Hungerlohn für Erntearbeit?
Erntehelfer haben einen Knochenjob und werden richtig schlecht bezahlt. Die EU will nun das Fördergeld für Bauern daran knüpfen, das Erntehelfer fair bezahlt werden. Österreich wehrt sich dagegen, eine Infokampagne soll ausreichen.
Was wir essen, muss vorher jemand ernten. Dafür brauchen wir Erntehelfer. Richtig viele, und die sind richtig schlecht bezahlt.
Erntehelfer arbeiten hart für einen Hungerlohn
15.000 Menschen arbeiten während der Ernte auf Österreichs Feldern. Die meisten Erntehelfer kommen aus Osteuropa, und die meisten von ihnen haben keine Ahnung, welche Rechte sie hier haben.
“Dass in der Branche mehr Überstunden geleistet werden, als angemeldet sind, wisse jeder, der aus der Landwirtschaft komme. (…) Immer wieder nehme sich der Handel das Recht heraus, auch um sechs Uhr abends zu bestellen, was Arbeit bis Mitternacht nach sich ziehe.” Denn: “Lohn- und Sozialdumping haben in der Branche System,“ weiß der Gewerkschafter Karl Orthaber
Erntehelfer: Den Job kann nicht jeder
Vergangenes Frühjahr hat Corona offengelegt, wie verfault das System für die Erntearbeit ist: Die Sorge in der Branche war groß, dass wegen der geschlossenen Grenzen keine HelferInnen einreisen können. Schnell wurde die Onlineplattform “Österreich hilft” zusammengezimmert, mehr als 30.000 Menschen waren bereit, in der Erntesaison einzuspringen. Die allerwenigsten wurden auch tatsächlich beschäftigt: Nur 4.000 davon wurden zumindest mit potenziellen Arbeitgebern in Kontakt gebracht. Vollzeit, harte körperliche Arbeit, Befristung?
Ach, da braucht es Qualifikationen? Erntearbeit ist also kein Hilfsjob, den echt jeder ohne jede Vorkenntnis machen kann? Für diese Arbeit braucht es Fachkenntnisse, Fähigkeiten, Erfahrung? Warum bezahlen wir den Job dann nicht so?
EU will faire Bezahlung der Erntehelfer durchsetzen
Die Europäische Union will nun endlich schärfer gegen Landwirte vorgehen, die ihre ErntearbeiterInnen auspressen. Portugal hat den Vorschlag gemacht, dass Betriebe, die ihre Erntearbeiter nicht fair bezahlen, ihre Fördergelder aus dem EU-Topf zurückzahlen müssen. Eine schlaue Rechnung: Wer gegen Gesetze verstößt, soll also nicht auch noch öffentliches Geld kassieren können. Elisabeth Köstinger meint dazu: „Wichtig ist, dass wir generell einmal das Thema intensiv betrachten, versuchen hier Brücken zu bauen.“ Gut, dann betrachten wir das Thema intensiv: In Spanien schaut das so aus, in Deutschland nicht anders aus. Und in Österreich? Können wir uns die Elendsquartiere im Marchfeld genauso anschauen.
Ministerin Köstinger, die alles “intensiv betrachten möchte” hat auch eine gute Idee, wie wir es schaffen können, dass Landwirte, die sich Millionenbeträge aus den EU-Fördertöpfen abholen, auch an die Spielregeln halten, wenn es um die Bezahlung ihrer ArbeiterInnen geht. Ihr Vorschlag: Eine Infokampagne. Sicher, der Landwirt im Marchfeld, der den ErnetearbeiterInnen nur 4 Euro die Stunde zahlt, hat halt einfach nicht gewusst, dass das schlicht zu wenig ist.
Was Erntehelfer brauchen
Hier eine kleine Infokampagne für die Ministerin. Was es wirklich bräuchte:
- Höhere Löhne für jene, die auf unseren Feldern Schwerstarbeit verrichten
- Gescheite Arbeitsbedingungen, faire Verträge.
- Österreichs Zustimmung auf EU-Ebene zu Portugals Vorschlag, Förderungen nur an faire Arbeitgeber zu vergeben. Wer bei den Gehältern geizig ist, darf bei Förderungen nicht länger die Hand aufhalten.
- Scharfe Kontrollen und harte Strafen für jene Landwirte, die sich nicht an die Spielregeln halten.