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Demokratie

Der untalentierte Mr. Kurz: Der Spin nutzt sich nach Urteil ab

Der untalentierte Mr. Kurz: Der Spin nutzt sich nach Urteil ab
Sebastian Kurz und die Medien in Österreich – Foto: Alexa Halada/AFP/picturedesk.com
Man könnte es eine Selbstdemontage nennen. Dabei machen Sebastian Kurz und sein Umfeld genau dasselbe, was sie immer gemacht haben. Zum ersten Mal wird das aber auch breit so wahrgenommen. Natascha Strobl analysiert den Auftritt des Ex-Kanzlers nach seinem ersten Gerichtsverfahren.

Die Fakten sind klar: Der ehemalige Bundeskanzler Sebastian Kurz wurde vor Gericht in erster Instanz nicht rechtskräftig schuldig gesprochen, vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss eine Falschaussage getätigt zu haben. Sein Anwalt und er haben berufen und gehen in die nächste Instanz. So weit, so unstrittig. 

Neben der rechtlichen Ebene gibt es aber auch noch die Arena der öffentlichen Meinung. Hier greift die Litigations-PR. Litigations PR bezeichnet eine Form der Öffentlichkeitsarbeit, die vor, während und nach einem Prozess stattfindet. Es geht also darum, die öffentliche Meinung und damit eventuell das Urteil zu beeinflussen oder zumindest den Schaden für den eigenen Ruf zu begrenzen.

Genau diese Form der Öffentlichkeitsarbeit sehen wir nun bei Sebastian Kurz. Dieser Außenauftritt unterscheidet sich kaum vom Außenauftritt als Kanzler.

Die Opferrolle und der Angriff

Schon als Kanzler – und damit einer der mächtigsten Männer im Staat – hat Kurz sich gerne als Opfer finsterer Mächte präsentiert. Da betonte er trotzig, was er alles durchgestanden hat, wie seine Aussagen vor wenigen Jahren als rechtsradikal gegolten haben und wie er sich gegen alle Widerstände durchsetzen musste. Er raunte von Roten Netzwerken in der Justiz und machte nach seiner Abwahl gegen das Parlament Stimmung.

Aus dieser Opferrolle folgt immer die Legitimation für einen Gegenangriff. Einerseits gibt es viel Selbstbedauerung, andererseits wird das Gegenüber mit Vorwürfe und Anwürfen konfrontiert.

Auch jetzt ist es Kurz’ Hauptstrategie, eine politische Justiz anzudeuten. Andere in seinem Umfeld, etwa der ÖVP-Parlamentarier Martin Engelberg, sprechen von einer “politischen Attacke”. Auch die ehemalige Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger machte ihre Position in einer pseudo-offenen Aussage klar: “Es sei einmal dahingestellt, inwieweit sich der Richter hier politisch entschieden hat …”

All dies dient dazu, die Gerichte und Richter als befangen und unglaubwürdig darzustellen. Der Richter hätte andere Motive als die Rechtsprechung. Das ist ein direkter Angriff auf die Institution der Justiz.

Muddy the waters

Eine weitere Strategie ist es, das Wasser zu trüben. Das heißt, man macht eine Sache so unnötig kompliziert oder fügt ganz viele (irrelevante oder falsche) Details hinzu, sodass man am Ende gar nicht mehr weiß, um was es eigentlich geht.

Dies zeigt Kurz eindrucksvoll in der ZIB 2 vor, als er minutenlang diskutieren möchte, ob Armin Wolf das richtige Protokoll vor sich liegen und die Passage korrekt vorgelesen hat. In der schlechtesten Leseprobe aller Zeiten werden nun Buchstabe und Buchstabe und Satzzeichen für Satzzeichen die inkriminierte Passage vorgelesen.

Am Ende ist es derselbe Text. Aber so suggeriert Kurz, dass hier irgendwas nicht stimmt. Er legt den Fokus darauf, die Legitimation der Quelle in Frage zu stellen (dem von der Homepage heruntergeladenen Protokoll). Denn dann liegt er nicht auf ihm und seiner Falschaussage. 

Alles nur ein Versehen

Die dritte Säule der Litigations-PR ist die vorgeschützte Selbstsicherheit. Es müsse sich hier nur um ein grobes Versehen handeln, Kurz würde in nächster Instanz freigesprochen. Auch hier wird schon versucht, öffentlich Druck für den nächsten Prozess zu erzeugen. Diese exakte Strategie hat Kurz schon vor diesem Prozess gefahren, als er betonte, wie sehr er sich freue, dass er sich nun öffentlich verteidigen dürfte. Dies hat nicht so geklappt, wie er und sein Team sich das vorgestellt haben, also wird diese Strategie für die nächste Instanz weitergefahren.

Damit wird versucht, öffentlich einen Keil zwischen verschiedene Instanzen und Richter:innen zu stoßen. Der jetzige Richter hat wohl politisch geurteilt, aber wenn die nächste Richterin ihn freispricht, dann ist sie anders und zeigt damit, dass sie nicht politisch urteilt. Diese Strategie zeigt alle künftigen Richter:innen auch, was ihnen öffentlich blüht, wenn sie nicht in seinem Sinne urteilen. Dieses Freund-oder-Feind-Schema ist auch nicht neu in der aggressiven Rhetorik des Sebastian Kurz.

Wir sehen hier einen Sebastian Kurz wie er immer war. Vor wenigen Jahren galt er damit als Inbegriff des politischen Talents. Diese Litigations-PR sagt sehr viel über Kurz und sein Umfeld aus. Sie sagt aber auch viel über das Medienversagen in der Ära Bundeskanzler Kurz aus.

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