print print
favorites-circle favorites-circle
favorites-circle-full favorites-circle-full
Klimakrise

Klima und Natur: Österreicher:innen leben auf zu großem Fuß

Selbst die nachhaltigsten Österreicher:innen haben einen zu großen Fußabdruck. Foto: Jan Tancar/Pexels
Na, wie steht es bei dir um die Neujahrsvorsätze? Hast du dir vielleicht vorgenommen, nachhaltiger zu leben? Dass du weniger Auto fährst, weniger Fleisch isst oder immer ein eigenes Sackerl mit zum Einkaufen nimmst? Und … hältst du dich heute noch daran? Falls ja, ist das super. Falls nicht, ist es aber gar nicht soo schlimm. Du wirst das Klima damit nämlich ohnehin nicht retten. Auch wenn Konzerne versuchen, dir das einzureden.
 

Nachhaltig leben und unsere Lebensgrundlage zu schützen, das ist doch unsere individuelle Entscheidung. “Jeder Kassabon ist ein Stimmzettel!” So oder so ähnlich klingt das, wenn die Verantwortung für die Klimakrise auf die Einzelnen abgewälzt wird. Das haben Konzern-Lobbys und Politiker:innen ganz erfolgreich getan. Zum Beispiel mit dem Fußabdruck-Rechner. 

Alles, was wir brauchen, benötigt Fläche

Die Idee: Alles, was wir brauchen und verbrauchen, benötigt Fläche. Für Wohnen, Konsum, Mobilität und Ernährung. Ein Beispiel: Für das Schnitzel braucht es Rinder. Sie brauchen Weideflächen und/oder Wiesen, wo Futtermittel angebaut werden. Sie brauchen Wasser und Ställe. Dafür brauchen wir Holz, dafür Wald und so weiter. Die Wissenschaftler wollten berechnen, wie viele Erden eine Stadt, ein Land und die Menschheit als Ganzes bräuchten. Und das haben sie getan.

BP und sein Fußabdruck-Rechner

Es ist nicht schlecht, das zu wissen und zu berechnen. Aber: Groß gemacht hat diesen Rechner dann der Ölkonzern BP. Das ist kein Zufall. Es lenkt nämlich von seiner Verantwortung ab. Dort ging es dann plötzlich nicht mehr um Städte, Länder und die gesamte Menschheit, sondern um Einzelpersonen. Du kannst heute an vielen Stellen ganz einfach berechnen, wie viel Fläche und CO2 du verbrauchst. Und ist es zu viel, liegt es auch an dir selbst, das zu ändern. Ganz einfach … Oder? 

Ziemlich einfach für Wirtschaft und Politik, ja. Schwierig aber für alle Individuen und das Klima. Denn so funktioniert das nicht.

Bleiben wir beim Fußabdruck-Rechner: Um nachhaltig zu leben, dürfte jeder Mensch maximal etwa 1,6 Hektar verbrauchen. In westlichen Industriestaaten ist das defacto aber gar nicht möglich. In Österreich kommt nämlich jede Person schon mit einem 1,5 Hektar großen Fußabdruck zur Welt. 

In Österreich kommt jeder schon mit einem 1,5 Hektar großen Fußabdruck auf die Welt

Wie das? Das ist der sogenannte “graue Fußabdruck”. Er ergibt sich aus den Ressourcen, die wir nicht als einzelne Menschen verbrauchen, sondern als Gesellschaft. Also zum Beispiel durch Infrastruktur wie Gemeindeämter, Schulen, Straßen und so weiter. 

Das heißt also: Selbst, wenn ich mich immer nur von regionalen, saisonalen, unverpackten veganen Lebensmitteln ernähren würde. Wenn ich nie Auto fahren, keinen Urlaub machen und natürlich niemals fliegen würde. Selbst dann wäre mein Fußabdruck noch zu groß. Und ich bin nicht perfekt. Niemand ist das. 

Auch der perfekte Mensch verbraucht zu viel Ressourcen

Ich hab mir meinen CO2-Fußabdruck ausgerechnet. Ich bemüh mich, ihn klein zu halten – wie viele das tun. Aber mit  2,7 Hektar ist er trotzdem weit größer als er sein dürfte. Mehr als die Hälfte liegt an der Tatsache, dass ich eben Österreicherin bin. Dass es hier zum Beispiel eines der dichtesten Straßennetze Europas gibt und extrem viel Einkaufsfläche pro Kopf. Doch dafür bin ich nicht persönlich verantwortlich, sondern Politik und Wirtschaft. Die müssen diese Dinge so gestalten, dass wir alle nachhaltig ein gutes Leben haben können. 

Und sie könnten relativ einfach ganz viel verändern: Der Fußabdruck-Rechner des Umweltministeriums zeigt: Würden einige politische Maßnahmen umgesetzt werden, würde sich mein Fußabdruck um 1,5 Hektar verringern. Auf genau 1,6 Hektar, die rein rechnerisch jedem Menschen zur Verfügung stehen. Und diese Maßnahmen würden nicht nur mir helfen, sondern allen Österreicher:innen. Das wären also 13 Millionen 500.000 Hektar. Zum Vergleich: Durch meine vegane Ernährung spar ich gerade einmal 0,3 Hektar.

Was müsste die Politik tun?

Wie könnte die Politik das erreichen? Zum Beispiel mit einer wirksamen ökologischen Steuerreform, mit erneuerbarer und ressourcenschonender Energie. Außerdem mit Regeln für weniger Bodenverbrauch und einer konsequenten Kreislaufwirtschaft, die Ressourcen nicht verschwendet. Mehr Öffis, ein Klimaticket für alle und der Abbau von teuren und klimaschädlichen Subventionen. Besonders seit die Grünen in der Regierung sind, wurde manches davon nach jahrzehntelangem Nichtstun früherer Regierungen endlich angefangen. Doch es reicht noch lange nicht. 

Große Hebel liegen bei den großen Emissionen

Es ist immer gut und wichtig, sein eigenes Verhalten zu reflektieren und Ressourcen zu schonen. Auch wir als Individuen haben eine Verantwortung und ohne unser Zutun geht es nicht. Wenn du also noch fleißig an deinen Vorsätzen arbeitest, ist das super. 

Aber unser Handlungsspielraum ist begrenzt. Und die wohl größte Herausforderung der Menschheit können wir nicht als Einzelpersonen lösen. Die großen Hebel liegen dort, wo die großen Emissionen verursacht und Entscheidungen darüber getroffen werden. 

Das wird besonders deutlich, wenn man bedenkt, dass nur hundert Unternehmen für rund 71 Prozent der weltweiten Treibhausgase verantwortlich sind … Dann wird klar, dass mein Jutebeutel nicht ausgleicht, wie viel Ressourcen Konzerne wie BP verbrauchen und wie viel CO2 sie in die Luft blasen. 

Apropos CO2: Das macht nur 0,04 Prozent der Atmosphäre aus. Manche verwenden diesen Fakt, um die Klimakrise zu leugnen. Warum das nicht geht, erkläre ich dir in diesem Video.

    Neuen Kommentar hinzufügen

    Kommentare 0 Kommentare
    Kommentar hinzufügen

    Neuen Kommentar hinzufügen

    Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Beitrag!