7 von 10 Österreicher:innen wollen Privatjets verbieten. Fakten aus der Klimagerechtigkeits-Studie
Fast drei Viertel der Menschen in Österreich finden es (sehr) wichtig, die Klimakrise zu bekämpfen. Das zeigt eine repräsentative Studie von FORESIGHT im Auftrag des Momentum Instituts. Dabei steigt die Zustimmung mit dem Einkommen.
Im obersten Einkommens-Drittel ist 8 von 10 Befragten (81 Prozent) die Bekämpfung der Klimakrise wichtig. Wohlhabende tragen aber auch mehr bei zur Verschärfung der Klimakrise.
Im untersten Einkommens-Drittel sagen ebenfalls 6 von 10 Menschen (63 Prozent), die Bekämpfung sei wichtig. Das sind etwas weniger, obwohl die Klimakrise ärmere Menschen stärker bedroht. Die etwas niedrigere Zustimmung zu Klimaschutz könnte eine Folge davon sein, dass die Interessen ärmerer Menschen in der heutigen Politik in den Augen der Bevölkerung weniger berücksichtigt werden (siehe unten).
Die Ungerechtigkeit der Krise ist den Befragten jedenfalls bewusst. 7 von 10 sagen, dass die Klimakrise diejenigen am stärksten trifft, die weniger haben. Etwa genauso viele wollen die Klimakrise bewältigen, weil es jungen Generationen gegenüber gerecht wäre. Klimagerechtigkeit ist den Österreicher:innen also ein Anliegen.
Ärmere Menschen haben doppelt so oft Schlafprobleme wie reiche Menschen
Die Klimakrise führt bereits heute zu mehr Extremwetter-Ereignissen. Dazu gehören immer häufigere und heißere Hitzewellen. Das hat logischerweise merkbare Auswirkungen auf den Alltag von Menschen – aber sie sind nicht für alle Gruppen gleich schlimm.
Eine große Rolle spielt dabei das Geld. 64 von 100 Menschen im unteren Einkommens-Drittel berichten, dass sie durch die Folgen der Klimakrise unter Schlafproblemen leiden. Fast genauso viele (61 Prozent) bemerken eine geringere Leistungsfähigkeit. 48 Prozent haben Kreislaufprobleme, 39 Prozent machen Kopfschmerzen und Migräne zu schaffen.
Im oberen Einkommens-Drittel kommt all das während Hitzewellen auch bereits bedenklich oft vor, allerdings nur etwa halb so häufig. Ärmere Menschen trifft die Klimakrise also härter.
Frauen leiden stärker
Auch das Geschlecht spielt demnach eine Rolle – auch weil Frauen meist weniger Einkommen haben. Frauen leiden jedenfalls häufiger als Männer unter weniger Leistungsfähigkeit, Schlaf- und Kreislaufproblemen, Schweißausbrüchen und Übelkeit sowie Kopfschmerzen und Migräne.
Arbeiter:innen sind den Folgen der Klimakrise stärker ausgesetzt
Auch Beruf und Arbeitsort sind ein wichtiger Faktor. Etwa die Hälfte der Arbeiter:innen belastet die Hitze in ihrem Beruf. Die Gruppe der Angestellten, öffentlich Bediensteten und freien Dienstnehmer:innen beklagen das mit 38 Prozent seltener. Unter den Selbständigen sind es 36 Prozent.
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Auch direktem Sonnenlicht, Regen, Stürmen oder anderen Extremwettern sind Arbeiter:innen öfter ausgesetzt als die anderen Berufsgruppen.
Die größten Sorgen: Lebensmittelsicherheit und ein unbewohnbarer Planet
Die Auswirkungen treffen also nicht alle gleich. Dennoch teilen alle Bevölkerungsschichten die größte Sorge. Drei Viertel (76 Prozent) befürchten, dass Lebensmittel teurer und schlechter verfügbar sein werden. 6 von 10 Befragten sorgen sich, dass Teile der Welt unbewohnbar werden. Wobei diese Sorge beim obersten Einkommens-Drittel höher ist (69 Prozent) als bei den unteren (62 Prozent beim mittleren und 56 Prozent beim untersten Einkommens-Drittel).
Etwa die Hälfte fürchtet um ihr Eigentum durch Extremwetterereignisse (53 Prozent). Diese Sorge ist im mittleren Einkommens-Drittel am höchsten (59 Prozent), gefolgt vom unteren (55 Prozent). Das oberste Einkommens-Drittel macht sich darüber die wenigsten Sorgen (50 Prozent). Die Tendenz erscheint logisch: Das untere Einkommens-Drittel hat kein bis wenig Eigentum, um das es sich sorgen kann. Das mittlere Einkommens-Drittel könnte das, was es hat, nach Katastrophen schwerer ersetzen.
Dass der Lebensstandard sinkt, belastet 48 Prozent. Wobei im untersten Einkommens-Drittel sich 58 Prozent Sorgen darüber machen, im mittleren 59 Prozent und nur 39 Prozent des obersten Drittels. Reichere Menschen glauben also offenbar eher, dass sich von den Folgen der Klimakrise ein Stück weit freikaufen zu können.
