print print
favorites-circle favorites-circle
favorites-circle-full favorites-circle-full
Klimakrise

Klimaaktivist:innen wollen uns das Schnitzel wegnehmen. Warum?

Fleisch ist neben dem Auto das gefürchtetste Verlustobjekt der Politiker:innen. Fakt ist, wir müssen weniger Fleisch essen - zum Vorteil der Gesundheit, des Tierwohls und des Klimas. Aber wie?

Reden wir über Fleischkonsum. Ja, genau über das Schnitzel, das die Klimaaktivist:innen bekanntlich allen wegnehmen wollen. Fakt ist, wir müssen weniger Fleisch essen – zum Vorteil der Gesundheit, des Tierwohls und des Klimas. Aber neben dem SUV ist Fleisch das gefürchtetste Verlustobjekt von Politiker:innen, die gerne Angst vor einer klimagerechten Zukunft streuen wollen. Aber worauf kommt es bei der Ernährung an und was kann die Politik machen, um gesunde, pflanzenbasierte Ernährung zu fördern?

 

Wir müssen weniger Fleisch essen! 

Zwei Drittel des gesamten Wasserverbrauchs weltweit gehen auf das Konto der Lebensmittelproduktion. Ein Viertel der Treibhausgasemissionen stammt aus der Bewirtschaftung von Flächen. Das sind mehr Emissionen als der gesamte Verkehr zu verantworten hat. Zusätzlich führen die Abholzung von Wäldern, die Pestizidbelastung und Überdüngung und die Monokulturwüsten zu einer rapiden Abnahme der Artenvielfalt.

Viehzucht braucht viel Platz, liefert aber wenig Kalorien.

Gerade die Viehzucht ist für die Umwelt eine große Herausforderung, denn sie nimmt viel Platz ein. Nutztierhaltung braucht fast 80% der weltweiten Anbaufläche, während sie nur 18% der Kalorien liefert. Denn um eine Kalorie Rindfleisch herzustellen, muss man 16 Kalorien Futter bereitstellen – und das muss irgendwo angebaut werden. Dagegen bauen wir auf 23% der Fläche Getreide und Gemüse zum direkten Verzehr an. Sie machen 82% der weltweit gegessenen Kalorien aus. Es ist also viel effizienter, das Angebaute gleich direkt zu essen.

Das spiegelt sich auch im CO2 Ausstoß wider. Der Flächenverbrauch und dass Rinder Methan freisetzen, führt dazu, dass der CO2 Abdruck von Rindfleisch ungefähr zehnmal höher ist als von Schweinefleisch und Geflügel. Doch auch die haben siebenmal mehr CO2 am Buckel, als die meisten Obst-, Gemüse- und Hülsenfruchtsorten. Generell gilt also: Tierische Produkte produzieren wesentlich mehr CO2 als pflanzliche!

Verdoppelung des Fleichkonsums in 60 Jahren!

Trotzdem essen wir weltweit rund doppelt so viel Fleisch wie noch vor 60 Jahren. In Österreich werden jährlich 108 Millionen Tiere zu Ernährungszwecken gehalten. Im Laufe des Lebens essen wir 46 Schweine, 33 Puten, 893 Hühner und sechs Rinder. Würden alle Menschen auf der Welt so viel Fleisch und Milchprodukte konsumieren, würden wir das Zwei-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens alleine damit DREIMAL sprengen.

Gesundheitliche Folgen durch übermäßigen Fleischkonsum

Auch gesundheitlich sind diese Zahlen ein Desaster. Übermäßiger Fleischkonsum erhöht das Risiko für Diabetes, Herzerkrankungen und Darmkrebs. Deshalb werden von der Österreichischen Gesellschaft für Ernährung höchstens 19,5 Kilo pro Person und Jahr empfohlen. 60,5 Kilogramm sind es im Schnitt in Österreich. Eine aktuelle Studie der BOKU zeigt, was die Reduktion des Fleischkonsums um zwei Drittel im Sinne der Gesundheit für Auswirkungen hätte.

