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Ungleichheit

Maklerprovision bei der Wohnungsmiete: ÖVP blockiert versprochene Abschaffung

Frau, die vor Umzugskartons sitzt und erschöpft wirkt.
Maklerprovision für Mieter:innen werden doch nicht abgeschafft. Die ÖVP stellt sich quer - und bricht ihr eigenes Versprechen. Foto: Anastasia Shuraeva / Pexels
Viel versprochen, nichts gehalten: Wer eine Wohnung mietet, sollte ab kommenden Jahr keine Maklerprovision mehr zahlen müssen. Doch das Gesetz kommt nicht, mit dem das Bestellerprinzip bei der Wohnungsmiete eingeführt werden soll. Die ÖVP legt sich quer, die Maklergebühren abzuschaffen. Die Grünen sind sauer und auch die Immobilienbranche schimpft. Was ist da schiefgelaufen?

Es war ein “Meilenstein”: Ab 1. Jänner wollte die Regierung verbieten, dass Maklergebühren bei der Neuvermietung von Wohnungen den neuen Mieter:innen umgehängt werden. Das sollte Mieter:innen eine große Last von den Schultern nehmen. Die mitunter in die tausende Euro gehenden Provisionen sollen künftig die Vermieter:innen zahlen. Denn schließlich sind sie es, die Makler:innen beauftragen, ihre Wohnungen zu vermitteln. So weit, so klar.

Aber: Das Gesetz kommt jetzt doch nicht. Die ÖVP hat sich quergestellt und möchte die Regelung aufweichen. Der grüne Koalitionspartner ist nicht glücklich damit. „Dafür stehen wir nicht zur Verfügung“, sagt die grüne Chefverhandlerin Nina Tomaselli zu MOMENT.at. „Denn das öffnet den Raum, hohe Ablösen etwa für Küchen oder Besichtigungsgebühren zu verlangen.“ Es könnten Schlupflöcher entstehen, mit denen Mieter:innen doch zur Kassa gebeten werden.

Maklerprovisionen bei Miete sollten weg, doch jetzt ist alles anders 

Dass die auch von der ÖVP stolz präsentierte neue Regelung nach dem sogenannten Bestellerprinzip nun erstmal doch nicht kommt, irritiert ziemlich. Denn Staatssekretärin Claudia Plakolm und ÖVP-Wohnbausprecher Johann Singer verkündeten im März bei der Präsentation des Gesetzes: Die Maklerprovision fällt für Wohnungsmieter:innen. „Der den Makler beauftragt, soll ihn auch bezahlen“, heißt es dazu im ÖVP-Parteiblatt „zur Sache“. Und: „Im neuen Gesetz wird zudem ein umfassender und strenger Umgehungsschutz eingebaut.“

Das war offenbar nicht ganz die Wahrheit. „Plötzlich soll alles ganz anders werden“, sagt Tomaselli. Beziehungsweise gar nicht so plötzlich: Der Wunsch der ÖVP, den neuen Paragrafen 17a im Maklergesetz aufzuweichen, sei schon „länger eingetrudelt“. Der Paragraf regelt, wie das Bestellerprinzip angewendet werden soll. Fakt ist: Bewegung gab es bei dem groß angekündigten Projekt seit Wochen nicht mehr. Das Gesetz liegt auf Eis. Ginge es nach den Grünen, ist der Entwurf unterschriftsreif.

Warum sich die ÖVP bei Maklergebühren querstellt? Keine Auskunft

Wann die ÖVP auf die Idee kam, von ihren eigenen Worten abzurücken? Was die Partei von Bundeskanzler Karl Nehammer geändert haben möchte? MOMENT.at wollte das gern von Wohnbausprecher Singer erfahren, erhielt jedoch bis Redaktionsschluss keine Antwort.

Auch der Österreichische Verband der Immobilienwirtschaft (ÖVI) ist verärgert – aber aus einem anderen Grund. „Niemand von uns hat eine Besichtigungsgebühr gefordert“, sagt ÖVI-Geschäftsführer und Maklerrechtsexperte Anton Holzapfel zu MOMENT.at. „Das ist eine Zeitungsente.“ Den von den Grünen, aber von der ÖVP jetzt nicht mehr getragenen Gesetzesentwurf, lehnt er scharf ab. Komme ein striktes Umgehungsverbot, wie es vorgesehen ist, „dann kann ich gleich sagen: ‚Ich möchte ein Berufsverbot für Makler‘“, sagt Holzapfel.

