Was ist die EU-Waldschutzverordnung, und warum blockiert die ÖVP?
Wälder weltweit sind in einem schlechten Zustand. Durch das Artensterben und die Klimakrise, aber auch durch Abholzung und Waldbrände sind sie bedroht. Dabei ist unter anderem ihre Funktion, CO2 zu speichern, für die Bekämpfung der Erderhitzung zentral.
Die EU-Waldschutzverordnung soll demnach den Bestand intakter Wälder sichern und illegale Abholzung bekämpfen. Doch sie steht unter Beschuss. Die ÖVP zögert die Umsetzung der Verordnung hinaus und will EU-Länder aus der Verantwortung nehmen. NGOs und Umweltschutzorganisationen sind besorgt. Sie bezeichnen die Blockadehaltung der ÖVP als Protektionismus und politische Verantwortungslosigkeit.
Was ist die EU-Waldschutzverordnung?
Die EU-Waldschutzverordnung (EUDR) wurde 2023 beschlossen und soll sowohl Waldschädigung als auch Entwaldung bekämpfen. Sie schreibt vor, dass Produkte auf dem europäischen Markt künftig nicht mehr mit Waldschädigung und Entwaldung in Verbindung stehen dürfen. Um die Lieferketten für Holz und andere Produkte, für die Wald abgeholzt wird, transparent zu machen, müssen Unternehmen ihre Sorgfaltspflicht nachweisen. Bei Verstößen drohen Geldstrafen.
Der Verordnung haben Europäisches Parlament, Kommission und Rat bereits zugestimmt. Obwohl NGOs und Umweltschutzorganisationen wie Greenpeace und Fern die lasche Risikobewertung unterschiedlicher Länder kritisieren, gilt die Verordnung dennoch als Meilenstein für die Umsetzung der Klima- und Biodiversitätsziele der EU.
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“Nullrisiko” in europäischen Wäldern?
Doch ähnlich wie schon beim EU-Renaturierungsgesetz hält die ÖVP dagegen und setzt alles daran, die Umsetzung der bereits beschlossenen Verordnung zu verzögern. Der EU-Abgeordnete Alexander Bernhuber von der ÖVP plädiert dafür, eine “Nullrisiko”-Kategorie für EU-Länder einzuführen. Damit wären EU-Länder de facto von den Vorgaben ausgeschlossen. Das hätte eine Wettbewerbsverzerrung zur Folge gegenüber Ländern mit einer höheren Risikobewertung, mit denen EU-Länder Handel betreiben.
Matthias Schickhofer, Berater der Waldschutz-NGO Fern, befürchtet: “Eine “Nullrisiko”-Generalausnahme würde die EUDR aushöhlen und außerdem – mangels Kontrollen – illegale Holzimporte befeuern.” Denn illegale Abholzung findet auch innerhalb Europas statt, beispielsweise in Rumänien.
Darüber hinaus befinden sich die europäischen Wälder in einem besorgniserregenden Zustand, der sich durch die Klima- und Biodiversitätskrise weiter verschlechtern wird. Die ÖVP führt als Gegenargument das Anwachsen der Waldflächen an. Doch die Zunahme der bloßen Fläche, die Wäldern gewidmet wird, ist nicht mit einem intakten Zustand gleichzusetzen, so Schickhofer: Nadelholzbestände schwinden in einem bedrohlichen Ausmaß und Naturwälder werden verstärkt durch Monokulturen ersetzt.
Illusion ”Bürokratiemonster”
Ein ebenso haltloser Kritikpunkt, den Vertreter:innen der österreichischen Forstwirtschaft und des türkis geführten Landwirtschaftsministeriums anbringen: Durch die Verordnung entstünden überbordende bürokratische Auflagen für Waldbesitzer:innen, insbesondere für Kleinbäuer:innen. Anders als behauptet, gibt es bereits einfache technische Möglichkeiten, um Waldzerstörung zu tracken und Lieferketten transparent zu halten, wie die Menschenrechtsorganisation Südwind in einem Faktencheck aufzeigt.
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