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Demokratie

Wie kritische Journalist:innen eingeschüchtert werden sollen

Die neue ÖVP-Kampagne richtet sich gegen Florian Klenk, den Chefredakteur der Zeitschrift „Falter“ und gegen die ermittelnden Staatsanwält:innen im ÖVP-Skandal. Politologin Natascha Strobl erklärt die ÖVP-Strategie, wie aus Aufdecker:innen Täter:innen gemacht werden.

 

 

ÖVP-Strategie: Kritische Journalist:innen einschüchtern

Der ÖVP-nahe Blog “Exxpress” berichtete reißerisch darüber, dass es eine angebliche Nähe zwischen Journalist:innen und Staatsanwält:innen gäbe. Skandalisierend wurde „aufgedeckt“, dass ein Staatsanwalt im selben Ort wohnen würde wie Florian Klenk. Und hier sind wir mitten in eine Kampagne gegen Staatsanwaltschaft und freie Medien.

#1 Zwischen den Zeilen reden

Die Tatsache, dass der Staatsanwalt in der Nähe von Florian Klenk wohnt, wird bereits zum Verdachtsmoment. Da kann doch irgendetwas nicht stimmen, wenn diese zwei Personen so nah bei einander wohnen. Als wäre es kein Zufall oder als hätten es sich die beteiligten Personen bewusst so ausgemacht, in der Nähe zu wohnen. Die Technik funktioniert so, dass man etwas sagt und gleichzeitig etwas Ungesagtes schwingt mit. Der Fakt ist nicht nur ein Fakt, sondern eine Verdächtigung schwingt im vermeintlich reinen Aufzählen von Fakten mit. Gerne wird das als „nur Fragen stellen“ verkauft. Als seien diese Fragen relevant, oder als stecke da mehr dahinter.

#2 Warnen

Das Auskundschaften von Wohnorten ist immer auch eine Warnung oder Drohung: „Ich weiß, wo du wohnst“. Die Daten werden legal oder illegal über Abfrage der Meldedaten besorgt und veröffentlicht. Doxxing nennt sich das. Die betroffenen Personen sollen sich nicht mehr sicher fühlen. Sie sollen wissen, dass es Leute gibt, die in ihrem Privatleben herumschnüffeln und bereit sind, jede Information an die Öffentlichkeit zu bringen. Hier werden sowohl die unabhängige Justiz als auch der unabhängige Journalismus massiv unter Druck gesetzt. 

#3 Verschwörungsdenken

Wozu geschieht das alles? Wozu dient die ÖVP-Strategie? Es wird eine große Verschwörung konstruiert. Sie lautet: Mächtige Kräfte aus Justiz und Journalismus arbeiten daran, die ÖVP – und insbesondere Sebastian Kurz – zu stürzen. Kurz hat sich nicht in sein eigenes Netzwerk aus Korruption verstrickt, sondern er ist eigentlich unschuldig und sogar Opfer einer großen Verschwörung. 

ÖVP-Strategie nach Donald Trump

Diese Erzählung kennen wir aus den USA. Auch Donald Trump hat Medien immer wieder „Fake News“ vorgeworfen und vom „Deep State“ gefaselt. Das ist eine Verschwörungstheorie von geheimen Netzwerken im Staat, die hinter selbsternannten Unliebsamen wie ihm her seien. Jeder von Trumps vielen Skandalen wurde abgewehrt mit dem Argument, dass dieser eben inszeniert und gar nicht real ist. 

Genau dasselbe sehen wir nun auch im Umfeld der ÖVP. Plötzlich verschiebt sich der Skandal von „Sebastian Kurz und sein Umfeld sind Beschuldigte in einem der größten Skandale der Zweiten Republik“ zu „Falter-Gate“ – ein Möchtegern-Skandal zur Ablenkung.

Das ist gefährlich. So sollen die Grenzen der Wirklichkeit verschoben werden. Desinformation wie Falter-Gate bietet eine Gegenrealität zur realen, auf Fakten basierenden Realität. In dieser Gegenrealität werden die eigentlichen Täter:innen zu Opfern  und die Aufdecker:innen zu Täter:innen. 

Damit ist die ÖVP einen weiteren großen Schritt auf dem Weg Richtung Orbán und Trump  – und wenn sie damit durchkommt, landet dort auch ganz Österreich.

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