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Ungleichheit

Museen: Von allen bezahlt, für alle gemacht?

Foto: Daniel J. Schwarz auf Unsplash

Knapp 113 Millionen Euro Steuergeld bekommen die österreichischen Bundesmuseen im Jahr als „Basisabgeltung für die Erfüllung des kulturpolitischen Auftrags.“ Davon profitieren aber vor allem BesserverdienerInnen, AkademikerInnen und TouristInnen.

„Bevor Museen Anstalten der Bildung sind, sind sie Anstalten für Gebildete“, sagt Klaus Albrecht Schröder, der Generaldirektor der Albertina. Und: „Die Idee, dass Kunst für alle ist, ist eine Illusion.“ Bezahlt werden sie aber trotzdem von allen. Knapp 113 Millionen Euro Steuergeld haben die österreichischen Bundesmuseen im Jahr 2018 als „Basisabgeltung für die Erfüllung des kulturpolitischen Auftrags“ bekommen. Davon profitieren aber vor allem BesserverdienerInnen, AkademikerInnen und TouristInnen.

Schöne Einrichtungen für wohlhabende Akademikerinnen?

Wer die Menschen sind, die Österreichs Museen besuchen, darüber gibt es keine genauen Daten. „Erhebungen zu den sozialen Hintergründen der BesucherInnen sind kostenintensiv. Da braucht es zusätzliches Personal. Außerdem kann man solche Umfragen nur auf freiwilliger Basis machen, sie wären also kaum repräsentativ“, sagt Renate Rapf aus dem Büro der Wiener Kulturstadträtin. Laut Museumsbund Österreich sind die BesucherInnen aber tendenziell weiblich und gut gebildet.

 

Die ÖkonomInnen Martin Falk und Tally Katz-Gerro haben in einer Studie die kulturelle Beteiligung der unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen untersucht. Ihr Ergebnis: Bildungsgrad, Einkommen und die Größe des Haushalts beeinflussen unser kulturelles Verhalten erheblich. Wer wenig verdient, keine Matura und viele Kinder hat, geht eher nicht ins Museum. Das Geschlecht spielt keine so große Rolle, obwohl der Anteil weiblicher Gäste höher ist. „Vor allem die relativ hohen Eintrittspreise schrecken viele Menschen von einem Besuch im Museum ab“, so Falk und Katz-Gerro.

Kinder und Jugendliche können gratis rein

Durch die Initiative „U19“ kommen Kinder und Jugendliche unter 19 Jahren gratis in die Bundesmuseen. Auch manche anderen Museen bieten verbilligten Eintritt oder Gratisbesuche für junge Menschen an. So sollen unter anderem mehr Schulklassen ins Museum gelockt werden, sagt Renate Rapf. Jede fünfte Person, die ein österreichisches Bundesmuseum besucht, ist unter 19 Jahre alt. Im Naturhistorischen Museum machen Kinder und Jugendliche sogar 43 Prozent der BesucherInnen aus. Auch für SeniorInnen, StudentInnen und Menschen mit Beeinträchtigung gibt es in den meisten Museen Vergünstigungen.

 
Schloss Schönbrunn ist das meistbesuchte Museum Österreichs. Foto zeigt die Fassade von Schloss Schönbrunn vor blauem Himmel.

Schloss Schönbrunn ist das meistbesuchte Museum Österreichs. Der Eintritt kostet 18 Euro. Foto: Matthias Müllner auf Unsplash

Um 18 Euro ins Schloss Schönbrunn

Wer aber in keine dieser Kategorien fällt, zahlt schon einmal 12 Euro im Naturhistorischen oder gar 16 Euro im benachbarten Kunsthistorischen Museum. Das meistbesuchte Museum Österreichs ist Schloss Schönbrunn, hier kostet ein einfaches Eintrittsticket stolze 18 Euro. Österreichweit sind die teuersten Museen in Wien, dahinter folgt Niederösterreich.

Doch es geht auch anders: Das Weltmuseum und das Heeresgeschichtliche Museum öffnen ihre Türen gratis – zumindest jeden ersten Sonntag im Monat. An diesem Tag verzeichnen sie etwa dreimal so viele BesucherInnen wie an normalen Tagen.

