Grundsteuer ja, Vermögenssteuer nein? Die „kleinen Häuslbauer“ waren Rechten und Liberalen nie wichtig
Die ÖVP, die Industriellenvereinigung, die Wirtschaftskammer, die Neos, die “Eigentümer” und andere rechte und liberale Gruppen sind sich seit Jahrzehnten in ihrer Propaganda einig: Vermögenssteuern? Das kann man nicht machen. Die würde ja vor allem die braven Häuslbauer treffen. Die armen Menschen, die mit ihrem eigenen Schweiß ein Eigenheim errichtet und sich in die obere Vermögenshälfte des Landes gekämpft haben. Das wäre so gemein, deshalb darf es Erbschafts- und Vermögenssteuern nicht geben.
Es stimmt. Es wäre eine Ungerechtigkeit, würden auf einmal Menschen in Grund und Boden besteuert, die gerade mal ein kleines Häuschen haben, in dem sie seit 40 Jahren wohnen und das sie gerade so ständig renovieren können. Oder, wenn eine junge Familie mit 35 Jahre laufendem Kredit plötzlich noch mehr Bürden auferlegt bekommt. Es wäre nicht schön, wenn das liebgewonnene Elternhaus nicht mehr in der Familie zu halten wäre, weil die Belastung zu hoch wäre. Dann würden die schamlosen Immobilien-Firmen kommen, den Grund abluchsen und völlig überteuerte Anlageobjekte hinsetzen, genauso wie sie es bei Mietwohnungen auch schon machen. Diese Argumentation ist bis zu einem gewissen Punkt durchaus schlüssig.
Sie wäre es zumindest, würden nicht sämtliche ernsthaft diskutierten Modelle von Erbschafts- und Vermögenssteuern genau solche Fälle ausnehmen. Weil sie Freibeträge kennen und etwa das bewohnte Eigenheim oder Eigenheime bis zum Wert von einer Million Euro von so einer Steuer ausnehmen.
Grundsteuer ist Häuslbauer-Steuer
Nun wird aber eine Alternative zur Vermögenssteuer für Multimillionäre diskutiert. Wegen der schlechten Lage des Staatshaushaltes rücken sogar ÖVP und Neos in den Koalitionsgesprächen von ihrer grundsätzlich steuerfeindlichen Haltung ab. Es wird die Erhöhung der Grundsteuer verhandelt. Das entbehrt insofern nicht einer gewissen tragischen Komik, weil dies genau eine einzelne Gruppe trifft: Immobilienbesitzer:innen.
Das wäre also eine Steuer, die genau auf Häuslbauer abzielt – ohne Ausnahmen fürs Elternhaus, die junge Familie oder das alte Ehepaar, das seit 40 Jahren in ihrem Häuschen wohnt. (Aber mit einer Ausnahme für den größten Grundbesitzer Österreichs: die katholische Kirche.)
Häuslbauer bei erster Gelegenheit geopfert
Das zeigt (einmal mehr): Es ging den Konservativen und Neoliberalen nie um “die Häuslbauer”. Die dienen als bequemes, populistisches Schutzschild für die Interessen von Überreichen. Aber solange man deren Vermögen nur nicht vorsichtig antastet, werden die “Häuslbauer” als erstes belastet. Man lässt lieber die frisch eingezogene Familie mehr zahlen, als die Benkos, Pierers und Mateschitz’ dieses Landes auch nur minimal zu besteuern.
Die haben ihre Immobilien in schwindligen Stiftungen geparkt, haben sich die Lager voll produzieren lassen, entlassen nach ihren Dividendenauszahlungen ihre Beschäftigten nun vor Weihnachten und haben eine Heerschar von Anwälten und Steuerberatern, die verhindern, dass sie auch nur irgendetwas zahlen.
Diese Möglichkeiten hat das ältere Ehepaar nicht, das sich vor 40 Jahren mithilfe der ganzen Familie den von der ÖVP bis heute propagierten Traum vom Eigenheim erfüllt hat. Die werden zur Kasse gebeten, um die Großen zu schützen.
Lieber Massensteuern als Reichensteuern
Es ist exakt dasselbe wie im Mietmarkt (von wo sich die großen Immobilienbesitzer:innen auch diese Steuer zurückholen würden): die, die sich nicht wehren können, werden ausgepresst. Die Großen kommen davon, weil Leerstandsabgabe und Vermögenssteuern für den versammelten neoliberalen Konservatismus noch immer schlimmer ist, als eine Massensteuer, die die Kleinen und die Mittelschicht trifft.
Überraschend ist es nicht. Aber sie sollten es bitte in Zukunft unterlassen, sich als Schutzschild der „kleinen Häuslbauern“ darzustellen.