Die wahren, größten Gewinner der Steuerreform
Die Regierung redet gerne über die Gewinner:innen der Steuerreform. Die größten Profiteure davon bleiben bei den plakativen Beispielen aber gern außen vor. Momentum Institut-Chefökonom Oliver Picek erklärt.
Die Regierung redet gerne über die Gewinner der Steuerreform. Die größten Profiteure davon bleiben bei den plakativen Beispielen aber gern außen vor. Momentum Institut-Chefökonom Oliver Picek erklärt.
Wer sind eigentlich die größten Gewinner der Steuerreform? Wer bekommt am meisten Geld vom Staat? Kürzlich wurde das im Nationalrat heftig debattiert – kein Wunder anlässlich des Beschlusses der ökologischen Steuerreform. Doch nicht nur dort. Auf Instagram gab es ein paar Rechnungen der Parteien, die man zumindest als „interessant“ bezeichnen darf.
Nicht, weil sie falsch wären. Sie spiegeln nur das klassische Familienleben in Österreich überhaupt nicht wieder. Denn meist muss jemand auf die Kinder schauen – im viel zu traditionellen Österreich fast immer die Frau, egal ob sie will oder nicht. Die Hälfte aller Frauen arbeiten Teilzeit in diesem Land.
Die Rechnung präsentierte uns Eva (27) und Lukas (30), eine Jungfamilie aus Mariazell mit zwei kleinen Kindern. Beide Eltern arbeiten Vollzeit. Die Kinder betreuen sich schließlich wie von selbst? Beide Eltern verdienen noch dazu sehr ansehnlich: zwei Mal je 3200 Euro brutto im Monat, zusammen also 6400 Euro Haushaltseinkommen im Monat.
Die Ausnahmefamilie als Beispiel
Tatsächlich trifft das auf die wenigsten Familien im Land zu. Doch wer hat, dem wird mit der Reform gegeben. Wer so gut verdient, bekommt den Familienbonus in voller Höhe und kann bei der Einkommensteuersenkung voll zuschlagen. Rein zufällig wohnt die Familie auch in einer Gegend mit ganz schlechter Öffi-Anbindung. So erhält sie den Klimabonus in maximaler Höhe: 800 Euro für vier Familienmitglieder.
Lebt die Jungfamilie stattdessen in Wien, wäre die Hälfte davon gleich weg. Arbeitet er in einem typischen Hacklerjob und sie als viel zu schlecht bezahlte Systemerhalterin, gibt es auch weniger Steuersenkung. Wer Pech hat, kann den höheren Familienbonus deswegen auch nicht ausnutzen. Viele Familien mit weniger günstigen Umständen haben also deutlich weniger von dieser Steuerreform.
Falsche Antworten
Auch die Wissenschaft versuchte die Frage zu beantworten, wer die größten Gewinner sind. Etwa der Budgetdienst des Parlaments. Die Mitte sei es, sagt der. Mittlere Einkommen erhalten – relativ zu ihren Einkommen – die größte Steuersenkung. Weniger Senkung erhalten Arme und jene mit höheren Einkommen. Auf die Frage, ob die Steuerreform ein Beitrag zur Steuergerechtigkeit sei, meinte eine WIFO-Expertin Margit Schratzenstaller im Ö1 Mittagsjournal einst, dass zumindest alle gleichmäßig „entlastet“ werden. Sie tat sich sichtlich schwer mit der Frage.
In Wahrheit sind beide Antworten falsch. Mit der Zeit – über einige Jahre hinweg – steigen die Lohnsteuern wieder und die meisten arbeitenden Menschen leisten wieder den gleichen Beitrag zur Finanzierung unserer Gemeinschaft wie zuvor. Arbeitende Familien künftig etwas weniger, dafür werden arbeitende Menschen ohne Familie mit der Zeit mehr zahlen müssen. Doch als das ist maximal ein Nebenschauplatz. Man diskutiert über die Mäuse hinten im Raum, während vorne ein Elefant steht und das Zimmer demoliert.
Die vergessenen Gewinner:innen
Völlig vergessen wird, dass die Regierung die Körperschaftsteuer senkt. Jene Steuer, die große Konzerne auf ihre Millionengewinne zahlen. Die meisten Gewinne schütten die Unternehmen aus, womit sie direkt in den großen Taschen ihrer Besitzer:innen landen. Diese einzig definitiv permanente Steuerentlastung gibt es für Menschen, die gar nicht belastet sind. Weil Geld für sie ohnehin keine Rolle spielt: Die Eigentümer:innen der größten Betriebe im Land.
Die größten Gewinner:innen der Steuerreform heißen nicht Eva, 23-jährige BWL-Studentin mit Teilzeit, die 323 Euro im Jahr weniger bezahlen muss. Sondern Stephan (66), angehender Pensionist aus Mattighofen in Oberösterreich, beruflich Besitzer eines großen Motorradkonzerns. Er wird künftig rund 2,6 Millionen weniger bezahlen.
Ein weiterer der großen Gewinner: Johann (75), ehemaliger Fleischermeister, sesshaft in Gumpoldskirchen in Niederösterreich. Er ist heute Besitzer eines weltweiten Glückspielkonzerns. Johann (75) dürfte künftig rund 3 Millionen weniger zahlen. Weit mehr wird sich Didi (78) aus Fuschl am See (Salzburg) und Getränkehersteller, an Gewinnsteuern in Österreich ersparen. Und zwar jedes Jahr aufs Neue, nicht nur einmal. Die größten Gewinner;innen der Steuerreform sind eindeutig sie.