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Arbeitswelt

So wenig Frauen sitzen im Vorstand der größten österreichischen Unternehmen

So wenig Frauen sitzen im Vorstand der größten österreichischen Unternehmen
Noch immer gibt es kaum Frauen im Vorstand der größten österreichischen Unternehmen. 83 Männer und 6 Frauen stehen aktuell an der Spitze der Unternehmen. Es geht auch anders: Schweden, Frankreich und Polen setzen gerade jetzt auf gemischte Teams statt auf Tradition.
Wie verändern Unternehmen ihre Vorstände während Krisen? In Österreich bleibt der Anteil von Frauen an der Unternehmensspitze ähnlich wie vor Corona: extrem niedrig.

Es sind fast ausschließlich Fotos von Männern. Sie lachen einem entgegen oder schauen ernst in die Kamera. In ihrem Hintergrund stehen oft Unternehmenszentralen. Die Bilder sind auf den Webseiten der größten österreichischen Unternehmen zu finden. Es sind die der Chefs und Vorstandsmitglieder von Firmen wie dem Raiffeisen Konzern, der Post oder dem Kartonhersteller Mayr-Melnhof.

Was sie verdeutlichen: Frauen im Vorstand der größten österreichischen Unternehmen an der Börse sind eine Seltenheit. An ihrer Spitze stehen 83 Männer. Nur 6 weibliche Vorstandsmitglieder gibt es aktuell in den 20 ATX-Unternehmen.

Frauen im Vorstand sind immer noch sehr selten

Laut einer Studie des Beratungsunternehmens EY ist der Anteil von Frauen in den Geschäftsführungen zuletzt sogar leicht gesunken: Zwischen Jänner und August wurden neun zusätzliche männliche Vorstandsmitglieder aufgenommen. Aber keine Frau.

Dabei war der Frauenanteil im oberen Management schon in wirtschaftlich guten Zeiten sehr gering. Anfang des Jahres lag der Anteil bei an der Wiener Börse notierten Unternehmen nur bei 7,7 Prozent.

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Christina Wieser von der AK Wien beobachtet seit über zehn Jahren die Entwicklung in Österreich. “Im Vorstand gibt es immer noch eine männliche Monokultur”, sagt sie. An der Spitze der Unternehmen werde meist aus dem eigenen Netzwerk rekrutiert. Das heißt in der Praxis Mann mit Krawatte engagiert Mann mit Krawatte.

Im mittleren Management sind die Auswahlprozesse noch transparent, aber je höher die Position, desto informeller wird es, sagt Wieser.“Wenn es um die oberste Führungsebene geht, spielt Qualifikation nur mehr eine untergeordnete Rolle, vielmehr sind die richtigen Netzwerke entscheidend.” Männer stellen dann eher Männer in einer ähnlichen Altersgruppe ein. Hier habe sich in den letzten Jahren nichts verändert.

Krise führt zu Tradition statt Wandel

Die Daten fehlen noch, aber die Expertin vermutet, dass Führungsteams auch in der Krise wieder verstärkt Personen suchen, die zu den bereits bestehenden männlichen Zusammensetzungen passen. Oder wie es ein Manager in einer deutschen Studie einmal gesagt hat: “Das Geschlecht ist egal, wichtig ist, dass er zur Mannschaft passt.” Schwer zu sagen, ob das als Witz gemeint war.

Obwohl Unternehmen immer mehr den Wert und die Notwendigkeit von vielfältig zusammengestellten Teams erkennen, trauen sie sich keine Veränderung in dem obersten Management anzustoßen, so Helen Pelzmann von EY. Sie gibt halbjährlich den Mixed-Leadership-Report heraus. Keine Frauen im Vorstand zu finden, sei ein starkes Indiz für große Hindernisse beim beruflichen Aufstieg, und dass im Unternehmen “Tradition anstatt Wandel, Aufbruch und Fortschritt gelebt wird.”

Schweden, Frankreich und Polen setzen jetzt auf gemischte Teams

Während in Österreich die Entwicklung stillsteht, setzen Unternehmen anderer Länder gerade jetzt auf gemischte Teams. In den USA, Großbritannien, Schweden, Frankreich und Polen werden kontinuierlich vielfältigere Führungsteams aufgebaut.

In den USA hat fast die Hälfte der Unternehmen einen Frauenanteil über 30 Prozent in den Vorständen. In Großbritannien und Schweden sind es mehr als ein Drittel. Das ist gut für die Beständigkeit in Krisen, für den eigenen Erfolg – und für die Vorbildwirkung für andere Frauen. Unterschiedliche Gruppen im Vorstand führen zu einer positiven Veränderung der Teamdynamik. Kommt eine diverse Gruppe zu Entscheidungen, sind die Ergebnisse innovativer. Dazu gibt es viele Studien.

Es geht, auch in Österreich

In Österreich hat sich in den letzten Jahren in den Vorständen nicht viel verändert. Ganz im Gegensatz zum Anteil von Frauen in den Aufsichtsräten. Dort gibt es seit zwei Jahren in bestimmten Unternehmen eine Quotenregelung. Liegt der Frauenanteil unter 30 Prozent, müssen seit 2018 die Positionen mit Frauen nachbesetzt werden. Wenn nicht, bleibt der Platz im Aufsichtsrat leer. Auch wenn die Auflage aktuell nur für rund 70 bis 80 große und börsennotierte Unternehmen gilt: Die Quote zeigt langsam Wirkung. Mehr als jedes vierte Aufsichtsratsmitglied ist dort aktuell eine Frau.

Was haben die neuen Aufsichtsrätinnen verändert? Der Aufsichtsrat wurde jünger und höher qualifiziert. Und die Unternehmenskultur verändert sich, wenn das Team diverser ist.

Die AK fordert auch eine Quote für Vorstände. Ein Drittel sollten mindestens Frauen sein, wenn der Vorstand aus mindestens drei Personen besteht. Denn: Nur mit Freiwilligkeit funktioniere es anscheinend nicht. In Österreich ist es nach wie vor eine Ausnahme, auch nur eine Frau in der Geschäftsführung großer Unternehmen zu sehen.

Die Anregung zu dieser Recherche kommt von einem Bericht von AllBright. Die gemeinnützige Stiftung mit Sitz in Berlin und London setzt sich für mehr Frauen und Diversität in den Führungspositionen der Wirtschaft ein.

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