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Gesundheit
Fortschritt

AstraZeneca, Biontech, Johnson&Johnson: Wie wirken die Corona-Impfstoffe gegen Mutationen?

Die schnelle Entwicklung der Corona-Impfstoffe brachte die Hoffnung, dass die Pandemie bald eingedämmt werden könnte. Neue Mutationen des Corona-Virus werfen aber die Frage auf, wie wirksam die Impfstoffe dagegen sind. Wir geben dir einen Überblick über die aktuelle Forschungslage.

Direkt zu den Fragen:

Der Kampf gegen das Corona-Virus ist auch ein Wettlauf gegen die Zeit. Denn das Virus mutiert laufend – und je länger die Pandemie andauert, desto häufiger wird das passieren. Mittlerweile sind viele verschiedene Varianten und einzelne Mutationen bekannt, allerdings haben sich nur einige davon durchgesetzt. Was auf diese Varianten zutrifft: Sie sind ansteckender als das ursprüngliche Virus. In Österreich machen die Mutationen den größten Teil der Neuinfektionen aus, die Alpha-Variante B.1.1.7 ist für über 90 Prozent der Ansteckungen verantwortlich.

Meldungen, dass einzelne Impfstoffe nicht so gut gegen die Mutationen des Virus wirken, sind da wenig aufmunternd. Doch die Berichte dazu sind oft vereinfacht und stellen die Fakten etwas verkürzt dar. Im Folgenden wollen wir daher einen Überblick über die einzelnen Impfstoffe und ihre Wirksamkeit gegen die Mutationen geben. Zuvor erklären wir aber einen Begriff, der in diesem Zusammenhang häufig missverstanden wird:

Was bedeutet „Wirksamkeit“ bei Impfstoffen?

Wie gut und ob Impfstoffe überhaupt wirken, wird oft mit den Werten ihrer Wirksamkeit gleichgesetzt. Doch die sind irreführend und nicht der einzige Faktor, den man berücksichtigen sollte. Dazu ein Beispiel:

Nehmen wir an es gäbe einen Impfstoff, der eine Wirksamkeit von 50% aufweist. Es wäre naheliegend zu glauben, dass der Impfstoff bei der Hälfte der Menschen nicht wirkt. Doch das ist nicht ganz richtig: Die Wirksamkeit bezeichnet die Verminderung des Risikos im Vergleich zu denen, die nicht geimpft sind. Bekommen hundert Menschen diesen Impfstoff verabreicht, heißt das nicht, dass 50 davon krank werden. Sondern alle diese Personen haben bei einer möglichen Infektion eine Chance von 50%, nicht am Virus zu erkranken.

Doch selbst wenn man danach an Corona erkrankt, schützt einen die Impfung. Denn als erkrankt gilt in den Studien auch, wer nach der Impfung nur leichte Symptome wie Halsschmerzen oder Husten aufweist. Und der entscheidende Punkt ist, dass durch alle(!) bisher zugelassenen Impfungen keine schweren Verläufe mehr auftreten – das Risiko, an Corona zu sterben, wird also für alle geimpften Personen gestoppt. Dadurch wird das Gesundheitssystem geschont, weil wesentlich weniger Menschen mit schweren Verläufen in das Krankenhaus müssen. Und genau das sollen die Impfungen vorrangig erreichen.
 

Welche Corona-Varianten gibt es?

Tatsächlich gibt es unzählige Varianten des Corona-Virus – und es kommen täglich neue hinzu. So wurden schon im September 2020 über 12.000 unterschiedliche Mutationen am Virus festgestellt. Nur wenige davon setzen sich durch und sind gefährlicher als das ursprüngliche Virus. Einige Varianten werden von der WHO als „besorgniserregend“ eingestuft. Diese wurden mittlerweile mit anderen Bezeichnungen versehen. Ursprünglich wurden sie nach dem Ort benannt, an dem sie zum ersten Mal entdeckt wurden, diese Methode wurde jedoch als diskriminierend erachtet.

