Herbstlohnrunde 2024: So viel mehr Lohn gibt es heuer
Warum ist die Herbstlohnrunde wichtig?
Die Teuerungsrate in Österreich lag im Oktober bei 1,8 Prozent. Die “rollierende Inflation” (der Durchschnitt der vergangenen zwölf Monate lag bei 3,55 Prozent). Obwohl sie im Vergleich zu den Vorjahren kontinuierlich sinkt (die rollierende Inflation im September lag noch bei 3,8 Prozent), ist sie weiterhin auf einem hohen Niveau im EU-Schnitt.
Steigen die Löhne nicht, können sich Arbeitnehmer:innen für ihren Lohn immer weniger leisten. Gewerkschaften kämpfen daher jährlich für Lohnerhöhungen. Dabei verhandelt sie mit Arbeitgebervertreter:innen in mehreren Runden neue Kollektivverträge (KV) für die jeweilige Branche. Los geht es im Herbst bei der sogenannten “Herbstlohnrunde.” Ziel ist ein Kompromiss zwischen den Lohnforderungen der Gewerkschaften und den Angeboten der Arbeitgeber:innen.
Die Löhne steigen in diesem System immer erst, nachdem die Preise bereits gestiegen sind. Wenn die Lohnanpassungen also nur die Teuerung des vergangenen Jahres mit zukünftigen Gehältern ausgleichen, haben die Arbeitnehmer:innen zwar zu diesem Zeitpunkt wieder dieselbe Kaufkraft, in den 12 Monaten zwischen den Anpassungen aber an Kaufkraft verloren. Das ist ein Argument für Abschlüsse, die über der durchschnittlichen Inflation des vergangenen Jahres liegen.
Die Abschlüsse zwischen den einzelnen Branchen kann man über die Monate hinweg nicht direkt vergleichen. Je nachdem, ab wann Lohnerhöhungen jeweils gelten, ändert sich auch die Berechnung der Teuerung, die für diese Kollektivverträge wichtig ist.
Keine Verhandlungen in der Metallindustrie
Normalerweise beginnt die Herbstlohnrunde mit den Verhandlungen in der Metallindustrie. 2024 ist das aber nicht so. Denn die Metaller:innen haben 2023 einen KV für zwei Jahre abgeschlossen. Der gilt ab 1. November 2024 und bringt ein Lohnplus von 4,8%. Der im Kollektivvertrag festgelegte Mindestlohn beträgt dann 2.518,43 Euro.
Eisenbahner starten heuer Verhandlungen
Den Auftakt für die Verhandlungen machte in diesem Jahr deshalb die Eisenbahn. Die Gehälter der 55.000 Beschäftigten im Eisenbahnbereich steigen ab Dezember um 4,1 Prozent auf 2.734,92 Euro brutto bei einer 40-Stunden-Woche. Zusätzlich wird das Lehrlingseinkommen im ersten Lehrjahr auf 1.010 Euro erhöht.
Lohnplus im Bewachungsgewerbe
Auch die Beschäftigten der Bewachungsbranche konnten ihre Herbstlohnrunde bereits abschließen. Sicherheitskräfte erhalten ab dem 1. Jänner 2025 insgesamt 4,1 Prozent mehr Lohn. Auch die Zulagen steigen 4,1 Prozent, Nachtzulagen erhöhen sich um bis zu 10 Prozent.
Höhere Löhne und Gehälter in Brauereien
Am 10. Oktober 2024 konnte in der dritten Verhandlungsrunde eine Einigung für die Beschäftigten der Brauindustrie erzielt werden. Das Ergebnis: Ab Jänner steigen die Löhne und Gehälter um 3,9 Prozent, genauso wie die Zulagen und Zuschläge und Lehrlingseinkommen.
