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Demokratie

Warum Wähler:innen rechtsextremer Parteien nicht „dumm“ sind.

Warum Wähler:innen rechtsextremer Parteien nicht „dumm“ sind.
Ob Frankreich oder Österreich: Nach jeder Wahl herrscht Entsetzen über die Erfolge extrem rechter Parteien. Ein schneller Reflex ist es, die Wähler:innen als „dumm“ oder "ungebildet" zu bezeichnen. Aber: Man macht sich die Erklärung damit zu einfach. Politologin Natascha Strobl analysiert.
 

Frankreich-Wahl: Entsetzen über Erfolg von Marine Le Pen

Nach fast jeder Wahl ist es dasselbe: Es herrscht großes Entsetzen über die Wahlerfolge extrem rechter Parteien und Kandidat:innen. So auch in Frankreich, wo Marine Le Pen zwar nicht gewonnen, aber 42 % der Stimmen erhalten hat. Ein sehr schneller und sehr einfacher Reflex ist es, die Wähler:innen rechter und rechtsextremer Parteien als „dumm“ oder „ungebildet“ zu bezeichnen. Sie seien quasi einfach nur zu blöd, um die „richtige“ Entscheidung zu treffen.

Das ist ein Abwehrmechanismus. Ein Mechanismus, um sich nicht mit der Realität auseinandersetzen zu müssen. Und er ist schädlich und unbrauchbar, um das zu erfassen, was gerade passiert. Marine le Pen hat 42 % der Stimmen erhalten. Das sind 42 % der (wahlberechtigten) Bevölkerung Frankreichs, die bewusst eine Kandidatin der extremen Rechten gewählt haben. Oder: Das sind 42 %, für die Macron das größere Übel ist.

Wie erklärst du das Wahlergebnis?

Es gibt viele unterschiedliche Ansätze, um dieses Wahlergebnis zu erklären. Es gibt eine klare Stadt-Land-Unterscheidung. Es gibt eine Unterscheidung nach Altersstufen. Es gibt eine Unterscheidung nach Einkommen. Es gibt eine Unterscheidung nach formaler Bildung. Es gibt vor allem eine Unterscheidung zwischen Leuten, die mit ihrem Leben zufrieden sind und jenen, die es nicht sind.

All diesen Strängen kann man nachgehen und daraus Schlüsse ziehen, etwa, dass die Art, wie wir leben und arbeiten sehr wenige „Gewinner:innen“ und sehr viele „Verlierer:innen“ produziert. Und dass extrem rechte Parteien diesen Umstand auf eine Ebene des Kulturkampfs ziehen, wo die Schuld bei Migrant:innen, Feminist:innen oder wem auch immer gesucht wird.

Oder, dass es linke und progressive Parteien bzw. Kandidat:innen nicht ausreichend schaffen, diesem Frust Ausdruck zu verleihen, ohne den Kulturkampf mitzuspielen. Oder, dass jemand wie Macron zwar gewonnen hat, die Bedingungen, die zu Le Pen geführt haben, aber weiter verstärken wird.

Es sind sehr viele Diskussionen, die man hier führen kann und muss. Das ist manchmal schwierig und schmerzhaft, aber um einiges erkenntnisreicher als den Wähler:innen der extremen Rechten anzudichten, sie wüssten nicht, was sie tun.

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