Wie die Lebensweise Emissionen spart

Einerseits bräuchte es 64 Millionen weniger Nutztiere. Damit würden 140.000 Hektar Fläche frei – das ist mehr als dreimal die Fläche Wiens! Diese könnte dann auf Biolandbau umgestellt oder renaturiert werden und so dem Artensterben entgegenwirken. Zugleich ließen sich dadurch 28 Prozent der Treibhausgase in der Landwirtschaft einsparen. Bei rein vegetarischer Lebensweise könnten die Emissionen um knapp die Hälfte sinken, bei veganer sogar um 70 Prozent.

Wir müssen nicht rein vegan leben!

Das zeigt eines: weniger Fleisch zu essen, ist sowohl gut fürs Klima, für die Natur und auch unsere Gesundheit. Deshalb muss noch nicht jede und jeder vegan leben. Kühe auf Almen sind sogar wichtig für die Diversität der Alpen. Aber seien wir mal ehrlich: unser überdimensionierter Fleischkonsum ließe sich nicht nur mit Almkühen stillen. Ohne eine gehörige Verringerung werden wir die Klimaziele nicht erreichen, das Tierwohl weiter vernachlässigen und das Artensterben vorantreiben.

Pflanzliche Ernährung muss leistbar werden

Und da will ich mit einem Vorurteil aufräumen. Es geht nicht darum, mit Appellen ans Gewissen, mit erhobenem Zeigefinger, unseren Konsum zu verändern, sondern Landwirtschaft und Ernährung neu zu denken. Es ist die Aufgabe der Politik durch Steuern, Förderungen und Standards Rahmenbedingungen zu schaffen, um eine pflanzliche Ernährung für jeden leistbar, möglich und vor allem auch genussvoll zu machen.

Aber wie?

Einerseits müssen tierische Produkte teurer und pflanzliche billiger werden. Warum nicht die Mehrwertsteuer für Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte senken, damit sie für alle leistbar werden? Und dafür Steuern auf tierische Produkte erhöhen – oder eine Tierwohlabgabe wie in Deutschland einführen.

Und was passiert mit diesem Geld?

Das Geld daraus könnte 1:1 zurück in die Landwirtschaft fließen und Bauern beim Umstieg unterstützen. Auch die landwirtschaftlichen Förderungen auf EU-Ebene, der größte Geldtopf der EU, muss so gestaltet werden, dass der Anbau pflanzlicher Produkte lohnender wird und tierwohl- sowie klimagerechte Landwirtschaft mehr bekommt.
Durch verpflichtende Standards in Schulen, Kindergärten, Krankenhäusern, Pflegeheimen und Kantinen der öffentlichen Hand können heimische Betriebe Abnehmer finden und eine gesunde und nachhaltige Ernährung vieler Menschen sichergestellt werden. Für die Akzeptanz pflanzlicher Ernährung ist nämlich der wichtigste Schritt, überhaupt einmal damit in Berührung zu kommen.

Das heilige Schnitzel in Österreich

Labels in Supermärkten können für Transparenz sorgen, aber noch wichtiger sind Standards für alle Produkte, die bei uns verkauft werden, zum Beispiel in Form von Lieferkettengesetzen, die Tierwohl- und Umweltvorgaben für Nahrungsmittel festlegen.
Doch es traut sich niemand öffentlich über das heilige Schnitzel zu sprechen – außer noch mehr Werbung dafür zu machen, wie die SPÖ hier. Was genau wollen sie uns damit sagen?

Die Angst der Politik

Aber Spaß beiseite, dieses Schweigen der Politik ist wirklich erschreckend. Viele haben wohl Angst, mit genau denselben Schmähungen konfrontiert zu werden wie Klimaaktivist:innen. Dabei wollen viele Menschen Teil der Lösung sein. Je nach Umfrage finden es zwischen sechs und acht von zehn Befragten wichtig, ihren Fleischkonsum einzuschränken. Bei den 15- bis 29-Jährigen in Deutschland essen 13 Prozent gar kein Fleisch, 25 Prozent selten, und noch einmal 30 Prozent wollen in Zukunft weniger Fleisch essen. Das ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit. Also los, traut euch, uns gesünder und glücklicher zu machen!

Warum wir durch weniger Fleischkonsum auch der Regenwaldabholzung entgegenwirken könnten, erkläre ich hier.

 

    Neuen Kommentar hinzufügen

    Kommentare 0 Kommentare
    Kommentar hinzufügen

    Neuen Kommentar hinzufügen

    Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Beitrag!