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Grundeinkommen: Was würdest du mit 1.200 geschenkten Euro im Monat tun?

In Deutschland startet demnächst ein Pilotprojekt zum bedingungslosen Grundeinkommen. Tatsächlich gab es schon mehrere Versuche, in denen Menschen Geld bekamen, ohne eine Gegenleistung erbringen zu müssen. Was brachten bisherige Versuche?

#1 Was wird von der deutschen Studie erwartet?

Bis November können sich Menschen bewerben. Das Ziel: Eine Million Teilnehmer. Aus diesen Menschen werden 20.000 per Zufall ausgewählt, diese dann aufwendig befragt. Anhand dieser Daten sollen 1500 Teilnehmer ausgewählt werden: 120 davon erhalten ein Grundeinkommen von 1.200 Euro, 1380 nicht – sie sind die sogenannte Kontrollgruppe.

Untersucht wird, wie sich das Verhalten und die Einstellung von Menschen ändert, die drei Jahre lang ein bedingungsloses Grundgehalt bekommen: Liegen sie nur noch faul vor dem Fernseher? Werden sie kreativer? Oder engagieren sie sich ehrenamtlich?

Schon davor wurden Menschen befragt: Was würden Sie tun, wenn sie unerwartet 10.000 Euro bekämen? Die Hälfte antwortete, dass sich an ihrem Leben so weit nichts ändern würde, sie würden das Geld sparen. In anderen Vorstudien gaben nur rund zehn Prozent der Befragten an, dass sie ihren Job bei einem bedingungslosen Grundeinkommen aufgeben würden. Spannend wird, wie sich die Menschen dann während des Experiments wirklich verhalten.

 

#2 Studie in Finnland: Menschen glücklicher und stressfreier

In Finnland wagte die Regierung schon 2017 ein Experiment. Landesweit wurden 2.000 arbeitslose Menschen zufällig für die Studie ausgewählt. Diese bekamen monatlich steuerfrei 560 Euro – unabhängig davon, ob sie später einen Job fanden oder nicht. 

Das Experiment startete am 1. Jänner 2017 und endete vorzeitig am 31. Dezember 2018, bevor es auf arbeitende Menschen ausgeweitet werden konnte, wie es der ursprüngliche Plan vorsah. Wieso ist unklar, eventuell wurde das Geld knapp. Das Ergebnis: Menschen, die das Grundeinkommen bekamen, waren glücklicher und hatten weniger Stress.

Ein häufiges Argument gegen das bedingungslose Grundeinkommen ist, dass viele Menschen einfach aufhören würden zu arbeiten. Das finnische Experiment konnte nicht messen, ob da etwas dran ist. Die Menschen waren schließlich schon arbeitslos. Sie arbeiten nicht weniger oder mehr als die Kontrollgruppe, die kein Geld bekam (im Schnitt 50 Tage). Doch die Menschen mit Grundeinkommen gingen zuversichtlicher an die Jobsuche heran. 

 

#3 Kanada: Weniger Gesundheitskosten durch Grundeinkommen

In der kanadischen Provinz Ontario hätten ab 2017 insgesamt 4.000 Menschen zwischen 18 und 64 Jahren, die weniger als 34.000 kanadische Dollar im Jahr verdient hatten (22.500 Euro) über drei Jahre ein jährliches Grundeinkommen bekommen sollen. Alleinstehende bis zu 11.250 Euro, Familien sogar bis zu 15.800 Euro jährlich. 

Das Projekt wurde jedoch – wie viele ähnliche Versuche weltweit – frühzeitig beendet. Durch einen Regierungswechsel kamen Konservative an die Macht, die nach nur einem Jahr das Projekt einstampften. Die TeilnehmerInnen waren empört, schließlich hatten sie ihre Leben für drei Jahre lang bereits geplant.

Spannend: Schon in den 70ern wurde ein ähnliches Projekt frühzeitig ebenfalls durch einen Regierungswechsel beendet. Erst Jahrzehnte später wurden die Daten ausgewertet. Das Ergebnis: Das Grundeinkommen führte zu einer Reduktion der Gesundheitskosten. Nicht nur körperlich fühlten sich die ProbandInnen besser, auch das Wohlbefinden stieg.

 

#4 Kenia: Geld half allen und stärkte gesamte Wirtschaft

In Kenia startete eine Wohltätigkeitsorganisation  namens “Give Directly” vor zwölf Jahren ein Projekt: Rund 10.500 Haushalte bekamen 1.000 Dollar. Die einzige Bedingung: Die Hütte, in der der Bezieher lebt, muss ein Strohdach haben. Denn ein solches hat nur die ärmste Schicht der Bevölkerung. Sonst bekamen die Ausgewählten keine Auflagen.

Am Ende profitierte trotzdem die gesamte regionale Wirtschaft – jeder investierte Dollar ließ das BIP um 2,6 Dollar wachsen. Obwohl viel Geld in die Region gepumpt wurde, blieb außerdem eine befürchtete Inflation aus – denn es entstanden viele neue Geschäftszweige, die davor einfach noch nicht ausgeschöpft wurden. Am Ende zeigte das Projekt, dass hier ein nachhaltiges Konjunkturpaket geschnürt worden war: Familien, die Geld bekamen, investierten in die Verbesserung ihrer spärlichen Häuser, damit in lokale Handwerker, die mit diesem Geld wiederum ins nächste Lokal essen gingen – und somit profitierten indirekt auch die Nachbarn davon, die nicht direkt Geld erhielten.

 

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