Warum die Steuer auf Aktiengewinne nicht fallen darf
Steuern auf Aktiengewinne haben ihre Berechtigung. Sie abzuschaffen vergrößert die Ungleichheit im Land.
Steuern auf Aktiengewinne haben ihre Berechtigung. Sie abzuschaffen vergrößert die Ungleichheit im Land.
Finanzminister Brunner will die Steuer auf längerfristige spekulative Aktiengewinne abschaffen. Eine weitere Steuer fiele damit dem Steuerstreichungswahn zum Opfer. Wohl nicht ganz zufällig steht auf der Abschussliste eine Abgabe, mit der vor allem die einflussreichsten und finanzstärksten Menschen im Land zum Staatshaushalt beitragen. Verteilungsgerecht ist das nicht, denn die Steuer auf Gewinne bei Wertpapierverkäufen hilft dem Steuersystem beim Ausgleich zwischen Arm und Reich. Deutlich über die Hälfte aller Aktien und Fonds halten hauptsächlich Menschen mit sehr hohen Einkommen.
Doch sieht man genauer hin, ist die geplante Steuerabschaffung nur der Aufhänger für ein riesiges Problem im Steuersystem – die enorm ungleiche Behandlung unterschiedlicher Arten von Einkommen. Wer arbeitet, muss bis zu 55% Steuern auf zusätzliches Einkommen bezahlen. Wer aber andere für sich arbeiten lässt und sein – teils vererbtes – Vermögen beispielsweise als Aktien hält, zahlt nur die Hälfte dieses Steuersatzes.
Immer weniger Steuern für Vermögende und Unternehmen
Im Zuge der Globalisierung hat auch Österreich die ungleiche Behandlung von Einkommen aus Kapital und Arbeit aufgegriffen. Die Steuern auf Vermögen und Unternehmensgewinne sanken, die auf Arbeit blieben. Die internationale Gemeinschaft hat mittlerweile erkannt, dass es nicht so weitergehen kann und sich grundsätzlich auf eine weltweite Mindeststeuer für Konzerne geeinigt.
Doch bei Einkommen auf Vermögen – Aktiengewinne, Zinsen, Dividenden – zahlt der Multimillionär weiterhin den gleichen Steuersatz wie die alleinerziehende Mutter mit dem Mindestlohn-Job. Weil der Multimillionär zusätzlich noch allerlei Steuertricks nutzen kann, muss er meist noch weniger zur Finanzierung der Gemeinschaft beitragen als eigentlich geplant. Diese steuerlichen Privilegien für Vermögen sind nicht zeitgemäß. Denn die Alleinerzieherin hat kein Geld für Aktienspekulation. Ihr Einkommen fließt zur Gänze an Kind, Miete, Essen, und einen dezenten Lebensstandard.
Alle Einkommensarten in dieselbe Steuer
Was wäre die Lösung? Alle Einkommenstypen sollten im Steuersystem gleich behandelt werden. Einkommen aus Vermögen – inklusive Spekulationsgewinne mit Aktien – müssen wieder zurück in die Einkommensteuer, anstatt sie mit einem pauschalen Satz davon auszunehmen. Die derzeitigen niedrigen Steuersätze (27,5%) auf Erträge aus Vermögen bevorzugen vor allem jene, die solche Vermögen in großer Zahl besitzen. Solch ein System hatte Österreich vor der Einführung der Kapitalertragssteuer. In Dänemark, Estland, Australien und Kanada verfährt man noch immer so.
Bundespräsident Van der Bellen lobt immer wieder die Eleganz der Bundesverfassung. Ihm, wie auch seinen angelobten Ministern Kogler und Kocher ist als Ökonomen sicher die Eleganz der progressiven Einkommensteuer bewusst. Jene, die auf die Butterseite des Lebens gefallen sind, erhalten höhere Einkommen aus Arbeit und Vermögen. Deswegen müssen sie auch höhere Steuersätze bezahlen.
Aber in Wahrheit tragen heute nur mehr jene mit hohen Arbeitseinkommen entsprechend stärker zur Finanzierung unserer Schulen, Kindergärten, Pensionen, und Krankenhäusern bei. Es wäre nur logisch, wenn auch die mit hohen Vermögenseinkünften wieder in dieses System einbezogen werden. Denn für die Verfassung wie für die Einkommensteuer gilt. Wer außerhalb ihres Bogens steht, tut dem Zusammenhalt der Gesellschaft nicht gut.