Schönen Valentinstag, liebe Frau: Selbst schuld, wenn du diskriminiert wirst
Es gibt so Ansätze, da weiß man gar nicht, wo man mit der Gegenrede anfangen soll, weil nicht einmal das Gegenteil wahr ist. Die Agenda Austria ist da so ein spezieller Fall. Der neoliberale Think Tank und Lobbyverein meint, Frauen sollten einfach mehr arbeiten, bessere Berufe wählen und weniger Karriereunterbrechungen haben.
Was für eine bahnbrechende Erkenntnis! Gut, dass das endlich jemand sagt! Von selbst wären Frauen nie drauf gekommen, dass das alles Faktoren für ein geringes Einkommen und eine kleinere Pension ist. Was würden wir nur ohne die Agenda Austria machen?
Esoterische Voodoo-Wirtschaft
Nun, vielleicht würden sich manche ohne diese wertvollen Hinweise kein schlechtes Gewissen einreden lassen. Nichts anderes tut der wenig wissenschaftliche Gruß der Agenda Austria.
Die Ideologie dahinter glaubt, dass man sich als Einzelperson magisch gegen gesellschaftliche Strukturen und sozioökonomische Wirklichkeiten stellen kann – als existiere man außerhalb von Raum und Zeit. Ein schlechtes Einkommen kommt also von einem schlechten Mindset. Armut wird zur selbstgewählten Entscheidung.
Die Geisteshaltung kommt jenen Menschen gleich, die kranken Menschen zuallererst raten, sich nicht so anzustellen. In der Esoterik glaubt man, dass Krankheiten und schlechte Lebensumstände ein Zeichen einer verdorbenen Seele sind. Dieses esoterische Voodoo wird nun als Manager-Philosophie zur Pseudo-Wissenschaft.
Die Verhältnisse, sie sind nicht so
Dabei wissen Frauen durchaus, dass sie diskriminiert und schlechter gestellt werden. Auch die Gründe sind bekannt. Allen voran steht da die Frage nach Kinderbetreuung.
Nun, im Sinne der Agenda Austria könnte man sagen: dann bekommt halt keine Kinder. Oder man müsste erst reich genug sein, um Kinder zu bekommen. Das ist zynisch und gesellschaftlich wenig wünschenswert.
Es ist bezeichnend, dass der Aufruf nach weniger Unterbrechungen (die vor allem durch Kinder und pflegebedürftige Angehörige entstehen) an Frauen geht. Wenn schon dieser Blick auf die Einzelperson, dann wäre doch ein Appell an Männer zielführender: Sie mögen sich doch bitte auch um ihre kleinen Kinder kümmern. Dann wären die Job-Unterbrechungen gerechter verteilt.
Magisches Denken statt kluger Politik
Mehr Kinderbetreuungsplätze sind natürlich richtig, aber auch nicht das Allheilmittel. Frische Eltern geben ihre kleinen Kinder keine 60 Stunden in die Fremdbetreuung. Man bekommt diese Zeit nie wieder zurück. Kinder sind keine Last. Besser wären großzügige Familienleistungen, die fair auf beide Eltern aufgeteilt werden und Alleinerzieher:innen klar absichern.
Unterbrechungen müssen aber gar nicht geplant oder erwünscht sein. Auch die Pflege von Angehörigen ist vor allem Frauensache. „Hab halt keine kranken Eltern“, das fällt aber nun auch eher in den Bereich magisches Denken.
Genauso realitätsfern ist übrigens die Forderung, doch einfach bessere Berufe zu wählen. Was wäre das für ein neoliberales Utopia, in dem wir alle Spitzenmanager und Global Strategists sind und niemand in Pflege, Bildung oder Sozialarbeit arbeitet. Yeah, Baby, alles Einstellungssache!
Vielmehr müssen natürlich gesellschaftlich relevante Berufe besser bezahlt werden, als ausgedachte Bullshitjobs.
Dann würden sich auch die zynischen Valentinstagsgrüße ganz von selbst erledigen.