Kurz-Skandal: Was du zu Inseratenkorruption in Österreich wissen musst
Was ist Korruption?
Korruption ist „Missbrauch von anvertrauter Macht zum privaten Nutzen oder Vorteil“.
Das betrifft zum Beispiel eine Polizistin, die sich von einem Dieb mit Geld bestechen lässt, damit sie ihn laufen lässt. Oder einen Politiker, der in einer Zeitung Inserate schaltet, und dafür positive Berichterstattung bekommt.
In diesen Beispielen ist das korrupte Verhalten offensichtlich. Oft ist die Grenze aber auch verschwommener.
Was ist Inseratenkorruption?
Im Allgemeinen versteht man unter Inseratenkorruption, dass Politiker:innen oder Beamte Inserate in Zeitungen und damit wohlwollende Berichterstattung kaufen.
Wenn ein Ministerium zum Beispiel eine große Imagekampagne bucht, damit eine Zeitung positiv über die Ministerin, bzw. den Minister berichtet, liegt Inseratenkorruption vor.
Warum ist Inseratenkorruption schlimm?
Berichterstattung in einem journalistischen Medium darf nicht käuflich sein. Medien werden oft als die vierte Säule der Demokratie bezeichnet. Sie sollen die Mächtigen kontrollieren. Deswegen müssen Medien unabhängig bleiben – auch vom Geld, das Regierungsinserate bringen.
Dazu kommt, dass Regierungsinserate aus Steuergeld bezahlt werden. Das sollte sparsam und effizient eingesetzt werden – und nicht, um gute Berichte für den Minister zu kaufen.
Regierungsinserate zahlen außerdem nicht nur auf das Ministerium ein. Auch Minister:innen haben etwas davon und damit die machthabende Parteien. Regierungsinserate können damit auch als versteckte Parteiwerbung dienen – bezahlt von den Steuerzahler:innen.
Sogar versteckte Parteifinanzierung kann vorliegen, wenn ein:e Minister:in Inserate in der Parteizeitung schaltet, ohne dass es dafür einen öffentlichen Nutzen gibt.
Ist Inseratenkorruption weit verbreitet?
Wie weit Inseratenkorruption verbreitet ist, lässt sich nicht leicht beziffern. Expert:innen sprechen allerdings schon seit Jahren von einem großen Problem.
„Ja, da gibt es bestimmte Medien, bei denen das relativ offenkundig ist. Das erzählen mir die Wahlkampfmanager immer wieder.“ – Hubert Sickinger, Politikwissenschaftler, zu DOSSIER, 2013
„Die Politik erwartet sich eine positive Berichterstattung durch die Fütterung gewisser Medien mit Inseraten. Umgekehrt gibt es auch Herausgeber und Medieneigentümer, die Druck auf Politiker ausüben, damit sie Inserate schalten – ansonsten fällt die Berichterstattung nicht positiv aus.“ -Alexander Warzilek, Chef des Presserats, zu DOSSIER, 2015
Auffällig ist jedenfalls, dass Österreich im Jahr 2016 auf die Bevölkerung gerechnet fast zehnmal mehr für Regierungsinserate ausgegeben hat als Deutschland. Pro Kopf waren es hierzulande 1,85€, in Deutschland nur 0,19€.
Die Plattform DOSSIER hat viele, gut recherchierte Artikel zu dem Thema Inseratenkorruption, falls du noch mehr darüber wissen möchtest.
Warum gibt es Korruptionsvorwürfe gegen Kurz?
Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ermittelt gegen Sebastian Kurz, weil er verdächtigt wird, über Mittelspersonen Umfragen in den Medien der Fellner-Gruppe platziert zu haben.
Diese Umfragen sollen verfälscht worden sein, um ihn selbst gut und seine Gegner schlecht aussehen zu lassen. Bezahlt wurden diese Umfragen laut Ermittler:innen über Scheinrechnungen vom Finanzministerium.