Und das Kunsthistorische Museum hat im Juni 2020 nach dem Prinzip „Pay as you wish“ gearbeitet. BesucherInnen haben selbst entschieden, wie viel sie für den Museumsbesuch bezahlen möchten. Im Schnitt waren das 10 Euro.

Eine Liste aller Museen, die ihr in Wien immer gratis besuchen könnt, findet ihr hier.

Pay as you wish: Alle zahlen, auch wenn sie nicht müssten

Michael Blanding widmet sich in einem Artikel im Forbes Magazine dem Zahlprinzip „Pay as you wish“. Wer den Preis selbst wählen kann, zahlt im Schnitt immer, so Blanding. Außerdem würden frei wählbare Eintrittspreise die Zielgruppe erweitern und Preis-Wettbewerbe reduzieren. Zwar würden die Menschen weniger bezahlen, als per Fixpreis vorgegeben – eine steigende Zahl an BesucherInnen könnte dieses Defizit aber wieder ausgleichen. Und den Bildungswert kann man sowieso nicht mit Geld abwiegen.

Auch Mathilda Orth und Elina Lampi aus Schweden sind überzeugt, dass frei wählbare Preise und freier Eintritt mehr Leute ins Museum locken. Die Menschen, die sowieso ins Museum gehen wollen, zahlen auch dafür. Aber: Wem der Museumsbesuch generell kein Geld wert ist, kommt in der Regel auch nicht bei günstigeren Preisen.

England macht’s vor: Gratis in alle staatlichen Museen

In England dürfen seit 2001 alle staatlichen Museen kostenlos besucht werden. Führungen und Sonderausstellungen sind in vielen Fällen kostenpflichtig, die Dauerausstellungen aber für alle BesucherInnen gratis. Der Wissenschaftler Andy Martin hat die Auswirkungen von freiem Eintritt auf die Zahl der Museumsbesuche untersucht. Und siehe da: Innerhalb eines Jahres haben sich die Besuchszahlen um 62 Prozent erhöht. Martin steht dieser Zahl aber skeptisch gegenüber: „Bedeutet das, dass mehr Menschen ins Museum gehen oder dass die gleichen Menschen öfter ins Museum gehen?“ Martin ist der Meinung, dass die Menschen, die jetzt von freiem Eintritt profitieren, den Ticketpreis sowieso bezahlen würden.

 
Das British Museum in London kann man kostenlos besuchen. Das Foto zeigt den Eingangsbereich des Museums in dem sich zahlreiche Menschen tummeln.

Gratis ins Museum: Das ist in allen staatlichen Museen in Großbritannien möglich. Wie hier im British Museum in London. Foto: Ryan Stefan auf Unsplash

Das Geld ist nicht die einzige Barriere

Ob ein Museum für die breite Masse zugänglich ist, liegt nicht nur am Eintrittspreis, sagt Martin in seiner Arbeit. Auch ansprechende Ausstellungen und verständlich formulierte Erklärungen tragen dazu bei, dass sich Menschen in einem Museum unterhalten und wohl fühlen. Ganz zu schweigen von barrierefreien Zugängen für Menschen mit Beeinträchtigung.

 

Während britische und deutsche Museen auf Twitter und Facebook zu finden sind, halten sich Österreichs Einrichtungen im Hintergrund. Workshops, Events und Sonderausstellungen könnten in sozialen Netzwerken leichter, schneller und ansprechender kommuniziert werden. Sebastian Hartmann, Experte für den Social-Media-Auftritt von Museen, sieht darin einen Weg zu mehr öffentlichem Interesse und dahin, das Publikum mehr einzubeziehen. „Neben den passenden Ideen sind auch die richtigen Strategien gefragt, wie man Twitterer, Facebooker, Blogleser oder Youtube-Gucker anspricht“, so Hartmann im „Magazin Museum“. „Fest steht, dass Social Media eben nichts ‚Neues‘ mehr ist, sondern ein integrativer Bestandteil des Internets und ein Werkzeug für alle, die Interesse haben, Menschen online zu erreichen.“

 
 

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