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Ungleichheit
Demokratie

2015 wiederholt sich – und zumindest etwas daran ist gut

Seit 6 Jahren hören wir es von Konservativen und Rechten: „2015 darf sich nicht wiederholen“. Der ehemalige Kanzlerkandidat der CDU,  Armin Laschet hat das prominent gesagt. Aber auch Sebastian Kurz war stolz darauf, 2015 nicht am Bahnhof gestanden zu sein. 

 

 

Das Jahr 2015 mit seinen Fluchtbewegungen und der Hilfe für die Menschen auf der Flucht wurde zum Negativmythos. Besonders im rechten politischen Spektrum wurde 2015 zur Warnung. Die Geschichtsschreibung im Nachhinein hat daraus etwas Schlechtes, im besten Fall Naives gemacht, das so nicht hätte passieren dürfen.

Warum sich 2015 nicht wiederholen dürfte

Aber was meinen, die die das sagen, damit eigentlich genau? Man könnte sich ja einig sein und sagen: die Gründe für die Flucht, die müssen wir auf alle Zeit verhindern. Krieg, Gewalt, Vertreibung und Verfolgung oder auch Armut und Klimazerstörung. In diesem Sinne würden alle gerne schreien: “Nie wieder 2015”.

Was Rechte und Konservative aber damit meinen

Aber das ist damit natürlich nicht gemeint, wenn Leute wie Laschet oder Kurz das sagen. Es geht ihnen um die Reaktion von damals, die vermieden werden soll. Die Willkommenskultur für Menschen auf der Flucht. Die Bereitschaft von vielen Staaten, Menschen in bitterer Not Schutz vor Krieg und Vertreibung zu bieten.

Aber die Schuld an den Fluchtbewegungen hatten nicht die tausenden Menschen, die an den Bahnhöfen und Grenzen einfach helfen wollten. Die haben die Ursachen für die Flucht ja weder geschaffen, noch die Fluchtbewegungen in Gang gesetzt. 

Sprachlich wird ihnen mit dem „Nie wieder 2015“-Frame aber heute eine Mitschuld gegeben. Das Engagement wird im Nachhinein als negativ geframed. Die politische Verantwortung für Krieg, Flucht und unmenschliche Behandlung rückt so in den Hintergrund.

Was von 2015 sich zum Glück trotzdem wiederholt

Der bitter-schöne Treppenwitz der Geschichte ist allerdings, dass sich zumindest das Positive an 2015 gerade wiederholt. An den Bahnhöfen und Grenzen. 

Wieder fahren tausende Menschen aus ganz Europa los und holen Menschen raus. 

Wieder werden Millionen Euro gespendet.

Wieder machen sich die Konvois auf den Weg und bringen Paletten um Paletten mit Milchpulver, Verbandsmaterial und Lebensmitteln. 

Wieder wird unkompliziert Wohnraum gesucht. 

Wieder bangen und hoffen Millionen Menschen mit geflüchteten Menschen. 

Wieder werden Gratis-Bahntickets vergeben. 

Wieder stehen tausende Menschen an den Bahnhöfen und nehmen verängstigte und traumatisierte Menschen in Empfang.

Weil es bei aller Ohnmacht und Hilflosigkeit ein tief menschliches Bedürfnis ist zu helfen, zu trösten und Schutz zu bieten. Das ist nicht naiv und das ist nicht gefährlich. Das war es 2015 nicht und das ist es auch heute nicht.

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