Krone abgegeben hat.

Krone: Naja hätten Sie der jungen Familie nicht auch einfach schreiben können?

Haimbuchner: Ich gestehe: Ich freue mich über Zuwachs in meiner Heimatgemeinde halt mehr als über Zuzug aus Afghanistan. Daher habe ich gerne persönlich gratuliert.

Dieser beiläufige Rassismus ist schon so normal, dass er einfach ohne weiteres Nachfragen hingenommen wird. Aber hinter dieser kleinen Aussage steckt ein ganzes Weltbild. Schauen wir uns das mal an. 

„Ich gestehe“

Haimbuchner beginnt mit einem rhetorischen Trick. Es sagt “Ich gestehe”, er kündigt also ein „Geständnis“, an. 

Aber dann sagt er etwas, von dem er denkt, dass die Mehrheit der Menschen beziehungsweise der eigenen Fans zustimmt. 

Damit wird der Fragesteller zum Ankläger beziehungsweise zum Richter und Haimbuchner zum Angeklagten. 

Plötzlich geht es nicht mehr um eine normale Nachfrage in einem Interview, sondern es wird eine Gerichtssituation nachgestellt. Und in dieser „gesteht“ Haimbuchner pathetisch, dass er schuldig ist. Er nimmt so schon mit den ersten zwei Worten eine Opferrolle ein. Er spielt David gegen einen angeblich übermächtigen Goliath. Haimbuchner inszeniert den folgenden Rassismus also als mutig. 

Danach begründet er seinen Bruch der Corona-Regeln. Auch hier arbeitet er mit rhetorischen Tricks. 

Er sagt, er freue  sich über Zuwachs in seiner Heimatgemeinde mehr, als über Zuzug aus Afghanistan. 

1. Niemand hat ihn danach gefragt

Erstens: Niemand hat ihn aber irgendwas über Menschen aus Afghanistan gefragt. Der Bezug zu einem “Ausländerthema” kommt ohne Grund und von ihm. Was also sagt uns das? Warum tut er das?

2. Der falsche Kontrast

Zweitens:  Damit stellt er einen falschen Kontrast her. Das Neugeborene aus seiner Heimatgemeinde gegen Menschen aus Afghanistan. 

Als gäbe es nur ein Entweder-oder. Als sei es ein Wettbewerb oder gar ein Kampf. Als wäre jedes Baby aus der Heimatgemeinde ein Schlag gegen Menschen aus Afghanistan. 

Umgekehrt wäre damit jeder Mensch, der aus Afghanistan nach Österreich kommt, eine Niederlage für Menschen, die in seiner Heimatgemeinde wohnen und Kinder bekommen (möchten).

Zur Erinnerung: Wir sprechen immer noch über einen Corona-Verstoß von Haimbuchner.

3. Zuzug statt Flucht

Drittens:  Haimbuchner sagt “Zuzug aus Afghanistan”. Er unterstellt damit, es handle sich um kalkulierte Entscheidungen. Tatsächlich sind Menschen aus Afghanistan in Österreich aber fast immer auf der Flucht aus einem verheerenden Kriegsgebiet.

Diese ganze unhinterfragte Gegenüberstellung von Geburt und Flucht ergibt nur Sinn, wenn man eine Ebene höher geht.

Neugeborene zählen nur für „ihr Volk“

Neugeborene oder geflüchtete Menschen gelten dabei nur im Bezug auf “ihr Volk”. Dann gibt es wünschenswerte und nicht wünschenswerte Elemente eines Volkes. 

Wenig überraschend werden diese Kategorien aus der Abstammung gebaut. Ein Neugeborenes ist dann nicht einfach ein unschuldiges Neugeborenes, sondern Volkserhalter:in. Ein Kind darf nicht einfach ein Kind sein, sondern bekommt eine „rassische“ Bedeutung eingeschrieben. 

Völkisches Denken, völkischer Nationalismus

Das ist völkisches Denken. In diesem Denken geht es um die Reproduktion der „Wünschenswerten“ und das Raushalten der „Nichtwünschenswerten“. Nur so kann eine völkisch „reine“ Nation entstehen. 

Das ist völkischer Nationalismus. Und auch wenn das eigentliche Thema nichts damit zu tun hat, kommt er ganz beiläufig, ganz selbstverständlich in einem Zweizeiler in einem Interview mit der größten Zeitung des Landes daher. 

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