Ganz so schlimm, das lässt sich ziemlich sicher sagen, wird es nicht kommen. Das weiß wohl auch Holzapfel. Klar ist für ihn: Zahlen die Mieter:innen nicht mehr notgedrungen den Makler:innen ihre hohen Provisionen, „werden sich einige von denen vom Markt zurückziehen“. Denn Vermieter:innen würden nicht 1:1 die hohen Gebühren selber zahlen wollen, wozu Mieter:innen bisher praktisch gezwungen waren. Die Vermietungen könnten etwa die Wohnungen ohne einen Makler dazwischen selbst vermarkten.

Kritik: Entwurf schützt Mieter:innen nicht vor Maklergebühren

Das will Holzapfel als Vertreter der Branche naturgemäß nicht. Ihm gehe es aber nicht um Lockerungen im Gesetz, beteuert er. „Der Entwurfstext ist legistisch nicht ausreichend“, sagt Holzapfel und fügt an: „Auch die Arbeiterkammer hat das bemängelt.“

Und damit hat er recht. Der Vertretung der Arbeitnehmer:innen geht die neue Regelung aber schlicht nicht weit genug. In ihrer Stellungnahme zum Entwurf kritisiert sie die schwammigen Formulierungen, die es Vermieter:innen schlussendlich doch möglich machen könnten, dass Mieter:innen die Provisionen der Makler:innen blechen müssen. Etwa indem auf dem Papier so getan wird, als würden Interessent:innen an einer Wohnung der Auftraggeber sein. Vermietung und Makler:in könnten aber trotzdem vorher Kontakt miteinander haben, jedoch ohne einen „echten“ Vermittlungsauftrag zu vereinbaren.

Die Immobilienbranche hat bei Gebühren ein hohes Kreativitätspotenzial, wie man weiß.
Nina Tomaselli, Die Grünen

Und so wäre es möglich, doch wieder die Mieter:innen zahlen zu lassen, fürchtet die AK. Sie forderte daher ein striktes Verbot von Provisionen und ein schärferes Gesetz als es jetzt vorliegt und von den Grünen auch beschlossen werden möchte. Die Grüne Nina Tomaselli räumt aber ein, dass eine mögliche „Besichtigungsgebühr“ nicht von ÖVP oder der Immobilienbranche gefordert wird. Das sei schlicht ein Beispiel dafür, was alles möglich sein könnte, um das neue Gesetz zu umgehen. Denn: „Die Immobilienbranche hat da ein hohes Kreativitätspotenzial, wie man weiß“, sagt Tomaselli.

„Terminprobleme“ das Gesetz zu besprechen – oder jemand will nicht

Wann das Bestellerprinzip nun endlich kommen soll, weiß sie nicht. „Es gibt zwei Koalitionspartner und es gibt zwei Positionen dazu“, sagt sie. Zuletzt hieß es, es ginge sich zeitlich nicht mehr aus, eine Sitzung des zuständigen Bau-Auschuss im Nationalrat auf die Beine zu stellen. Ein eher schwaches Argument, so Tomaselli. Ruth Becher von der oppositionellen SPÖ ist die Vorsitzende des Ausschuss. Sie hätte gerne noch eine Sitzung vor Weihnachten einberufen. Laut Tomaselli hätten andere Seiten aber „Terminprobleme“ genannt und so ging es sich nicht aus.

„Dabei könnte man das locker kurzfristig eine halbe Stunde vor einer Parlamentssitzung machen“, sagt die Grüne. Wo ein Wille wäre, da gäbe es auch einen Weg. Nur: Ein Wille scheint vor allem bei der ÖVP nicht vorhanden zu sein. Heißt: Mieter:innen müssen auch ab Jänner brav weiter Provisionen zahlen. An Makler:innen deren Dienstleistung sich oft darauf beschränkt, Interessent:innen einmal die Tür aufzusperren. Vermietungen, die die Maklerdienste beauftragt haben, können die Kosten dafür weiter 1:1 bei den Mieter:innen abladen.

 

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