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Klimakrise

Autofreie Stadt: Es ist Zeit auf die heilige Kuh der Mobilität zu verzichten

Gibt es in Österreich eine autofreie Stadt? Denkste! Auch wenn Politiker:innen Österreich als Klimamusterland darstellen: Unsere Klimabilanz ist miserabel. Und das hat vor allem einen Grund: Der Ausstoß von Treibhausgasen im Verkehr hat seit den Neunzigern massiv zugenommen. Für weniger Autos plädiert Katharina Rogenhofer im neuen Dauerbrenner.

 

 

In den letzten Jahrzehnten haben wir Straßen gebaut bis in den letzten Winkel des Landes. Das Auto war die Wundertechnologie des 20. Jahrhunderts. Die Werbung verkaufte es uns als Symbol von Freiheit und Wohlstand. Wer es sich leisten konnte, kaufte eines, zwei oder drei – und siedelte sich damit am Waldrand, in ländlichen Gebieten oder zumindest Vororten an. Von dort wälzen sich nun Blechlawinen voller Menschen täglich zur Arbeit in den Städten oder in Shopping-Zentren auf der grünen Wiese. 

Damit das Autofahren die erste Wahl bleibt, zahlt der Staat Förderungen – vom günstigen Diesel über das Dienstwagenprivileg bis zur Pendlerpauschale. Wo sich oft Stau bildete, wurden die Straßen verbreitet und ausgebaut. Überall wurden riesige Flächen zu asphaltiert, damit man von der Innenstadt bis zum Buschenschank überall immer bequem parken kann. Die Trends gab es auch anderswo, aber Österreich zerstört so viele Böden wie kaum ein anderes Land – wir sind Europameister der Versiegelung. 

2/3 der Verkehrsflächen sind für Autos reserviert

Mit öffentlichem Verkehr sind die verstreuten Siedlungen und weiten Arbeitswege kaum mehr effizient zu erschließen, Schienenstrecken wurden sogar abgebaut. Öffis, Gehsteige und Radwege haben nur stellenweise an Bedeutung gewonnen. Sogar in Wien sind zwei Drittel der Verkehrsflächen für Autos reserviert, obwohl 73% der Wege nicht mit dem Auto zurückgelegt werden. Und obwohl die Hälfte der Haushalte kein Auto hat, ist nur ein Drittel der Flächen für Fußgänger:innen und das Rad reserviert. Von 270.000 Pendler:innen kommen zwei Drittel mit dem Auto in die Stadt.

Die Verkehrspolitik denkt nur an das Eine

Das ist die Folge der jahrzehntelangen Verkehrspolitik, die vor allem das Auto im Kopf hatte – es ist quasi zu einem Must-have geworden. Gerade am Land und in Vororten, aber auch in vielen Städten geht es häufig nicht ohne. Auf Tausend Menschen in Österreich kommen mittlerweile 560 Autos. 2010 waren es noch 530. Auch damit liegt Österreich im Spitzenfeld der EU. Dabei kosten Autos richtig viel Geld. Haushalte mit einem Auto geben ungefähr 4.500 Euro jährlich mehr für Mobilität aus als autofreie Haushalte. Das können sich viele gar nicht leisten. Im untersten Einkommensviertel besitzen 44 Prozent der Menschen gar kein Auto. Wenn die Verkehrspolitik sich nur aufs Auto konzentriert, macht sie ärmeren Menschen das Leben schwer und schließt sie aus.

Was wir außerdem lange ignorierten, aber jetzt schon seit längerem wissen: Die Blechkisten, Straßen und Parkplätze machen die Umgebung nicht nur hässlicher, gefährlicher und lauter, sie schaden auch der Umwelt, der Gesundheit und dem Klima. Der Ausstoß von Treibhausgasen im Verkehr hat seit 1990 drastisch zugenommen. Mittlerweile kommen über 28 Prozent der österreichischen Emissionen aus dem Verkehr. Der Verkehr hat damit Verbesserungen in fast allen anderen Bereichen untergraben. 

Die Mobilität der Zukunft ist autofrei

Klar ist aber, wir müssen unsere Emissionen verringern und dafür muss die Mobilität in Zukunft anders aussehen. Doch wie? Für den Pendelverkehr müssen öffentliche Anbindungen an das Umland ausgebaut werden – Züge, S-Bahnen und Busse. In entlegeneren Gebieten braucht es Lösungen wie Sammeltaxis und Rufbusse, die bei Bedarf Menschen von Zuhause zum nächsten Bahnhof bringen. Gerade in Städten bietet sich ein radikaleres Umdenken an. Mit einem gut ausgebauten und effizienten öffentlichen Verkehrsnetz, dem Ausbau von Rad- und breiteren Fußgängerwegen kann das Auto leichter stehen gelassen werden. Wenn Parkplätze rückgebaut und andere Formen der Mobilität gestärkt werden, wird außerdem Platz für Begegnungszonen, Schanigärten und Grünflächen frei.

Und warum nicht manchmal ganz ohne Autos? Durch autofreie Innenstädte und verkehrsberuhigten Superblocks in den Bezirken können Städte zu Oasen der Ruhe werden, Kinderspielplätze, Parks und Sitzmöglichkeiten Platz finden und die Begrünungen der steigenden Hitze entgegenwirken!

Doch der politische Mut dazu ist bisher zu selten gegeben. Das Auto – die heilige Kuh der Mobilität – wird meist nicht infrage gestellt und Pendler:innen erhalten zwar Unterstützung für das Auto, aber wenig Hilfe beim Umstieg. So wachsen die Verkehrsemissionen munter weiter und heizen das Klima an. Was ein Klimaschutzgesetz dagegen ausrichten könnte, erkläre ich euch hier.
 

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