Auto-Beton statt Naturschutzgebiet in Wiener Neustadt: Polizei räumt Protest gegen Ostumfahrung
Seit über vier Jahren setzt sich die Bürger:inneninitiative “Vernunft statt Ostumfahrung” gegen den Bau der Ostumfahrung ein, im November vergangene Jahres starteten Aktivist:innen eine Besetzung. Der Protest zieht sich durch die Zivilbevölkerung. Landwirt:innen wehren sich im Bündnis mit Umweltschützer:innen und Anrainer:innen gegen die Enteignung ihrer Flächen – diese würden zu den wertvollen Lebensräumen und den fruchtbarsten Böden Österreichs zählen.
Ein Biobauer hatte den Aktivist:innen sein Privatgrundstück zur Verfügung gestellt. Das grenzt an das Land, auf dem die Ostumfahrung geplant ist. Dieses wurde nun von der Polizei geräumt. Die Bäume am Gebiet sind großteils gefällt.
Was ist die Ostumfahrung von Wiener Neustadt?
Die geplante B17 Ostumfahrung ist eine 4,5 Kilometer lange Landesstraße. Sie soll den Straßenring um Wiener Neustadt schließen. Für den Bau werden 6 Hektar des Natura-2000-Schutzgebietes zerstört und eine Schneise durch landwirtschaftliche Äcker geschlagen. (Wir berichteten.)
Die Straße wird seit Jahrzehnten besprochen. Die ursprüngliche Idee stammt aus einer Zeit, als von Klimakrise und Artensterben noch keine Rede war. Die türkis-blaue Landesregierung rechtfertigt den Straßenbau mit einer angeblichen Entlastung der Wohngebiete und Verkehrsadern der Innenstadt. Die Umweltverträglichkeitsprüfung prognostiziert zwar eine geringe Entlastung der anderen Straßen, aber sie sagt auch etwas Anderes: Mehr Straßen führen zu mehr Verkehr. Im Fall der Ostumfahrung wären das 3 500 zusätzliche Kfz-Fahrten täglich.
Wiener Neustadt wird noch weiter zubetoniert
Dabei ist Wiener Neustadt mit 583 Quadratmeter Versiegelung pro Person längst Betonhochburg und Hitzeinsel Österreichs. Zusätzlicher Bodenverbrauch würde das ohnehin hohe Hochwasserrisiko zusätzlich verschlimmern, wie ein neuer Bericht des Rechnungshofs zeigt. Darin wurden die Klimaanpassungs-Maßnahmen Wiener Neustadts genau unter die Lupe genommen.
Das Fazit ist erbärmlich. Obwohl der Rechnungshof eine Verringerung der zusätzlich verbauten Flächen und eine Entsiegelung der bereits verbrauchten Flächen dringend empfiehlt, macht die Stadt das Gegenteil. Sie investiert 40 Millionen Euro in den Bau einer kilometerlangen Straße.
Alternativen, um die Stadt und ihre Bewohner:innen von zu viel Verkehr zu entlasten, gäbe es durchaus. Forscher:innen der TU Wien haben längst den Bau einer Straßenbahn dafür vorgeschlagen.
Polizei bestreitet zu hartes Vorgehen
Von Seite der Aktivist:innen wird beklagt, wie hart die Polizei bei der Räumung mitunter vorgegangen sei. Eine Person sei während der Räumung von Polizist:innen gestoßen und zu Boden gedrückt worden. Sie habe sich zu dem Zeitpunkt auf dem Privatgrund befunden. Die Polizeit bestreitet diese Vorwürfe. Der Betroffene habe davor die “Polizeikette durchbrochen”. Es habe 13 Festnahmen gegeben.
Die Baumhäuser der Besetzung sind niedergerissen. Die Aktivist:innen wollen aber nicht aufgeben. Auch die Bauern wehren sich weiter gegen ihre Enteignung. Gemeinsam wollen sie aus den bedrohten Äckern ein “Nahversorgungsgebiet” machen. Sie hoffen, das Projekt damit doch noch zu kippen.
Am 26. Oktober soll der Widerstand weitergehen. Mit einer Raddemo um 14 Uhr am Hauptplatz in Wiener Neustadt.