Warum mich nicht das AMS sondern ein Nebenjob vor der Arbeitslosigkeit gerettet hat
Karin* war ein Jahr arbeitslos und brauchte einen Zusatzjob. Hier erzählt sie, warum nicht das AMS, sondern der Nebenjob ihr dabei geholfen haben, beruflich wieder Fuß zu fassen.
Ich gehe arbeiten, seit ich 15 bin. Nach meiner Lehre zur Bürokauffrau habe ich meine erste feste Anstellung in einem kleinen Büro bekommen. Mit der Zeit habe ich immer mehr Aufgaben im Bereich Marketing übernommen, habe Veranstaltungen geplant und abgewickelt. Mir hat die Arbeit viel Freude gemacht.
Gleichzeitig wusste ich, dass die ganze Arbeit beruflich nichts wert ist, solang ich kein Papier habe, auf dem steht, dass ich dafür ausgebildet bin. Dem Chef war das natürlich herzlich egal, der wusste ja schon, was ich kann. Aber sollte ich jemals den Job wechseln wollen, brauchte ich ein Zeugnis. Ich habe dann auf der Werbeakademie eine Ausbildung begonnen. Die war ziemlich teuer, 5.000 Euro hat mich der Kurs gekostet.
Mitten in der Ausbildung plötzlich arbeitslos
Nach acht Jahren – mitten in dieser Zusatzausbildung – wurde mein Laden dann von einem Konkurrenten aufgekauft. Zwei Marketingabteilungen braucht natürlich niemand. Es war ganz schnell klar, dass ich meinen Job los bin. Nach acht Jahren, in denen ich wirklich alles gegeben habe, komme ich morgens ins Büro und da liegt auf meinem Schreibtisch die schriftliche Kündigung. Nicht einmal ein persönliches Gespräch war ich dem Chef wert.
Von heute auf morgen war ich arbeitslos. Natürlich habe ich mich sofort beim AMS gemeldet, doch alle Jobs, für die ich mich interessiert habe, kamen erstmal nicht infrage. Formal war ich ja Bürokauffrau, nicht Marketing-Fachkraft. Ohne den Abschluss meiner Zusatzausbildung hatte ich auf keine Chance.
Nebenjob als Rettung
Am Papier sehen für die Politik alle Arbeitslosen vielleicht gleich aus. In Wahrheit hat jeder seine eigene besondere Situation. Kurz vor der Kündigung bin ich umgezogen, die Miete und der kleine Kredit in meine Zukunft, den ich mir für die Ausbildung genommen hatte, waren schon allein fast so hoch, wie mein Arbeitslosengeld. Nachts lag ich wach und überlegte, wie ich das schaffen soll, wo ich noch sparen könnte.
Meine Rettung war der Nebenjob. Über eine Bekannte bekam ich die Gelegenheit für 10 Stunden die Woche in einer Event-Abteilung mitzuarbeiten. Ganz ehrlich: Ohne diese 400 Euro hätte ich nicht gewusst, wovon ich leben oder was ich essen soll. Die Bank hätte mir jedenfalls nichts gegeben. Ich hätte mich privat verschulden müssen, meine Freunde und meine Familie um Geld bitten müssen. Aber nicht jeder hat eine Familie, die selbst genug hat, um auch geben zu können.
Sinnlose AMS-Kurse statt Hilfe
Der Nebenjob hat mir auch tausendmal mehr dabei geholfen, beruflich wieder Boden unter den Füßen zu bekommen, als alle AMS-Kurse, die ich zwangsweise belegen musste, zusammen. Ich war zum Beispiel in einem Yoga-Kurs um Entspannungsübungen für Menschen zu lernen, die viel im Sitzen arbeiten. Ich wollte da nicht hin, es war aber nichts anderes frei und irgendwas muss man machen.
Mehrmals habe ich auch den Kurs “Wie bewerbe ich mich richtig” absolviert. Eigentlich sollte der Kurs “Bewachtes Bewerben” heißen. Auf richtig alten Computern, deutlich älter als der Laptop, den ich privat verwende, darf man unter Aufsicht eines Kursleiters Bewerbungen versenden. Ich hatte mein Wochenpensum von circa 2 Bewerbungen pro Woche jedes Mal übererfüllt, bevor der Kurs morgens begonnen hatte. Die Zeit im Kurs muss man natürlich trotzdem absitzen. Man sitzt dann wirklich einfach da und wartet, dass die Zeit vergeht.
Zusatzjob als Sprungbrett
Fast ein Jahr habe ich geringfügig dazu verdient, war mitten im Abschluss meiner Ausbildung bei der Werbeakademie. Und dann hatte ich Riesenglück: Der Leiter der Event-Abteilung, wo ich geringfügig gearbeitet habe, bekam Wind von einer freien Position in seinem alten Unternehmen und hat mich wärmstens empfohlen. Die Einladung zum Vorstellungsgespräch kam prompt und ich wurde vom Fleck weg Vollzeit angestellt. Zuerst konnte ich das gar nicht glauben. Zwei Jahre danach wurde ich sogar zur Abteilungsleiterin befördert.
Ohne meinen Zusatzjob hätte ich von dem Job wahrscheinlich nie erfahren.
*Karin heißt in Wirklichkeit anders
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