Alpha-Variante (B.1.1.7, „britische Variante“):

Die Variante wurde zum ersten Mal im September 2020 in Großbritannien entdeckt und breitete sich von dort sehr schnell aus. Mittlerweile ist sie in den meisten Ländern – so auch in Österreich – vorherrschend. Insgesamt weist Alpha 23 Mutationen im Vergleich zum ursprünglichen Virus auf. Die Variante ist außerdem ansteckender, die Reproduktionszahl – also jener Wert, der anzeigt wie viele Menschen eine infizierte Person im Schnitt ansteckt – ist dadurch höher. Die höhere Ansteckungsrate gilt speziell auch für Kinder und Jugendliche, die durch das ursprüngliche Virus nicht so stark betroffen waren. Diese haben zwar dadurch keine schwereren Verläufe, können aber ihr Umfeld leichter anstecken. Anfängliche Meldungen, wonach die Variante auch tödlicher sei, haben sich nicht bewahrheitet. Doch durch die höhere Infektionsrate steigt auch die Zahl der hospitalisierten Menschen.

Eine Unterform der Alpha-Variante weist zusätzlich die „Fluchtmutation“ E484K auf. Durch diese Mutation wird das Virus unempfindlicher gegen bereits gebildete Antikörper und wird dadurch, so die Befürchtung von ExpertInnen, resistenter gegen Impfungen. Zudem könnten sich Menschen, die bereits eine Infektion überstanden haben, nochmal damit anstecken. Diese Form tritt weltweit immer wieder auf, zuletzt auch in Tirol.

Beta-Variante (B.1.351, „südafrikanische Variante“):

Die Variante wurde im Dezember 2020 erstmals in Südafrika entdeckt. Von dort breitete sie sich nicht ganz so schnell wie die Alpha-Variante aus, erreichte aber im Februar auch Österreich. In Tirol gab es zwischenzeitlich den größten Cluster der Variante außerhalb Südafrikas. Auch diese Variante ist ansteckender, zu schwereren Verläufen führt sie jedoch nicht. Zudem kam es durch Beta zu Neuansteckungen bei Menschen, die bereits eine Infektion hinter sich hatten. Diese Variante gilt aktuell als jene, die sich am besten gegen Impfstoffe durchsetzen kann. Doch auch gegen sie ist der Schutz durch Impfungen gegeben.

Die Beta-Variante hat sich, besonders in Europa, kaum durchsetzen können. In der Auflistung der aktuellen Varianten durch die AGES kommt diese mittlerweile nicht mehr vor.

Gamma-Variante (P.1, „brasilianische Variante“):

Die Variante wurde erstmals im Jänner 2021 in Japan bei Personen entdeckt, die aus Brasilien einreisten. Dort sorgte die Variante und die katastrophale politische Reaktion dafür, dass die Infektionszahlen zu Beginn des Jahres explosionsartig anstiegen. Die Gamma-Variante ähnelt der südafrikanischen Variante, beide weisen dieselben definierenden Mutationen des Spike-Proteins auf. Sie ist also ansteckender und kann zu Neuansteckungen führen, auch wenn man schon

Ähnlich wie die Beta-Variante konnte sich die Gamma-Variante jedoch kaum durchsetzen. In Österreich wurden zuletzt kaum noch Infektionen mit P.1 registriert.

Delta-Variante (B.1.617.2, „indische Variante“):

Die Variante wurde bereits im Oktober 2020 in Indien entdeckt, sie breitet sich dort aber seit Anfang April sehr stark aus. Auch in Österreich wurde die Mutante bereits in allen Bundesländern nachgewiesen. Die Delta-Variante weist, neben vielen anderen, zwei spezifische Mutationen auf, die bereits von anderen Varianten bekannt sind. In dieser Kombination sind diese aber noch nicht gemeinsam aufgetreten – daher die eigentlich irreführende Bezeichnung „Doppelmutante“. Das Virus kann sich durch diese Mutationen einerseits besser vor der Immunabwehr des Körpers schützen, andererseits ist es auch ansteckender, als das ursprüngliche Virus. 

Es gibt noch nicht viele gesicherte Informationen zu dieser neuen Variante, dazu ist die Datenlage noch zu unsicher. Was man über sie weiß, haben wir hier für dich gesammelt. Sie breitet sich allerdings aktuell in Großbritannien so stark aus, wie das zuletzt bei der Alpha-Variante der Fall war – und das, obwohl mittlerweile ein großer Anteil der Bevölkerung in Großbritannien geimpft ist. Die WHO hat die Variante mittlerweile als „Variant of Concern“ eingestuft. Das passiert bei Mutanten, die gefährlicher als das ursprüngliche Virus eingestuft werden.

Wie gut wirken die Corona-Impfstoffe gegen die Mutationen?