Mehr Klimaschutz – und zwar sozial gerecht
Wer muss mehr für Klimaschutz tun? Die kurze Antwort der Bevölkerung ist: alle. Wobei vielen klar zu sein scheint, dass die Klimakrise ein Problem ist, dass einzelne allein nicht lösen können. Rund zwei Drittel finden, Politik sowie Industrie und Wirtschaft tun nicht genug gegen die Klimakrise. Etwas mehr als die Hälfte sagt, auch die Bevölkerung müsste mehr tun.
Die Interessen von Wohlhabenden werden für mehr als ein Drittel der Befragten in der Klimapolitik zu stark berücksichtigt.
Etwa die Hälfte findet hingegen, dass Personen mit geringem Einkommen, Menschen mit gesundheitlichen Problemen, Kinder und ältere Menschen in der Klimapolitik zu wenig berücksichtigt werden.
7 von 10 Menschen wollen Privatjet-Flüge verbieten
Eine ziemlich große Übereinstimmung gibt es auch bei Maßnahmen gegen die Klimakrise. Knapp 7 von 10 Menschen stimmen zu, dass Privatjet-Flüge in der EU verboten werden sollen. Dabei findet das Verbot unter den Wähler:innen aller Parteien mehrheitlich Zustimmung. Diese besonders umweltschädliche Art zu reisen, können sich nur Reiche leisten.
6 von 10 Menschen wollen, dass klimaschädliches Verhalten höher besteuert wird. Klimafreundliche und Geld sparende Wohnungen sollten zum Standard werden. 57% finden, wenn fossile Heizungen nicht ausgetauscht werden oder die Wohnung thermisch nicht saniert ist, sollten Mieten niedriger werden. Ebenfalls eine knappe Mehrheit ist für ein Verbot von Kurzstreckenflügen unter 1.000 Kilometern.
Wenn Klimaschutz sozial gerecht ist, gibt es also mehr Zustimmung in der Bevölkerung dazu.
Grün-Wähler:innen ist die Klimakrise am wichtigsten
Wichtig finden die Bekämpfung der Klimakrise übrigens viele Wähler:innen aller Parteien. 98 Prozent der Grün-Wähler:innen halten die Klimakrise und deren Bekämpfung für (sehr) wichtig. Bei den NEOS sind es 87 Prozent, SPÖ 84 Prozent, ÖVP 80 Prozent. Nur bei der FPÖ sind es mit 46 Prozent weniger als die Hälfte.
Wie geht sozial gerechter Klimaschutz?
Klimaschutz ist also der Mehrheit der Gesellschaft wichtig – über die Einkommensschichten hinweg und über fast alle Parteien hinweg. Darauf sollte die Politik hören, fordert das Momentum Institut und empfiehlt:
Endlich ein Klimaschutzgesetz zu beschließen. Das fehlt seit mehr als drei Jahren. Vulnerable Gruppen sollten bei der Klimapolitik stärker berücksichtigt und weniger Wert auf die Interessen der Wohlhabenden gelegt werden.
Außerdem brauche es Klimaschutzmaßnahmen für diejenigen, die am meisten unter den Auswirkungen der Klimakrise leiden – also für Ärmere, Arbeiter:innen und Frauen. Eine Maßnahme wäre etwa das Recht auf Hitzefrei für Arbeiter:innen im Freien bei voller Entgeltfortzahlung. Weiters sollen Frauen bei der Gestaltung und Umsetzung von Klimapolitik gleichberechtigt beteiligt sein.
Maßnahmen umsetzen, die die Mehrheit will – wie Privatjets und Kurzstreckenflüge verbieten. Höhere Steuern, wenn mehr CO₂ verursacht wird. Wobei höhere Steuern allein nicht ausreichten, sagen die Ökonom:innen. Wer es sich leisten kann, kann damit weiter die Umwelt zerstören. Es brauche deswegen einen Maßnahmen-Mix. Als Beispiel wird eine Energiegrundsicherung genannt. Dabei soll der Grundbedarf an Energie für alle Menschen zumindest sehr günstig oder gar gratis sein. Verschwenderischer Überverbrauch soll teurer werden. Obergrenzen könnten helfen, den Überverbrauch einzuschränken.
Steuerprivilegien der Flugbranche müssten beendet werden. Bei transnationalen Flügen gibt es aktuell keine Mehrwertsteuer. Steuereinnahmen auf Flugreisen könnten in den Ausbau öffentlicher und klimafreundlicher Verkehrsmittel investiert werden, schlagen die Expert:innen vor.
Die Energiewende vorantreiben, indem fossile Heizungen in öffentlichen Gebäuden ausgetauscht werden. Außerdem sollen die Mieten niedriger werden, wenn Vermieter:innen selbst keine Maßnahmen für die Energiewende setzen. Wenn also fossile Heizungen nicht ausgetauscht werden beziehungsweise Wohnraum nicht thermisch saniert und damit möglichst energiesparend ist. Damit unterstütze man auch die ärmere Hälfte der Bevölkerung. Sie wohnt meistens in Miete und hat kein Mitbestimmungsrecht über das Heizsystem. Mieter:innen tragen allerdings die hohen Heizkosten der fossilen Heizungen. Außerdem sollen fossile Energieträger nicht mehr gefördert werden.