Wieso ist Gewalt gegen Frauen in Österreich so alltäglich?
Bei Frauen kann man sich alles erlauben. Einfach alles. Spielt keine Rolle. Ist einfach … wurscht. Gewalt gegen Frauen ist so alltäglich, dass wir oft genug nicht einmal checken, dass da grade eine Grenze überschritten worden ist.
Übergriffe sind dann gern als “Kompliment” gemeint. Ganz alltägliche Dinge sind für Frauen deutlich unangenehmer als für Männer. Es reicht, im Internet präsent zu sein, um eine Flut an sexistischen Kommentaren zu bekommen. Nur auf Willhaben was verkaufen zu wollen, sorgt für sexuelle Belästigung. 6 von 10 Frauen, die dort Schuhe verkaufen wollen, müssen das laut einer Recherche des „Standard“ erfahren.
Gewalt meist in der Familie
Gewalt gegen Frauen hat viele Gesichter. Gezielte Einschüchterungen, Erniedrigung, Beschimpfungen, Drohungen, Belästigung oder Stalking sind nur ein paar davon. Schläge, Tritte, Stoßen, Würgen, sexuelle Übergriffe und Angriffe, Vergewaltigung: Jede dritte Frau wird in Österreich körperlich, seelisch oder sexuell misshandelt. In den allermeisten Fällen ist der Täter ein Familienmitglied: Ihr Mann, ihr Bruder, ihr Vater.
Alle 2 Wochen wird in Österreich eine Frau ermordet, heuer wurden schon 25 Frauen bei einem Femizid umgebracht. Bisher. Bei weiteren 41 Frauen blieb es beim Versuch des Mannes, sie umzubringen. Österreich liegt bei der Anzahl der Frauenmorde im europäischen Vergleich an der Spitze. Wir sind EU-Spitze, weil Österreich die Frauen einfach nicht gut genug vor Gewalt schützt.
Viel zu wenig Geld und Plätze in Frauenhäusern
Lange Zeit war es in Österreich Gewalt gegen Frauen in der Familie überhaupt “normal” oder “Privatsache”. Erst in den 1970er Jahren haben sich die Frauen massenhaft zur Wehr gesetzt. Sie sind auf die Straße gegangen und haben 1978 das erste Frauenhaus in Wien gegründet. Bis heute schützt es Frauen und Kinder vor gewalttätigen Männern.
Es bietet ihnen Zuflucht und hilft bei den ersten Schritten in ein Leben frei von Gewalt. Wer Gewalt gegen Frauen stoppen will, muss auch Schutzeinrichtungen auch finanzieren. Heute gibt es österreichweit – bei jetzt über 9 Millionen Einwohner:innen! – gerade einmal 408 Plätze für Frauen, die sich vor Partnergewalt in Sicherheit bringen müssen.
Dazu kommen noch einmal 225 Plätze für Kinder. Laut Europarat-Empfehlung braucht es pro 100.000 Einwohner:innen einen Familienplatz, um Frauen und ihre Kinder vor Gewalt durch den Partner schützen zu können. Niederösterreich, Oberösterreich, Salzburg, Steiermark, Tirol erfüllen nicht einmal diese eher magere Quote.
Mini-Budget für Gewaltschutz
Knapp 34 Millionen Euro beträgt das gesamte Frauenbudget in Österreich heuer. Um allen schutzsuchenden Frauen zu helfen, bräuchte es knapp zehnmal soviel. Wer Opferschutz will, muss ihn auch bezahlen. Österreich ist ein Frauenleben das Geld nicht wert. Das hat auch der Rechnungshof heuer kritisiert. Die Prüfer haben sich ganz genau angesehen, wie es um den Gewaltschutz für Frauen hierzulande steht.
Ganz ehrlich, wenn wir hier alle 2 Wochen eine ermordete Frau beerdigen, alle zwei Wochen, brauchts keinen Rechnungshof, um festzustellen: Mit dem Gewaltschutz ist es hier nicht weit her. Also wenig überraschend, dass der Rechnungshof zum selben Schluss gekommen ist: Es gibt “keine langfristige Gesamtstrategie zum Schutz von Frauen vor Gewalt”.
Gewalt gegen Frauen: Nicht einmal grundlegende Daten
Aber wie auch? Es gibt ja nicht einmal gescheite Zahlen zu Gewalt gegen Frauen: Das Justizministerium hat dazu keine Daten, es gibt keine Dunkelfeldforschung zur Gewalt zu Hause, es gibt keine Daten aus Spitalsambulanzen oder von den HausärztInnen – all das sammeln wir nur, wenn das Opfer stationär aufgenommen wird – also wenn es fast schon zu spät oder fast zu spät ist.
Wir wissen nicht einmal, was wir österreichweit in den Opferschutz stecken, auch dazu leider keine genauen Zahlen.
Was wir wissen: Es wird nicht genug getan. Alle zwei Wochen wird in Österreich eine Frau ermordet. Und die Politik schaut zu.
- Frauenhelpline gegen Gewalt: 0800 222 555.