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Klimakrise
Demokratie

Was Sebastian Kurz sagen will, wenn er von "Klima und Grenzen schützen" spricht

Grafik NatsAnalyse - Analysen von Ideologie, Sprache und Frames von Natascha Strobl. NatsAnalyse Cover zeigt ein gezeichnetes Porträt von Natascha Strobl mit zwei Sprechblasen.
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Sebastian Kurz hat vor Angelobung der türkis-grünen Regierung auch schon das Motto ausgegeben: "die Grenzen und das Klima schützen". Ein einfacher wie einprägsamer Slogan, der genau aufzeigt, wohin es für die ÖVP geht.

Vermengung 

Hier wird die Strategie der Vermengung betrieben. Zwei Themen, die grundsätzlich nichts miteinander zu tun haben, werden miteinander vermengt. Das dient dazu, ein unliebsames Thema populär zu machen oder ein beliebtes Thema mit einem eigenen zu koppeln und so für sich zu beanspruchen. Genau das passiert hier. Das Thema Klimaschutz ist das Thema Nummer 1 und eng mit den Grünen verknüpft, die hier über die meiste Expertise und eine hohe Glaubwürdigkeit verfügen. Das Thema ist nun so groß, dass Ignoranz oder Abstreiten nicht mehr möglich sind. Also müssen alle schauen, wie sie ein Stück vom Thema bekommen.

Die ÖVP macht das nun, indem sie das Klimathema zu einem Sicherheitsthema macht, einem Bereich, in dem sie über Expertise und Glaubwürdigkeit verfügt. Die einfache Formel: Wer gut die Grenzen schützen kann, der schützt auch das Klima.

Falsche Äquivalente

Eine weitere Strategie ist die der falschen Äquivalente. Das ist eigentlich eine Strategie, mit der zwei ähnlich klingende Themen einander gleich gesetzt werden, obwohl sie sehr unterschiedlich sind. Zum Beispiel im Themenbereich Parteispenden und Parteiförderungen.

Hier basiert diese Setzung falscher Äquivalente beim Thema „schützen“. Der „Schutz“ von Grenzen und vom Klima ist nämlich nicht dasselbe. Vor allem nicht im Verständnis der ÖVP. Schützen beinhaltet immer die Abwehr von Gefahr. Im Sinne des Grenzschutzes im Jahr 2020 ist damit eine konkrete Gefahr gemeint. Diese Gefahr wird seit Jahren von verschiedenen Medien und Parteien aufgebaut. Es sind Flüchtlinge. Hier sind also ganz konkrete Maßnahmen und Situationen gemeint, in denen Flüchtlinge daran gehindert werden sollen, nach Österreich oder Europa zu kommen. Echte Menschen werden zur Gefahr aufgebaut. 

Der Klimaschutz hingegen ist ein Set an unterschiedlichen Maßnahmen, die das Ziel haben, die globale Erderwärmung zumindest zu verlangsamen. Hier ist aber ein unkonkreter Schutz gemeint. Das heißt, dass beim Thema Klimaschutz eben nicht die eine Maßnahme und das eine Bild in den Sinn kommt. Grenzschutz hat etwas mit (legitimer oder illegitimer, aber immer konkreter physischer) Gewalt zu tun, Klimaschutz ist klar auf der Ebene von abstrakten politischen Maßnahmen.

Sebastian Kurz hat diese beiden Vorstellungen von Schutz aber sprachlich miteinander zusammengefasst. Einerseits zivilisiert es das eigene Image. Wer das Klima schützen will, kann kein schlechter Mensch sein. Andererseits verleiht es Glaubwürdigkeit bei einem Thema, bei dem die ÖVP bisher keines besaß. Während andere scheinbar nur reden, will Sebastian Kurz hart und kompromisslos wirken. So wie er bereit zu sein scheint, alles für den Grenzschutz zu geben, so er bereit wirken, alles für das Klima zu geben.

Gefangenen-Dilemma

Die Grünen sind, ohne zu wissen wie, in einem für sie falschen Framing gefangen. Klimaschutz ist in ihrem Sinne ein Gerechtigkeitsthema und kein Sicherheitsthema. So wie wir Flüchtlinge schützen, so schützen wir auch das Klima, das wäre eigentlich ihre Erzählung.

Gegen die türkise Inszenierungsmaschine scheinen sie aber im Moment noch sprachlos.

 

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