Krebs-Vorsorgeprogramm im AKH: Angeblich "nie unterbrochen", aber noch immer keine Termine
Gabriele Kornek, die Ärztliche Direktorin des AKH, bezeichnete die Tonband-Ansage gegenüber „Kurier“ und „ORF“ als Fehler. Sie behauptete, das Programm würde wie gehabt weiterlaufen. Leider schafft es die Ärztliche Direktion seit Wochen nicht ans Telefon, um ein klärendes Gespräch mit MOMENT zu führen.
Über die Pressestelle lässt das AKH ausrichten: „Das Programm wurde nie unterbrochen und wird fortgeführt“. Das hat man offenbar auch dem Gesundheitsstadtrat in Wien gesagt, denn diese Auskunft erhält man auf Anfrage auch von dort. Das AKH sagt, die von MOMENT verbreitetenden Informationen seien falsch. (Unsere Sicht der Dinge haben wir hier dargelegt.)
Keine Termine für „nie unterbrochenes“ Programm
Das wäre egal, würde das AKH die Frauen, die das Programm benötigen, nun über ihre Möglichkeiten aufklären und sie wieder untersuchen. Das geschieht aber nicht. Potenzielle Patientinnen bekommen auch heute keinen Termin. „Wenn Sie Auffälligkeiten zeigen oder bereits erkrankt sind, dann können Sie schon kommen. Das Früherkennungsprogramm gibt es aber nicht“, heißt es bei einem Anruf.
Derzeit existieren laut derselben Auskunft zur Vorsorge nicht einmal die einzelnen Untersuchungen (um welche es dabei genau geht, darüber gab es möglicherweise Verwirrung – dazu unten eine Klärung). Sie sollen es doch bitte Mitte September wieder probieren, wird den Frauen geraten. Vielleicht wisse man dann mehr. Zumindest die versprochene Fortsetzung des Programms scheint also im Bereich des Möglichen zu liegen.
Dass das Programm aber derzeit nicht läuft und zumindest seit „Anfang des Jahres“ ausgesetzt war, das erzählten nicht nur das „fehlerhafte“ Tonband und betroffene Patientinnen, sondern auch MitarbeiterInnen der Onkologie, Gynäkologie und Radiologie. Eine Aussage gegenüber einer Anruferin in dieser Woche lautete: „Wir dürfen die Untersuchungen im Rahmen des Früherkennungsprogramms derzeit nicht anbieten. Wir wissen auch nicht, wieso.“ Auch die MitarbeiterInnen warten auf Informationen aus der Ärztlichen Direktion.
Fakten gegen Aussage
Noch vor unserem ersten Bericht wurde vom AKH erklärt, das betroffene Programm sei gar nicht der Auftrag einer Uni-Klinik und dürfe deswegen nicht angeboten werden. Was sich an dieser Sachlage geändert hat, bleibt bis heute unbeantwortet. Dem Kurier wurde später gesagt, dass die Untersuchungen wegen Corona derzeit nicht an einem Tag stattfinden können (das wäre absolut verständlich, aber damit würde trotzdem ein wesentliches Element des Programms fehlen). Zudem hatte man gegenüber Zackzack, ORF und Kurier bereits die Probleme mit dem Tonband (die Verantwortung wurde einer Mitarbeiterin zugeschoben) und bei der Terminkoordination eingeräumt.
Wie das AKH zum offiziellen Statement kommt, das Programm sei nicht unterbrochen und wäre das auch nie gewesen, ist anhand der Sachlage und dieser Auskünfte vollkommen unverständlich. Zu erklären versucht es genau genommen auch niemand. Die Ärztliche Direktion ist für uns unerreichbar; die MitarbeiterInnen sollen nicht mehr öffentlich dazu sprechen und können auch den Patientinnen nicht erklären, was los ist. Die Pressestelle sagt, sie gebe nur weiter, was sie von der Ärztlichen Direktion gesagt bekomme.
Um welche Krebs-Untersuchungen geht es?
Der tatsächliche Gegenstand des ersten MOMENT-Artikels dürfte für Verwirrung gesorgt haben: In dementierenden Berichten ist vom Aus eines „Gen-Tests“ oder ganz allgemein des „Service für Patientinnen der Ambulanz für familiären Brust- und Eierstockkrebs“ die Rede. Selbst das AKH hat MOMENT vorgeworfen, über ein Ende der “Gen-Tests” berichtet zu haben – was wir aber nie getan haben. Hier ein Überblick der unterschiedlichen Tests und Programme:
#1 Das Früherkennungsprogramm „Früh Erkennen“ ruft Frauen ab 40 Jahren dazu auf, sich alle 2 Jahre einer Mammographie zu unterziehen. Das kann österreichweit in Krankenanstalten und Röntgen-Einrichtungen passieren und ist kostenlos. Die Homepage von „Früh Erkennen“ verweist überdies auf weitere Untersuchungen, sollte in der Familie bereits Brustkrebs vorgekommen sein. Und gibt den Hinweis: „Wenn Sie aus familiären Gründen ein höheres Risiko haben, an Brustkrebs zu erkranken, ist das Programm für Sie nicht geeignet.“ Dass das Programm läuft, hat niemand bestritten.
#2 Hat eine Frau nahe Verwandte, die in jungem Alter an Krebs erkrankt sind – beispielsweise Mutter oder Schwester – kann sie sich einem Gentest unterziehen. Dabei werden die Gene BRCA1 und BRCA2 untersucht. Auch dieser Gentest ist an mehreren Orten in Österreich möglich, Beratungsstellen gibt es in allen Bundesländern. Dass diese Tests stattfinden, hat niemand bestritten.
#3 Unabhängig vom Ergebnis des Gentests, konnte die betroffene Frau am Wiener AKH als Hochrisiko-Patientin bis Anfang dieses Jahres in das Früherkennungsprogramm für Hochrisiko-Patientinnen mit familiärem Brust- und Eierstockkrebs aufgenommen werden. Für sie hieß das dann: Jedes Jahr einen Tag im AKH verbringen und mehrere belastende Untersuchungen über sich ergehen lassen. Das Programm für Hochrisiko-Patientinnen ist intensiver als das für durchschnittliche Frauen; in Form der Sammeluntersuchung an einem Tag soll es nur im AKH angeboten worden sein. Frauen schätzten dieses Angebot, weil es die emotionale und organisatorische Belastung verringert hat.
Über die bei ihnen nötigen Untersuchungen wurden Hochrisiko-Patientinnen anhand des folgenden Informationsblattes aufgeklärt.
Und genau um dieses letzte Programm geht es: Die Sammeluntersuchungen, die für Hochrisiko-Patientinnen normalerweise an einem Tag stattfinden, hat es seit Anfang des Jahres nicht mehr gegeben.