Laufende KV-Verhandlungen in der Sozialwirtschaft
Die zweite Verhandlungsrunde für die 130.000 Beschäftigten in der Sozialwirtschaft wurde unterbrochen. Die Arbeitgeber:innen lehnen die geforderten 6,1 Prozent Gehaltserhöhung ab.
GPA und Vida wollen mit Betriebsversammlungen, einer Demonstration in Wien (18.11.2024) und einer Kundgebung in Linz (19.11.2024) den Druck erhöhen. Am 22.11.2024 sollen alle Arbeitnehmer:innen für sechs Minuten die Arbeit niederlegen. Die österreichweite Aktion „6 Minuten für 6,1 Prozent“ soll den Forderungen Nachdruck verleihen. Die nächste Verhandlungsrunde findet am 25. November 2024 statt.
Noch schlechtere Arbeitsbedingungen in der Reinigung?
In der Reinigungsbranche vertritt die Gewerkschaft Vida rund 54.000 Beschäftigte mit einer 40-Stunden-Woche, die einen grundsätzlich ziemlich niedrigen Brutto-Mindestlohn von aktuell 2.000 Euro haben. Auch in der 3. Verhandlungsrunde 2024 haben die Arbeitgeber:innen kein faires Angebot vorgelegt. Sie bringen sogar eine weitere Verschlechterung der Arbeitsbedingungen ins Spiel. Arbeitsstunden der Beschäftigten der Gebäude-, Dach- und Fassadenreinigung sollen in eine Jahresabrechnung überführt werden. Vida befürchtet, dass Überstunden dann kaum mehr als solche definiert oder abgerechnet werden können. In die nächste Verhandlungsrunde geht es am 28. November.
Stockende Verhandlungen im Handel
In der Herbstlohnrunde 2024 wird der aktuell größte Kollektivvertrag im Handel diskutiert. Es handelt sich dabei großteils um die Arbeit in Lagern und Kühlhäusern. Für die 38,5 Stunden-Woche liegt der Mindestlohn hier mit 2.025 Euro brutto auch nur knapp über jenem der Reinigungskräfte. Und die Verhandlungen stocken. Auch die dritte Gesprächsrunde am 14.11. hat kein Ergebnis für die etwa 430.000 Angestellten und Lehrlinge im Handel gebracht. Die Gewerkschaft der Handelsangestellten fordert ein Plus von 4,3 Prozent, die Wirtschaft bietet derzeit 4,1 Prozent. Neben den Lohnerhöhungen werden auch Freizeitansprüche für langjährige Mitarbeiter:innen verhandelt. Eine vierte Verhandlungsrunde ist für den 21. November angesetzt.
Keine Verhandlungen im Öffentlichen Dienst
Seit August 2024 versuchen die Gewerkschaften GÖD und younion Verhandlungen für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst aufzunehmen. Startschuss für die Gespräche von Berufen wie der Justiz, Polizei, Verwaltung, Post und Lehrkräften war erst der 18. November. Arbeitgeber:innen verweigerten bis dahin die Gespräche – insbesondere das Finanzministerium entsandte keine Vertreter:innen. Die GÖD will deshalb gewerkschaftliche Kampfmaßnahmen einleiten. Betriebsrät:innen sollen ab dem 18.11.2024 Infomaterial zur aktuellen Situation verteilen. Für den 26.11. organisiert die GÖD eine Demonstration in Wien.
Mehr Gehalt und Löhne für LKW-Lenker:innen
Als Branche mit vielen Überstunden, einem Drittel der Beschäftigten im Alter über 55 und Gehältern auf dem Niveau von Reinigungskräften gilt der Fachbereich Straße. Vida fordert höhere Löhne für LKW und Buslenker:innen. Die Mindestlöhne beider Bereiche unterscheiden sich: Mit 2.700 Euro brutto verdienen Buslenker:innen um 700 Euro mehr als Lkw-Fahrer:innen. Hier laufen die Verhandlungen seit 11. November, die Gewerkschaft fordert zumindest eine Abgeltung der Teuerung.