print print
favorites-circle favorites-circle
favorites-circle-full favorites-circle-full
Ungleichheit
Demokratie

Die ÖVP und ihre Corona-Europameisterschaft

Die Regierungsverantwortlichen in Österreich behandeln eine weltweite Gesundheitskrise, die über 4 Millionen Tote, unzählige Langzeitfolgen und unbeschreibliche Verwerfungen gefordert hat, wie eine Fußball-Europameisterschaft.

Gleich vorweg: Dies ist keine Kolumne über das Infektionsrisiko der gerade zu Ende gegangenen EM. Auch darüber könnte man reden, schließlich haben sich hier die UEFA-Verantwortlichen nicht gerade mit Ruhm bekleckert.

Das ist eine Kolumne über die Regierungsverantwortlichen in Österreich, die eine weltweite Gesundheitskrise, die über 4 Millionen Tote, unzählige Langzeitfolgen und unbeschreibliche Verwerfungen gefordert hat, wie eine Fußball-Europameisterschaft behandeln. Wir sind besser als alle anderen.

„Österreich ist besser“

Schon zu Beginn der Pandemie bemühte man das „Team Österreich“, das gemeinsam wie ein Sportsteam gegen das Virus spielt. Schon im April 2020 schloss daran die Erzählung des „besser durch die Krise gekommen als andere Länder“ an. Auf diese kühne Ansage folgte die furchtbare Winter/Frühjahrswelle mit über 9.000 Toten.

Nun reaktiviert Tourismus-Ministerin Köstinger dieses Narrativ und erklärt, dass Österreich mit der Delta-Variante besser umgehe als andere Länder. Genau wie im letzten Sommer tut Köstinger so, als sei der Umgang mit der Pandemie ein sportlicher Wettstreit mit anderen Ländern und als ginge es nur darum, im Vergleich besser zu sein.

Es ist aber eine Pandemie und keine Fußball-Europameisterschaft. Es geht nicht darum, sich über andere Länder zu erheben, sondern von anderen Ländern zu lernen. Letztes Jahr hat man auch an einen österreichischen Sonderweg geglaubt und vermittelt, Österreich wüsste und mache etwas richtig, das alle anderen Länder falsch machen würden. Aber so war es nicht und so ist es auch jetzt nicht. 

Die Sicht auf die nächste Welle ist vernebelt

Die sportliche Wettstreit-Metapher dient der Selbsterhöhung. Es kann schließlich nur einen Europameister geben und im eigenen National-Chauvinismus streichelt es die Seele, wenn keiner so toll wie wir ist.

Das ist nicht nur ärgerlich, sondern gefährlich. Es vernebelt den Blick auf die dringend notwendigen Vorbereitungen für die nächste Welle, die dann vor allem jene treffen wird, die noch nicht geimpft sind (also Kinder).

Eine Gesundheitskrise ist keine Europameisterschaft, wo wir blind der eigenen Mannschaft zujubeln und die anderen Teams verdammen. Viel wichtiger wäre es von einander zu lernen, sich auszutauschen und präventiv richtig zu handeln.

Sonst verlieren am Ende alle.
 

    Neuen Kommentar hinzufügen

    Kommentare 0 Kommentare
    Kommentar hinzufügen

    Neuen Kommentar hinzufügen

    Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Beitrag!