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Klimakrise
Kapitalismus

Alle fünf Minuten stirbt eine ganze Art für immer aus

Porträt von Katharina Rogenhofer mit einem RIp-Kreuz.
Weltnaturschutzkonferenz 2022: Können wir das große Sterben der Artenvielfalt noch aufhalten?
Die Artenvielfalt geht zurück. Alle fünf Minuten stirbt eine Art für immer aus. Katharina Rogenhofer zur Weltnaturschutzkonferenz 2022 in Montreal, das leise Sterben der Natur und was wir dagegen tun können
 

Wir befinden uns mitten im sechsten Massenaussterben. So nennt die nüchterne Wissenschaft, was gerade passiert. Die Artenvielfalt geht zurück, alle fünf Minuten – also ungefähr in der Zeit dieses Videos – stirbt eine Art für immer aus. Ich wiederhole das noch einmal: nicht eine Pflanze oder ein Tier stirbt alle fünf Minuten. Sondern eine ganze Art – mit allen ihren Individuen! Die Rate an Aussterbeereignissen liegt damit ungefähr 1.000 Mal höher, als in Zeiten ohne menschliche Aktivität. 

Weltnaturschutzkonferenz hoffentlich besser als Klimakonferenz

Der Klimagipfel in Ägypten ist vorbei – und es war ein Flop. Bei der Verringerung von Treibhausgasen ist NICHTS weitergegangen. Im Dezember ist hoffentlich alles anders. Denn ein weiteres wichtiges Thema steht auf der Tagesordnung: die Biodiversitätskrise. Der will die Weltgemeinschaft mit dem fünfzehnten Biodiversitätsgipfel in Montreal etwas entgegensetzen . Doch das jährliche Zusammenkommen von Staats- und Regierungschefs ist, wie wir alle wissen, noch kein Garant für Erfolg.

Was könnte und müsste Österreich also tun, um einen Beitrag gegen das Artensterben zu leisten? Der Biodiversitätsrat hat in 19 Punkten die heimische Umweltpolitik mit Ampelfarben bewertet. Ihr seht: vieles ist orange oder rot. Es steht laut diesen 27 Expert:innen also nicht gut um die Biodiversität. Einige Ergebnisse verdienen aber genauere Betrachtung!

Artenvielfalt braucht Flächenschutz

Der Schutz der Artenvielfalt braucht vor allem eines: Geld und Flächen. Für ersteres wurde zwar 2020 ein Biodiversitätsfonds geschaffen, aber es befindet sich zu wenig Geld in dem Topf. Der Biodiversitätsrat forderte eine Milliarde. Geworden sind es 80 Millionen und damit zu wenig für den Erhalt der vielen besonderen Arten in Österreich. Es gibt in Österreich besonders große Artenvielfalt auf kleiner Fläche. Das liegt an unserer Lage zwischen Tiefebene im Osten und Alpen im Westen und an den unterschiedlichen Niederschlags- und Temperaturzonen.

Doch dieser Naturreichtum ist nicht ausreichend geschützt. Die Europäische Umweltagentur hat Österreich 2020 ein vernichtendes Zeugnis ausgestellt: 80% der nach EU-Vorgaben zu schützenden Arten und Lebensräume befinden sich in einem mangelhaften Zustand. Der Rat mahnt deshalb die Einhaltung von allen internationalen Richtlinien ein und verlangt, dass der Fortschritt – oder auch das Nichts-Tun – regelmäßig überprüft und transparent gemacht werden soll. 

Strategie für Artenvielfalt fehlt

An erster Stelle steht jedoch endlich eine abgestimmte nationale Strategie für die Artenvielfalt bis 2030. Dieses Zielpapier fehlt nämlich und könnte Grundlage für weitere Gesetzgebung sein.

Wie viele Flächen zusätzlich geschützt werden sollen und welche Lebensräume und Arten Priorität haben, ist deshalb weiterhin unklar. Das EU-Ziel 10% der Landesfläche unter strengen Schutz zu stellen, unterbietet Österreich weit. Hier sind es nur mickrige 3%.

Es braucht also mehr Platz für Biodiversität. Dem entgegen steht der unglaublich hohe heimische Flächenverbrauch. Fast 11 Hektar werden pro Tag umgewandelt, davon 40% sogar versiegelt. Auf diesen Flächen können dann weder Landwirtschaft, Forstwirtschaft noch Erholung stattfinden, ganz zu schweigen von den wertvollen Bodenlebewesen, die abgetötet werden. Die Fläche geht langfristig für die Biodiversität verloren.

Flächen renaturieren statt immer nur versiegeln

Flächenumwandlung ist der größte Treiber des Artensterbens. Deshalb muss es langfristig das Ziel sein, kaum mehr Flächen zu versiegeln. Der Biodiversitätsrat schlägt einen Hektar pro Tag als Höchstgrenze vor. Ich setze noch eines drauf: für die wenigen Flächen, die dann noch neu versiegelt werden, muss eine mindestens gleich große Fläche entsiegelt und renaturiert werden.

Mit diesem Netto-Null Versiegelungsziel würden wir sicherstellen, dass wir den Lebensraum für Arten nicht weiter massiv reduzieren und sogar neuen Lebensraum schaffen: Parkplätze werden dann zu Grünflächen, Bäume auf verlassene Industriegelände gepflanzt, Flüssen wird ihr Raum zurückgegeben und Moore werden renaturiert. Das schafft Platz für Artenvielfalt und wichtige natürliche Mitstreiter im Kampf gegen die Klimakrise.

Was Österreich zur Weltnaturschutzkonferenz 2022 braucht

Wenn die Regierung Artenschutz ernst nimmt, braucht es im Zuge des Biodiversitätsgipfels in Montreal also folgendes:

  1. Das Versprechen 10% besonders wertvoller Gebiete in Österreich unter strengen Schutz zu stellen.
  2. Das Bekenntnis, die Flächenversiegelung langfristig auf Netto-Null zu verringern.
  3. Die Erhöhung der Mittel für den Biodiversitätsfonds und
  4. den Beschluss einer Biodiversitätsstrategie 2030.

Viel Fläche würde in Österreich auch frei werden, wenn weniger Fleisch gegessen würde. Du willst wissen, wie viel Unterschied das macht? Dann schau dir das Video an!

 

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