Zwei Betroffene erzählen: Wie Angst vor Coronavirus anti-asiatischen Rassismus schürt
Wir haben zwei Frauen chinesischer Abstammung gefragt, wie sie die Stimmung erleben.
Heather (Name geändert), 27, Australierin mit chinesischen Eltern, lebt seit vier Jahren in Wien
Vor ein paar Tagen bin ich mit einer Frau im Aufzug gefahren. Sie hat mich erst angeekelt angesehen und sich dann den Mund zugehalten. In meinem chinesischen Lieblingslokal ist plötzlich nichts mehr los. Asiatische Betriebe leiden jetzt schon, weil die KundInnen wohl denken, dass alle ostasiatisch aussehenden Menschen mit dem Coronavirus infiziert sein könnten. Der Virus unterscheidet nicht nach Herkunft. Trotzdem haben die Menschen Angst vor uns und die Medien verstärken diese Angst. Dabei sind nicht alle asiatisch aussehenden Menschen chinesisch. Viele sind hier geboren und waren überhaupt noch nie in China, andere kommen aus Korea, Japan und anderen Ländern. Ich bin in Australien geboren, meine Eltern sind aus China. In Wien lebe ich seit mehr als vier Jahren.
Die Community ist klein und in den Medien kaum repräsentiert. Ostasiatische Menschen sind unsichtbar. Nur wenn es einen Skandal gibt, wird über uns berichtet. Letztes Jahr war es die illegale Teigtascherl-Fabrik, wo dann der Eindruck entstanden ist, dass chinesisches Essen grundsätzlich unhygienisch produziert wird. Das passt zum rassistischen Stereotyp, dass ChinesInnen und ihr Essen schmutzig sind. Ich wünsche mir, dass die Menschen in Österreich Empathie entwickeln: Mit allen, die FreundInnen und Verwandte in China, speziell in Wuhan, haben. Sie brauchen jetzt Unterstützung und keine Anfeindungen.
Hui, 32, lebt seit 16 Jahren in Wien und besucht gerade ihre Familie in Kanton, China
Ich bin kurz vor dem Aufkommen des Coronavirus nach China geflogen, zu meiner Familie in Kanton (Guangzhao). In Wien lebe ich seit mehr als 16 Jahren, aber wegen meines Berufes und meiner Familie bin ich öfter in China. Mein Flug zurück nach Österreich geht in ein paar Tagen. Ich hoffe, das klappt. In Australien gibt es beispielsweise schon ein Einreiseverbot aus China. Dabei ist Kanton bisher nicht betroffen.
Ich habe asiatische FreundInnen in vielen verschiedenen Ländern: In den USA, Kanada, Amerika, Australien. Von ihnen bekomme ich mit, dass der Rassismus sich überall verschärft. Was mich sehr verletzt hat, war das Spiegel-Cover: “Made in China” steht dort und “Wenn die Globalisierung zur tödlichen Gefahr wird”. Das ist mir unheimlich, weil mich dieser Ausdruck an die von Rechtsextremen erinnert.
Einerseits freue ich mich, wieder in Wien zu sein, in meinem Zuhause, aber ich kann nicht abschätzen, welche Situation dort auf mich wartet. Ich habe Sorge, dass sich die Ungerechtigkeiten, die wir Menschen mit Migrationshintergrund erleben, verstärken.