Aktuell sind in der EU vier Impfstoffe zugelassen: Jener von Biontech/Pfizer, Moderna, AstraZeneca und schließlich jener von Johnson&Johnson. Was du über die Impfungen generell wissen solltest, haben wir in diesem Artikel zusammengefasst. Nach aktuellem Stand lässt sich sagen: Die Impfstoffe schützen uns auf jeden Fall ausreichend vor den unterschiedlichen Mutationen. Am meisten Sorgen bereitet hier momentan die Alpha-Variante, doch alle Impfstoffe erfüllen dagegen eine wesentliche Funktion: Sie schützen vor einem schweren Verlauf. Für die Delta-Variante gibt es noch kaum gesicherte Daten. Aktuelle Studien weisen darauf hin, dass eine vollständige Impfung auch vor ihr sehr gut schützt. Nach der Erstimpfung ist der Schutz allerdings niedriger, als er bei anderen Varianten ist.

Und so wirksam sind die einzelnen Impfstoffe:

Biontech-Impfstoff:

Wirkung gegen das Corona-Virus: Der Impfstoff verhindert zu 95% symptomatische Erkrankungen. In Israel, wo knapp zwei Drittel der gesamten Bevölkerung mindestens ein Mal damit geimpft wurde, hat man diesen Wert bestätigen können. Der Impfstoff schützt zu mehr als 100% gegen schwere oder tödliche Verläufe.

Wirkung gegen Corona-Varianten: Studien aus Regionen, in denen unterschiedliche Varianten vorherrschen zeigen, dass der Impfstoff kaum an Wirksamkeit verliert. Bei Menschen, die beide Dosen des Impfstoffs erhielten, wurde etwa in Katar eine Effektivität von 90% gegen Alpha sowie 75% gegen Beta festgestellt. Außerdem schützt der Impfstoff zu 95% gegen schwere und tödliche Verläufe.

Moderna-Impfstoff:

Wirkung gegen das Corona-Virus: Der Impfstoff verhindert zu 90% symptomatische Erkrankungen. Er schützt zu 100% gegen schwere oder tödliche Verläufe.

Wirkung gegen Corona-Varianten: Die Wirksamkeit des Impfstoffs gegen die Corona-Varianten ist leicht niedriger als der von Biontech/Pfizer, ExpertInnen zeigen sich dadurch aber nicht besorgt. Der Impfstoff bietet immer noch genügend Schutz gegen die Varianten, vor allem vor schweren und tödlichen Verläufen. Um besser gegen die Alpha-Variante vorgehen zu können, entwickelt Moderna aktuell einen Auffrischungsimpfstoff, der eine höher Wirksamkeit bieten soll.

AstraZeneca-Impfstoff:

Wirkung gegen das Corona-Virus: Der Impfstoff verhindert zu 70% symptomatische Erkrankungen. Er schützt zu 100% gegen schwere oder tödliche Verläufe. 

Auch die klinischen Studien, die in Nord- und Südamerika durchgeführt wurden, bestätigen die Wirksamkeit des Impfstoffs. Darin wurde die Effektivität sogar mit 79% beziffert – und das, obwohl in diesen Ländern schon Mutationen vorhanden sind, die bei den ursprünglichen Studien noch nicht existiert haben. 

Daten aus Schottland belegen ebenfalls die positiven Auswirkungen des Impfstoffs: Selbst bei nur einer erhaltenen Dosis kann das Risiko eines Spitalaufenthalts wegen Corona um 94% reduziert werden. Damit wirkt er noch etwas besser als der Impfstoff von Biontech/Pfizer, hier lag der Wert bei 85%. 

Wirkung gegen Corona-Varianten: Der Schutz gegen die Alpha-Variante ist ähnlich hoch wie bei den anderen Impfstoffen. Problematischer ist der Schutz vor der Beta-Variante: Hier zeigt sich, dass der Impfstoff nur sehr wenig Schutz gegen leichte und moderate Verläufe der Mutation bietet. Nicht bestätigt ist jedoch, dass der Impfstoff keinen Schutz gegen schwere Verläufe bietet, denn bei der Testreihe haben überwiegend junge und gesunde Teilnehmer mitgemacht. Experten gehen davon aus, dass ein Schutz gegen schwere Verläufe durchaus gegeben ist. Außerdem war die Stichprobengröße bei dieser Studie relativ gering – das Ergebnis ist also durchaus nicht so klar wie es kommuniziert wurde, wie die Direktorin der WHO-Abteilung für Impfungen betont.