Das hieße: Die in der Zeitung “Österreich” und auf oe24.at erschienenen, für Kurz günstigen Umfragen, wurden mit Steuergeld bezahlt. Für die gefällige Berichterstattung der Mediengruppe „Österreich“ GmbH, hätten Ministerien im Gegenzug in den Fellner-Medien Inserate geschaltet. Auch das hieße: Hier floss Steuergeld.
Hier findest du die Umfragen, um die es in den Ermittlungen geht.
Die wichtigsten Chats rund um den Inseratenskandal findest du hier.
Wer ist noch in Korruptionsaffäre verwickelt?
Nicht nur gegen Sebastian Kurz selbst wird ermittelt. Unter anderem diese Personen könnten laut WKStA auch beteiligt gewesen sein:
– Gerald Fleischmann, Mitarbeiter von Kurz im Bundeskanzleramt. Aktuell ist er beurlaubt.
– Johannes Frischmann, Pressesprecher von Kurz. Auch er ist beurlaubt.
– Stefan Steiner, Berater von Kurz.
– Johannes Pasquali, Sprecher des Finanzministeriums.
– Sabine Beinschab, Meinungsforscherin.
– Sophie Karmasin, Meinungsforscherin und ehemalige Familienministerin auf ÖVP-Ticket.
Warum bezahlt der Staat Medien überhaupt?
Für eine vielfältige Medienlandschaft ist Presseförderung wichtig. Sie soll sicherstellen, dass auch kleinere Medien überleben, die nicht nur auf Profit ausgerichtet sind. Außerdem muss die Regierung manchmal über wichtige Neuigkeiten informieren. Inserate können dafür ein Weg sein.
Hier findest du einen Überblick dazu, wie sich Medien in Österreich finanzieren.
Die Vergabe von Presseförderungen und Inseraten ist aber intransparent, zeigt eine Studie. Vor allem der Boulevard profitiere vom Staat, darunter auch die Tageszeitung „Österreich“, die im Kurz-Skandal zu Inseratenkorruption verwickelt ist.
Um wie viel Geld geht es?
Bei Regierungsinseraten geht es um viel Geld. Alleine im ersten Halbjahr 2021 gab die Regierung 25 Millionen Euro für Inserate aus. Besonders hoch waren die Ausgaben im Bundeskanzleramt.
Wie viel Regierungsgeld ging früher an Medien?
Seit 2012 müssen Ministerien viermal im Jahr melden, wie viel Geld sie für Inserate und Förderungen ausgegeben haben. Seit 2020 sind die Kosten dafür regelrecht explodiert. Auffällig ist zum Beispiel, wie viel mehr das Finanzministerium für Inserate und Medienförderungen ausgegeben hat, wenn Sebastian Kurz Bundeskanzler war.
Was ist das Medientransparenzgesetz?
Alle öffentliche Stellen müssen melden, wie viel Steuergeld sie für Werbeschaltungen und Förderungen ausgeben. Das Medientransparenzgesetz ist seit 1. Juli 2012 in Kraft.
Welche Kritik gibt es an dem Medientransparenzgesetz?
Kritiker:innen sagen, das Medientransparenzgesetz lässt sich leicht umgehen. Denn Inserate müssen erst ab einem Wert von 5.000 Euro im Quartal gemeldet werden. Bekommt eine Zeitung also etwa 4.999 Euro in drei Monaten, scheint dies nicht auf. Diese Grenze kritisiert sogar der Rechnungshof mehrmals.
Das Transparenzgebot gilt außerdem nur für Medien, die öfter als viermal im Jahr erscheinen. Beilagen, die in Zeitungen und Magazinen seltener erscheinen, sind also ausgenommen.
Die Daten, die veröffentlicht werden, sind unübersichtlich. Auf der offiziellen Seite sind sie überhaupt nur bis 2019 abrufbar.