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Gesundheit
Ungleichheit

Familienhärtefonds: Wo bleibt das versprochene Geld?

Die Regierung hat einen 60 Millionen Euro schweren Familienhärtefonds beschlossen, der von der Corona-Krise schwer betroffenen Familien “schnell und unbürokratisch” ausgezahlt werden hätte sollen. Doch viele Betroffene warten seit Wochen vergeblich auf Geld.
Peter B. (Name von der Redaktion geändert) hat aufgrund der Corona-Krise seinen Job verloren. Per Videokonferenz wurde ihm und sechs anderen KollegInnen mitgeteilt, dass sie sich nun leider beim AMS melden müssen. “Mein Unternehmen wollte uns nicht zur Kurzarbeit anmelden,” so der Vater einer Tochter. 

Plötzlich fehlt der Familie von Peter B. ein ganzes Vollzeit-Einkommen. Bis zu 4.500 Euro Netto hatte der dreiköpfige Haushalt bislang zur Verfügung. Mit der Arbeitslosigkeit des Vaters fällt die Hälfte des Einkommens weg.

 

Rasche und unbürokratische Hilfe wurde versprochen …

Die Regierung hat jedoch bereits Anfang April einen Familienhärtefonds von 30 Millionen Euro beschlossen, der später sogar auf 60 Millionen Euro ausgedehnt wurde. Seit 15. April können Familien Anträge stellen, wenn sie folgende Voraussetzungen erfüllen:

 

 

Familienministerin Christine Aschbacher hat versprochen, dass das Geld “unbürokratisch und schnell” ausbezahlt werden würde. 

 

… doch bislang bekamen die meisten betroffenen Familien nichts

Peter B. hat jedoch eine andere Erfahrung gemacht: Am 4. Mai hat er den Familienhärtefonds beantragt und nur eine automatische Rückmeldung erhalten. Am 28. Mai hat er nochmals nachgefragt, da er noch immer keine Nachricht erhalten hat, ob und wie viel Geld seine Familie erhält. Es kam aber nur wieder die gleiche, automatische Antwort. 

 

“Ich habe dann auf Facebook meine Freunde via Posting gefragt, ob jemand auch beantragt und bereits eine Antwort hat. Doch vielen ging es ähnlich wie mir,” so Peter B. Bis jetzt ist er also völlig im Unklaren. “Ich erwarte mir aber schon mindestens mit ein paar hundert Euro pro Monat,” meint der Familienvater.

 

Familienministerin verspricht Besserung

Tatsächlich sind erst 4 der 60 bereitgestellten Millionen an Familien geflossen. Durchschnittlich wurden 1.500 Euro überwiesen.

Doch warum wurde erst so wenig ausbezahlt?

 

Einerseits seien die Behörden überfordert. Mehr als 100.000 Anträge (laut Wiener Zeitung 108.000) seien eingegangen. Die Familienministerin hat Besserung versprochen. So sei etwa die MitarbeiterInnenzahl verdoppelt worden, um die Bearbeitungen zu beschleunigen. Gleichzeitig gibt Aschbacher aber auch zu verstehen, dass die AntragstellerInnen selbst schuld seien: Die Hälfte der Anträge sei unvollständig, es würden Daten oder Belege fehlen.

 

Arbeiterkammer reagiert mit Skepsis

Die Arbeiterkammer glaubt nicht daran, dass die Bearbeitungen bald zügiger vorangehen werden: Vor der Corona-Krise hätten zehn MitarbeiterInnen im Familienministerium rund 300 Anträge pro Jahr zu bearbeiten gehabt. Auch bei einer Personalverdoppelung würden nie und nimmer 100.000 Anträge schnell bearbeitet werden können. Außerdem sei der Hilfsfonds eben alles andere als unbürokratisch strukturiert. 

Die Arbeiterkammer kritisiert außerdem, dass viele Familien von dem Hilfsfonds ausgeschlossen sein, die jedoch ebenfalls bedacht werden müssten. So können etwa geringfügig Beschäftigte derzeit keinen Antrag stellen. 

Zwar würde ständig nachgebessert werden, aber es gäbe damit immer mehr Unklarheiten: Nun sollen etwa auch Familien Geld bekommen, bei denen bereits vor der Krise ein Elternteil arbeitslos geworden ist – doch dafür gäbe es noch nicht einmal Richtlinien. 

Auch ist noch immer fraglich, ob Familien mit getrennt lebenden Eltern Anträge stellen können.

Opposition ist ebenfalls unzufrieden

Bereits Ende Mai hat der NEOS-Nationalratsabgeordnete Michael Bernhard die Regierung ob der schleppenden Auszahlungen des Familienhärtefonds kritisiert. Er fand heraus, was die Familienministerin unter anderem als “unvollständiges Ansuchen” versteht, als er selbst die Hotline kontaktierte: “Das Hauptproblem laut Auskunft der Hotline ist, dass die Menschen nur die Vorderseite und nicht auch die Rückseite ihrer Bankomatkarte fotografiert haben. Wer nur eine Seite fotografiert hat, bekommt weder eine Antwort noch Geld.”

Ein weiteres Problem stellt laut Bernhard das Vorgehen dar, dass Familien kein Geld bekommen, wenn ein Elternteil selbstständig ist und kein Geld aus einem wirtschaftlichen Härtefonds bekommt. Doch dieses Kriterium ist völlig unzureichend: Die wirtschaftlichen Härtefonds werden immer wieder nachgebessert, die Richtlinien immer wieder verändert, da den Verantwortlichen klar geworden ist, dass viele Betroffene nicht berücksichtigt worden sind oder noch nimmer nicht werden.

Somit werden von der Krise gebeutelte Familien oft doppelt bestraft: Wenn ein Elternteil aufgrund der Corona-Krise einen Betrieb schließen musste und nun absolut kein Einkommen hat, aber vor der Corona-Krise hundert Euro zu viel oder zu wenig verdient hat, um Geld aus dem Härtefallfonds zu erhalten, bekommt auch für die Familie nichts. Wer die Geschäftsmiete nicht mehr bezahlen kann und kein Einkommen mehr hat, hat bestimmt genug Geld für die private Wohnungsmiete und das Essen für die Kinder übrig. Logisch, oder?

MOMENT.at hat das Familienministerium kontaktiert und um eine Stellungnahme zu den Vorwürfen von Bernhard gebeten, jedoch bis zu Redaktionsschluss keine Antwort erhalten.

 

Familien brauchen Geld – sofort

Die Corona-Krise dauert bereits drei Monate. Und viele Familien wie jene von Peter B. haben noch nicht einmal eine Nachricht aus dem Familienministerium erhalten. Die Rückseite der Bankomatkarte kann schnell kopiert und nachgereicht werden – doch von solchen “fehlenden Dokumenten” müssten die Familien erst einmal wissen.

Durch Arbeitslosigkeit oder Kurzarbeit sind von Armut bedrohte Familien besonders betroffen, vor allem den Kindern muss schnell und ausreichend geholfen werden. 

Doch so wie es aussieht, wird Peter B. sowie hunderttausende andere Familien noch länger auf eine zufriedenstellende Antwort aus dem Familienministerium warten.

 

VIDEO zum Thema: Familienhärtefonds – wie schnelle Hilfe NICHT funktioniert in 6 Schritten

 

 
 

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