Johnson&Johnson-Impfstoff: 

Wirkung gegen das Corona-Virus:  Der Impfstoff von Johnson&Johnson weist in den Studien mit 66% Wirksamkeit eine niedrigere Effektivität als etwas die mRNA-Impfstoffe auf. Allerdings kann man diese Werte nur sehr eingeschränkt miteinander vergleichen. Denn in dem Umfeld, in dem dieser Impfstoff getestet wurde, waren bereits die neuen Varianten aktiv. Gegen tödliche Verläufe schützt auch Johnson&Johnson zu 100%.

Wirkung gegen Corona-Varianten: Die Wirksamkeit des Impfstoffes gegen unterschiedliche Varianten wurde nicht separat überprüft. Er musste sich jedoch gegen schon vorhandene Mutationen behaupten und wurde auch in Südafrika getestet, wo die Beta-Variante dominant war. Dort zeigte sich eine Wirksamkeit von 64% und ein ausreichender Schutz vor schweren Verläufen.

Was bedeutet eine Mutation eigentlich?

Viren mutieren ständig. Denn sie vermehren sich laufend, und dabei passieren regelmäßig kleine Fehler, wodurch sich das Erbgut der Viren verändert. Das muss allerdings nicht immer problematisch oder gar gefährlich sein – tatsächlich ist das relativ selten. Bisher wurden seit Beginn der Pandemie etwa 12.000 veränderte Virenstränge entdeckt. 

Bei den aktuell ansteckenderen Mutationen haben sich besonders die Spike-Proteine leicht verändert, dadurch erkennen die Antikörper diese Viren nicht mehr vollständig und diese können sich leichter an Zellen anheften. Die Antikörper können jedoch immer noch andere Teile des Virus blockieren, die sie erkennen. “Resistenz” gegen Impfungen ist ein etwas irreführender Begriff. Wenn etwa Bakterien gegen Antibiotika resistent werden, erzielt das Medikament keine Wirkung mehr. Impfungen hingegen sind mehr ein Werkzeug als ein Medikament. Sie trainieren das Immunsystem, das auch auf veränderte Viren noch reagieren kann.

Was passiert, wenn neue Corona-Mutationen auftreten?

Die schlechte Nachricht zuerst: Das Virus wird auch weiterhin in neuen Varianten auftreten. Je weiter es sich verbreitet, desto höher ist das Risiko einer Mutation, die das Virus ansteckender macht. Die Frage ist also nicht ob, sondern wann diese auftreten. Die gute Nachricht ist jedoch einerseits, dass laufend weitere Impfstoffe entwickelt werden, die auch gegen Mutationen wirksam sein können. Andererseits können aktuelle Impfstoffe an neue Mutationen angepasst werden, so arbeitet AstraZeneca bereits an einer neuen Impfung. Und speziell mRNA-Impfstoffe können innerhalb von nur wenigen Wochen aktualisiert werden. Die EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides hat angekündigt, dass es für solche Anpassungen ein schnelleres Zulassungsverfahren geben wird, wenn sie auf bereits zugelassene Impfstoffe basieren. Einen Überblick über den Stand der Impfstoff-Entwicklungen kannst du hier sehen.

Wie kann man Mutationen verhindern?

Je stärker das Virus im Umlauf ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass es mutiert. Die einzige Möglichkeit, um ansteckende Varianten zu verhindern, ist also die Übertragung des Virus einzudämmen. Und das erreicht man vor allem dadurch, dass möglichst viele Menschen geimpft werden.

Das ist wiederum einer der häufigsten Kritikpunkte, wenn es um die globale Verteilung von Impfstoffen und die Freigabe von Patenten geht. Denn je länger Menschen auf der ganzen Welt ohne Impfung bleiben, desto höher wird die Wahrscheinlichkeit, dass es zu Mutationen kommt, gegen die eine Impfung weniger gut wirkt.

Kann es einen Impfstoff gegen alle Corona-Viren geben?

Aktuell wird auch einer Impfung geforscht, die gegen alle Corona-Viren wirksam sein kann. Denn auch in Zukunft wird es wohl neue Pandemien geben, die von Corona-Viren hervorgerufen werden. Erste Forschungen für so einen “Pancorona-Impfstoff” verlaufen durchaus vielversprechend, es wird allerdings noch einige Jahre dauern, bis dieser bereit ist.
 

 

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