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Ungleichheit

Wie macht Spenden Sinn?

Spenden, die zuhauf am Boden liegen und im Erdbebengebiet offenbar nicht abgeholt werden. Solche Bilder kursieren auf Social Media - zusammen mit der Kritik, dass die Opfer des Erdbebens undankbar seien. Doch so einfach ist das nicht. Gut gemeint ist nicht gleich gut gemacht. In diesem Beitrag erklärt Nina Starzer, Sprecherin der Caritas Wien, wie spenden Sinn macht und was im Katastrophengebiet wirklich benötigt wird.

Spenden, die zuhauf am Boden liegen und im Erdbebengebiet offenbar nicht gebraucht/abgeholt werden. Wie kann es zu so etwas kommen? 

Grundsätzlich müssen wir zuerst festhalten: Es ist ein Jahrhundertbeben (und mehrere Nachbeben), das die Türkei und Syrien vergangene Woche erschüttert hat. Die Situation vor Ort ist dramatisch und Hilfe muss jetzt nicht nur rasch erfolgen, sie muss vor allem auch unter sehr erschwerten Bedingungen gelingen. Katastrophen wie die aktuelle bedeuten auch eine logistische Herkulesaufgabe für die Helfer:innen vor Ort. Von vergangenen Katastrophen wissen wir: Unsere Hilfe kann dann erfolgreich sein, wenn sie abgestimmt und mit den verschiedensten Partnerorganisationen und Behörden koordiniert passiert.

Hilfsorganisationen wie die Caritas weisen von Beginn an darauf hin, dass vor allem Geldspenden sinnvoll eingesetzt werden können. Sie erlauben es uns, flexibel auf unterschiedlichste Bedarfe rasch zu reagieren. Im Moment ist finanzielle Hilfe also der schnellste und effizienteste Weg, um Menschen vor Ort bedarfsgerecht zu unterstützen.

Unsere Partner:innen vor Ort haben aktuell keinen Bedarf an Hilfsgütern gemeldet, der über das, was vor Ort beschaffbar ist, hinausgeht. Darum nehmen wir im Moment keine Sachspenden an und organisieren auch keine Sachspendentransporte. Aktuell kann alles, was gebraucht wird, vor Ort eingekauft werden, somit können wir Transportwege vermeiden und lokale Strukturen stärken.

Wie dramatisch ist die Versorgungslage derzeit vor Ort im Erdbebengebiet? Braucht es weitere Spenden?

Wer die Bilder aus der Bebenregion gesehen hat, weiß: Unsere Hilfe wird hier einen extrem langen Atem brauchen. Die Lage ist nach wie vor dramatisch. Die Caritas ist sowohl in Syrien, als auch in der Türkei im Einsatz. In beiden Ländern erfolgt die Hilfe über unsere lokalen Partner:innen, mit denen wir zum Teil seit vielen Jahren zusammenarbeiten. Obwohl sie selbst noch unter Schock stehen, arbeiten unsere Kolleg:innen vor Ort rund um die Uhr daran, Notunterkünfte zu organisieren und mit dem Notwendigsten auszustatten.

Die langjährigen Partnerbeziehungen ermöglichten es uns, rasch mit der Nothilfe aktiv werden zu können. Sie ermöglichen auch, laufend über den konkreten Bedarf an Hilfsgütern informiert zu bleiben. Geldspenden sind in der derzeitigen Phase das beste Mittel, um konkret zu helfen. Als erste Sofortmaßnahme hat die Caritas Österreich ihren Partnerorganisationen 200.000 Euro für die Akut-Versorgung zur Verfügung gestellt. Wir unterstützen aber auch mit der Organisation von Unterkünften, Lebensmittel und Trinkwasser, Decken, Matratzen, Kleidung und Heizmaterial und auch Bargeld.

Besonders wichtig ist jetzt auch psychologische Unterstützung und Traumabehandlung für die vom Erdbeben betroffenen Menschen. Nach einer ersten Phase der Akuthilfe wird es mittel- und langfristig darum gehen müssen, den Menschen vor Ort auch wieder Perspektiven zu ermöglichen – etwa, wenn es um den Wiederaufbau und die Bereitstellung von Wohnraum geht. 
 

Wie kann ich spenden und sichergehen, dass meine Sachleistungen/mein Geld tatsächlich den Bedürftigen zugutekommen?

Spenden, die für die Katastrophe in Syrien und der Türkei zweckgewidmet sind, dürfen auch nur für diesen bestimmten Zweck eingesetzt werden. Viele Hilfsorganisationen wie die Caritas sind bereits seit vielen Jahren in der Region im Einsatz und in engem Austausch mit ihren Partner:innenorganisationen und den Behörden vor Ort. Diese Voraussetzungen sind wichtig, um jetzt Hilfe gemeinsam mit anderen abgestimmt möglich zu machen. Wer also sichergehen möchte, dass seine/ihre Spende ankommt, sollte darauf achten, jenen Organisationen zu spenden, die einerseits Erfahrung in der Katastrophenhilfe haben und die andererseits schon länger in der Region im Einsatz sind. 
 

Sind massenhafte Sachspenden bei humanitären Katastrophen überhaupt der richtige Weg zu helfen? Oder sind das dann zu viel Sachen, die vor Ort nicht gebraucht werden – während andere Dinge fehlen?

Aufgrund der Erfahrung vergangener Katastrophen und Krisensituationen helfen wir als Caritas erst dann mit Sachspenden, wenn konkreter Bedarf von den Partner:innen vor Ort gemeldet wird. Wir bitten erst dann um Sachspenden, wenn das, was gebraucht wird, vor Ort nicht erhältlich ist. Und geliefert wird nur, was vor Ort tatsächlich gebraucht wird, bedarfsgerecht gelagert werden kann und nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen eingekauft werden kann. Es ist uns ein großes Anliegen, Transportwege so gut es geht zu vermeiden und lokale Strukturen zu stärken – soweit dies möglich ist. 
 

Was machen Hilfsorganisationen, um zu gewährleisten, dass Spenden zielgerichtet ankommen?

Wie bereits beschrieben, erfolgt die Hilfe der Caritas über lokale Partnerorganisationen, mit denen wir bereits seit vielen Jahren zusammenarbeiten. Zur Verfügung gestellt wird nur, was diese Partnerorganisationen an Bedarf melden. In erster Linie geht es um die akute Notversorgung. Mittel- und langfristig werden wir beim Wiederaufbau sowie der Beschaffung von Wohnraum helfen.

Als Spendenorganisation und Trägerin des Österreichischen Spendengütesiegels verpflichten wir uns, unsere Mittel so effizient wie möglich einzusetzen. Alle Spendengütesiegel-Organisationen verpflichten sich freiwillig, die umfassenden Kriterien des OSGS zu erfüllen und damit höchsten Qualitätsansprüchen gerecht zu werden. Sie haben ein strenges Prüfverfahren durchlaufen, erfüllen die hohen OSGS-Standards und lassen sich regelmäßig einmal jährlich von unabhängigen Steuerberater:innen oder Wirtschaftsprüfer:innen kontrollieren.
 

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