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Arbeitswelt
Ungleichheit

Equal Pay Day 2021 in Österreich: Das können wir von anderen Ländern lernen

Der Equal Pay Day 2021 fällt auf den 21. Februar. Bis dahin haben Frauen "gratis gearbeitet". Was bedeutet das und wie können wir die Lohnschere schließen?

Der Equal Pay Day 2021 fällt auf den 21. Februar. Bis dahin haben Frauen „gratis gearbeitet“. Wie können wir die Lohnschere schließen?

Jedes Jahr lesen wir aufs Neue, dass Männer einen großen Brocken mehr Einkommen haben als Frauen. Der Equal Pay Day markiert am 21. Februar 2021 den Tag, bis zu dem Frauen „gratis gearbeitet“ haben. Eine Arbeitsstunde von Frauen wird um 14,3 Prozent weniger entlohnt.

Pay Gap in Österreich: Die aktuelle Situation

All das wissen wir schon lange. Über das konkrete Ausmaß wird Jahr für Jahr gestritten. Es stimmt: Ein Teil der Lohnschere lässt sich durch Unterschiede zwischen Branchen und Positionen zwar nicht unbedingt voll rechtfertigen, aber zumindest erklären. Ein unerklärbarer Rest bleibt.

Egal, wie viel wir “erklären” können, die Realität ist schlimmer als der Equal Pay Day offenbart. Pro Stunde verlieren Frauen 14,3 Prozent an Lohn. Insgesamt haben sie aber sogar im Durchschnitt 37 Prozent weniger Einkommen im Jahr, weil fast jede zweite Frau Teilzeit arbeitet. Das schlägt sich in ihrem Vermögen (-29%) und der Pension (-39%) nieder.

Geld bedeutet auch Freiheit. Finanzielle Abhängigkeit vom Partner oder der Partnerin macht das Verlassen einer Gewaltbeziehung extrem schwierig.

Das können wir von anderen Ländern lernen

Wenn wir nach Vorbildern suchen, ist es wichtig, genau hinzusehen. Denn ein besonders niedriger Pay Gap kann auch ein Symptom für ein größeres Problem sein. Die Lohnschere liegt etwa in Italien bei nur 5 Prozent pro Arbeitsstunde – allerdings gehen dort auch nur 59 Prozent der Frauen einer Lohnarbeit nach.

Anders ist das in Ländern wie Schweden oder Island. Sie haben eine kleinere Lohnschere als Österreich – und das bei einer hohen Frauen-Erwerbsquote.

Equal Pay: Ein Gesetz gegen Diskriminierung

Seit 2018 dürfen Unternehmen gleichwertige Arbeit von Männern und Frauen in Island nicht mehr unterschiedlich bezahlen. Sie müssen jährlich die Einkommen offenlegen, um zu zeigen, dass sie das Gesetz befolgen.

Zwar gibt es in Österreich eine ähnliche Regelung, die ist allerdings zahnlos. Hier ist es den MitarbeiterInnen überlassen, mögliche Diskriminierung anzuprangern. Die anonymen Einkommensberichte sind nur innerhalb des Betriebs einsehbar.

Väter an die Windeln

Mütter sind am stärksten von Lohnungleichheit betroffen. Eine Studie zeigt, dass Mütter in Österreich auch noch zehn Jahre nach einem Kind mit einem Einkommensverlust von über 50 Prozent rechnen müssen. Auf das Einkommen von Vätern hat das erste Kind keinen Einfluss.

Anders ist das in Schweden. Dort verlieren Mütter zehn Jahre später immer noch 26 Prozent ihres Einkommens, aber auch Männer nehmen nach der Geburt für eine kurze Zeit einen Einkommensverlust in Kauf. Gut wäre es natürlich, würde ein Kind für niemanden einen Karriere- und Einkommensrückschritt bedeuten. Aber wenn es einer sein muss, dann sollte er zumindest gerecht verteilt sein.

Der große Unterschied zwischen den beiden Ländern: In Österreich gehen vier von fünf Vätern überhaupt nicht in Baby-Karenz. In Schweden tun es neun von zehn Vätern – also fast alle. Dort gibt es einen starken finanziellen Anreiz, sich die Babypause zu teilen. Eine Studie kommt dennoch zum Schluss, dass einzelne Gesetze weniger Einfluss auf den Einkommensverlust von Müttern haben als soziale Geschlechterrollen. Vielmehr geht es darum, Väterkarenz in der Gesellschaft zu verankern und den Wiedereinstieg für Mütter in den Beruf zu normalisieren.

 

Löhne erhöhen

Der gesetzliche Mindestlohn hat einen großen Einfluss auf die Lohnschere, schreibt die englische Professorin Jill Rubery. In Österreich wird das Mindestgehalt über Kollektivverträge festgehalten. Die werden von Sozialpartnern ausgehandelt. Die Arbeiterkammer forderte im vergangenen Jahr einen Mindestlohn von 1.700 Euro netto für Menschen in systemerhaltenden Berufen. In schlecht bezahlten und wichtigen Berufen arbeiten vor allem Frauen.

Pay Gap in der Politik? Keine große Sache

Im Parlament ist die Lohnschere kein großes Thema. Im Jahr 2018 wurde das Thema 41 Mal angesprochen, 2019 nur 21 Mal.

 

Große Würfe gegen die Lohnschere finden sich im aktuellen Regierungsprogramm von ÖVP und Grüne nicht. Im vergangenen Jahr hat die Regierung ein Gütesiegel für vorbildliche Unternehmen ins Leben gerufen. Am Plan steht außerdem, die Sozialpartner dazu zu bewegen, Löhne in jenen Kollektivverträgen zu erhöhen, die seit Jahrzehnten nicht angepasst wurden.

Das ist zumindest ein Anfang, wird aber nicht reichen, um in den nächsten Jahrzehnten Einkommen und Vermögen zwischen den Geschlechtern gerecht zu verteilen. Bis dahin ist es noch ein langer Weg.

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