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Ungleichheit
Demokratie

Wer hat Angst vor Drag Queens? 

Krise, Inflation, Pandemie, Krieg, Medikamentenmangel und das konservative Establishment beschäftigen sich mit: Drag Queens. In bester Kulturkampfmanier wird eine kleine Minderheit zum Feindbild gemacht.

In Zeiten von Krisen gehen viele Gewissheiten verloren. Die extreme Rechte reagiert darauf mit Kulturkampf. Und dieser wird immer maßloser, abstruser und schärfer. Aktuell sind es Drag Queens, die im Fokus stehen. Sie werden in die Welle von Attacken gegen trans Personen gemischt. Dass Drag und trans nicht dasselbe ist? Egal. 

Gender-Themen eignen sich immer für den rechten Kulturkampf. Erst ging es ganz allgemein gegen den Feminismus, dann gegen Homosexualität, dann gegen die Sexualkunde, nun sind es trans Personen und eben Drag Queens. 

Die Vorgehensweise bleibt dabei gleich: Die Personen sind schuld am allgemeinen Verfall der Sitten und allgemein an den Krisen der Gegenwart. Die Krisen werden dabei als Kulturkrisen gedeutet. Das bedeutet: In der Darstellung der Rechten sind die Einstellungen und Geisteshaltungen der Menschen das Problem.

Worüber man damit nicht spricht? Über Krisen als materielle Phänomene. Über Fragen wie Verteilung und wirtschaftliche und soziale Zusammenhänge als Ursachen für Probleme.

Falsche Moral

Stattdessen werden höchst moralische Urteile gefällt. Passend dazu, wird dafür oft eine Gefahr für Kinder behauptet.

Das war schon beim Frauenwahlrecht vor über 100 Jahren so. Politische Cartoons zeigten schreiende Babys in der Wiege, die von der Mutter verlassen wurden – weil diese nun wählen geht. Auch Sexualkunde wurde als „Frühsexualisierung“ von Kindern dargestellt. Dabei ist es das Gegenteil: Kinder sollen wissen, dass sie ein Recht auf ihren Körper haben und niemand sie gegen ihren Willen berühren darf. Das schützt sie besser vor Missbrauch, als wenn sie nicht aufgeklärt wurden. Kinder ernst zu nehmen und ihnen Rüstzeug für die Welt mitgeben, ist der moderne pädagogische Ansatz und nicht ihre Körper mit Scham zu belegen und nicht über Themen zu sprechen. 

Rechter Kulturkampf gegen Drag Queens und trans Personen

Auch trans Personen wurden und werden als Gefahr für Kinder dargestellt. Einerseits, weil alle trans Personen als verkappte Pädophile dargestellt wurden. Andererseits, weil ihre bloße Erwähnung und Darstellung in den Medien angeblich schon einen Hype auslöst. Es sind dieselben Argumente wie bei Homosexualität und etwa der gleichgeschlechtlichen Ehe: bloß nicht drüber reden. Als könnte man sich anstecken. 

Und bei Drag Queens passiert jetzt dasselbe: Sie werden von Rechten als inhärent sexuell dargestellt. Dementsprechend dürfen Kinder nicht in ihre Nähe kommen. 

Das sind reaktionäre Kulturkampf-Linien. Genauso wie für Frauen ist die Realität für Kinder viel unspektakulärer und zugleich dramatischer: Gewalt – auch sexualisierte – gegen Kinder findet vor allem in Familien und im Bekanntenkreis statt. Deswegen ist es so wichtig, dass jeder Ort, an dem sich Kinder länger aufhalten, Kinderschutzkonzepte hat. Egal, ob Filmdrehs, Ferienlager, Krankenhäuser oder Kindergärten. Wer Gewalt gegen Kinder bekämpfen will, setzt dort an und nicht an eingebildeten Kulturkampfszenarien. 

Kulturkampf mit realen Auswirkungen

Die Auswirkungen des Kulturkampfs sind aber echt. Tennessee ist der erste US-Staat, der Drag Shows in der Öffentlichkeit komplett verboten hat. 14 andere Staaten haben zumindest Gesetze erlassen, die sich gegen Drag Shows richten. Diese Debatte kommt auch im deutschsprachigen Raum an. In Österreich nehmen sich FPÖ und ÖVP den rechten US-Kulturkampf zum Vorbild und setzen auf das Thema. Sie wollen in Wien Drag Shows verbieten, wo Kinder zusehen könnten. 

In Österreich wurde eine Kinderbuchlesung von Drag Queens im April von Rechtsextremen aus dem völkischen und christlichen Lager belagert. Schon am 2022 wurde der Zugang zu einer Bücherei von Rechtsextremen zugemauert, um eine Lesung zu verhindern. Die Narrative und die Methoden gleichen einander diesseits und jenseits des Atlantiks.

Doch die Bedrohung geht nicht von, sondern auf Drag Shows aus. Von 19. auf 20. November erschoss ein Mann in Colorado Springs (USA) fünf Menschen bei einer Drag Show. 25 wurden, teils schwer, verletzt. Es ist Teil einer Serie von Anschlägen und Attacken gegen Frauen und queere Menschen. Dazu zählt etwa auch der Anschlag 2016 auf einen Nachtclub in Orlando mit 49 Toten. Auch der Attentäter von Buffalo mit 10 Toten, gab neben rassistischen auch antifeministische und antiqueere Motive in seinem Manifest an. 

Es ist Kulturkampf in seiner reinsten Form, mit ganz realen Auswirkungen.

Kinderbuchlesungen mit Drag Queens: Was ist das eigentlich wirklich?

 

 

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