Bremsen um jeden Preis: Welche Ausreden verlangsamen die Klimawende?
Die Klimakrise wird immer spürbarer. Politisch geht zu wenig voran. Aber welche Ausreden verlangsamen die Klimawende? Katharina Rogenhofer zeigt die Verzögerungstaktiken genau auf.
Klimaschutz: Diese 5 Ausreden verlangsamen die Klimawende
Vielleicht kennst du das auch. Du sprichst mit einer Tante, einem entfernten Cousin, oder dem Nachbarn über die Klimakrise. Du sagst, dass endlich was getan werden muss. Aber zurück kommt nur, warum das nicht geht. Egal ob am Mittagstisch oder in den Medien – es gibt ein paar Schablonen-Ausreden.
1. Ausrede: Österreich ist ein kleines Land
Einige reden unsere Verantwortung klein. Unsere Emissionen fielen im Gegensatz zu Indien, China oder den USA gar nicht ins Gewicht, sagen sie dann. Zuerst müssten die sich bewegen, damit sich was ändert. Klingt fast logisch. Es ist aber echt ein Kindergartenargument. Denn um menschliche Emissionen auf Null zu verringern, müssen das natürlich auch ALLE Länder tun. Und historisch betrachtet hat die EU nach den USA am meisten Emissionen produziert.
2. Ausrede: DU kannst richtig konsumieren
Andere hängen die Klimakrise dem einzelnen Menschen um: wenn DU nur RICHTIG konsumieren würdest und genug Plastik vermeidest, hat sich das Problem irgendwann von selbst gelöst.
Diese “Individualisierung” ist ein beliebtes Argument, um sich politisch und wirtschaftlich aus der Verantwortung zu ziehen. Deshalb machte Elisabeth Köstinger in ihrer Zeit als Umweltministerin das Klimaproblem zu einer Mitmach-Bewegung. Und auch die Wirtschaftskammer wird deshalb nicht müde von nachhaltigem Konsum zu schwafeln, statt von einem nachhaltigen Wirtschaftssystem.
Es ist die gleiche Logik wie beim CO2-Fußabdruck. Der wurde übrigens vom Ölkonzern BP groß gemacht. Die Verantwortung wird abgeschoben, um sicherzustellen, dass wir uns brav mit uns selbst beschäftigen. Denn dann übersehen wir, dass nur 100 Firmen für 73 Prozent der Emissionen verantwortlich sind, dass ein kleiner, reicher Teil der Menschen viel mehr Treibhausgase verantwortet und dass die Politik bei Gesetzen nicht vom Reden ins Tun kommt.
3. Ausrede: Ankündigen, aber nicht umsetzen
Apropos Reden – das können viele Staats- und Regierungschefs besonders gut: sie setzen ehrgeizige Ziele. Aber halt für irgendwann in der Zukunft. Das verschleiert, dass sie in der Gegenwart kaum Maßnahmen setzen. Wie auf einem Basar überbieten sich dann alle: Klimaneutralität 2050 in Europa, 2045 in Deutschland, bei uns 2040 und in Finnland gar 2035.
Gesetze, die das sicherstellen? Fehlanzeige. Karl Nehammer sagt gerne, wir wären ein Klimamusterland, dabei haben wir es seit 1990 nicht geschafft unsere Emissionen zu verringern. Österreich ist in der EU unter den fünf Schlusslichtern. Und während sich alle selbst bejubeln, haben wir seit 2020 nicht einmal ein Klimaschutzgesetz. Und der Plan, aus Öl- und Gasheizungen auszusteigen, hängt im Parlament.
4. Ausrede: Die Wundertechnologie
Statt vorhandene Technologien wie den Ausbau erneuerbarer Energien, oder den Umstieg auf Wärmepumpen voranzutreiben, laden Politik und Lobbyist:innen gern zu Märchenstunden ein. Dann erzählen sie uns von unterschätzten Zukunftstechnologien.
Von Kurz, dem Wasserstoff-Kaiser, bis hin zu seinem Nachfolger Nehammer, dem e-fuels-Zar mit eigenem Autogipfel wollen sie uns einreden, dass wir irgendwann alle grün tanken und heizen werden, der Innovation sei Dank. Dass e-fuels und Wasserstoff ineffizient, teuer und in Zukunft wohl so rar sein werden, dass man jeden Tropfen davon in der Industrie brauchen wird, das erzählen sie nicht.
5. Ausrede: Die Standortsorge
Obwohl wir im Kampf gegen die Klimakrise Trittbrettfahrer sind und unsere Emissionen nicht reduzieren, dreht die Wirtschaftskammer das Argument gerne um. Wenn wir “zu viel” Klimaschutz betreiben, dann würde das “dem Standort” schaden. Wirtschaft und Industrie würden dann ins Ausland verlagert werden.
Während sie die Angstkeule schwingen, das Klimaschutzgesetz miskreditieren und die Dieselsteuerzuckerl verteidigen, übersehen die Kämmerer aber eines: wenn sie weiter an der fossilen Vergangenheit festhalten, werden sie langfristig ihre Mitglieder-Unternehmen verlieren und Österreich zu einem Freilichtmuseum, während die europäische Wirtschaft sich der Zukunft stellt.