Diktator für einen Tag – Das hat Donald Trump am ersten Tag getan

Was ist ein präsidiales Dekret oder “executive order”?
Kurz gesagt: Ein Dekret ist eine verbindliche Anordnung des Präsidenten. Sie durchlaufen nicht den üblichen Gesetzgebungsprozess des US-Kongresses, müssen aber von der Verfassung gedeckt sein. Das heißt, sind sie verfassungswidrig, können Gerichte sie aufheben lassen. Kritiker:innen weisen immer wieder auf die Gefahr hin, dass Dekrete dazu genutzt werden können, den Kongress zu umgehen.
Es ist üblich, dass Präsidenten bei Amtsantritt Dekrete unterzeichnen. Neu ist allerdings die große Menge, die Trump gleich an seinem ersten Tag unterschrieben hat.
Notstand an Grenze zu Mexiko
Per Dekret rief Trump nur wenige Stunden nach seiner Amtseinführung den Notstand an der Grenze zu Mexiko aus. Damit will er umsetzen, was er im Wahlkampf schon angekündigt hatte: eine noch härtere, menschenfeindliche Migrationspolitik. Seine Anordnung: Die Grenze zu Mexiko soll durch die US-Armee überwacht werden, Millionen Migrant:innen ohne Aufenthaltsberechtigung sollen abgeschoben werden. Das alles macht er ohne Rücksicht auf Verluste. Denn der erklärte Notstand hilft ihm dabei, im Land befindliche Leute festzusetzen, ohne ihrem gesetzlichen Schutz der Verfassung folgen zu müssen.
Außerdem soll die vielfach kritisierte Mauer an der mexikanischen Grenze, die er in seiner ersten Amtszeit begann, weitergebaut werden. Das und die millionenfachen Abschiebungen kosten Milliarden und es braucht entsprechend Personal, warnen die Behörden.
Die APP CBP One, mit der Asylsuchende Beratungstermine vereinbaren konnten, wurde offline genommen und bestehende Termine abgesagt.
Aus für Geburtsrecht
Bereits im Wahlkampf angekündigt und jetzt Realität: die Abschaffung des Geburtsrechts. Bisher galt, wer in den USA zur Welt kommt, besitzt automatisch die Staatsbürgerschaft der Vereinigten Staaten. Damit soll jetzt Schluss sein, wenn es nach Trump geht. Er will damit vor allem gegen Kinder illegaler Einwanderer:innen vorgehen.
Bürgerrechtsorganisationen haben bereits Klagen dagegen angekündigt. Diese Frage wird also noch das Verfassungsgericht beschäftigen. Das oberste Gericht des Landes machte bisher keinen Unterschied, ob Eltern legal oder illegal in den USA waren. Nachdem es unter Trumps erster Amtszeit aber bereits deutlich nach rechts gerückt ist, könnte es die Verfassung diesmal tatsächlich anders auslegen.
Energienotstand
Einen Notstand rief er auch im Energiesektor aus. Damit will er die heimische Energieproduktion unterstützen und Energiekosten für Verbraucher:innen und die Industrie senken. Was er damit aber wirklich meinte, machte er mit den Worten “Drill, Baby, Drill” klar.
Fossile Energien sollen ein Comeback feiern. Billige Energie und private Gewinne der fossilen Konzerne auf Kosten von Planet und Umwelt ist die Devise. Dafür soll auch künftig wieder vor den Küsten der USA und auf Land, das dem Bund gehört, gebohrt werden dürfen. Sein Vorgänger Joe Biden hatte das per Dekret erst kürzlich verboten.
Damit sind wohl auch Naturschutzgebiete in Zukunft nicht mehr sicher vor Ausbeutung und Zerstörung.
Schwerer haben es die erneuerbaren Energien unter Präsident Trump. Ein weiteres Dekret ordnete nämlich an, Genehmigungen für Off-Shore Windparks neu zu überprüfen.
Austritte so weit das Auge reicht
Das Pariser Klimaabkommen bezeichnete Trump als Abzocke und Wettbewerbsbenachteiligung für die USA. Es verwundert also kaum, dass der Klimakrisenskeptiker Trump, wie bereits während seiner ersten Amtszeit, den Ausstieg aus dem Abkommen mit seiner Unterschrift besiegelte. Damit schwächt er nicht nur die nationalen Klimaschutz-Ambitionen, sondern auch die internationale Klimapolitik. Große Emittenten wie China könnten nachziehen und ihre Klimaziele ebenfalls zurückfahren. Ein Dominoeffekt, der zu einem gefährlichen Stillstand bei der Bekämpfung des Klimawandels führen könnte. Eine weitere Verzögerung, die wir uns nicht mehr leisten können.
Neu ist der Austritt aus der Weltgesundheitsorganisation WHO. Die hohen Kosten für die USA im Vergleich zu China bezeichnete er als Abzocke. Hauptgrund für den Rückzug sei jedoch das Management der Corona-Pandemie und anderer internationaler Gesundheitskrisen. Trump hat gerade in Zeiten der Pandemie Falschnachrichten verbreitet und umgibt sich nach wie vor mit Verschwörungsgläubigen. So auch Robert F. Kennedy Jr., der Impfgegner ist und unter Trump Gesundheitsminister werden soll.
Bereits während seiner ersten Amtszeit kündigte er an, aus der WHO austreten zu wollen. Dazu kam es jedoch nicht mehr, da Joe Biden die US-Wahlen im November 2020 gewann und diese Ankündigung an seinem ersten Tag im Amt rückgängig machte.
Immunität für alle
Gegen 1.500 Personen wird und wurde im Zusammenhang mit dem Angriff auf das US-Kapitol am 6. Jänner 2021 ermittelt. Einige davon fassten bereits hohe Haftstrafen aus. Auch Donald Trump selbst wurde angeklagt. Er soll wesentlich dazu beigetragen haben, den Sturm auf das Kapitol am 6.1.2021 anzuzetteln. Vor den Konsequenzen hat ihn seine Wiederwahl gerettet. Im Falle einer Verurteilung hätte ihm eine jahrzehntelange Haftstrafe gedroht.
Diese Rettung möchte er jetzt auch seinen treuen Gefolgsleuten zukommen lassen. Unter ihnen die Anführer und viele weitere Mitglieder der Proud Boys und der Oath Keepers. Rechtsradikale Milizen, die sich mit besonders schweren Straftatbeständen konfrontiert sahen. 22 beziehungsweise 18 Jahre Haft hätten die Anführer dieser Gruppen absitzen müssen. Nun kommen sie wieder auf freien Fuß und sind mittels Dekret vollständig begnadigt.
Nur mehr zwei Geschlechter
Auch der Diversität geht es unter Trump an den Kragen. Künftig werden in den USA nur mehr zwei Geschlechter anerkannt. Dass es mehr Vielfalt beim Menschen gibt, wird gegen die wissenschaftliche Beweislage geleugnet und verboten. Das Thema und der Kampf gegen eine ohnehin bereits oft attackierte, marginalisierte Minderheit sind im Kulturkampf der Rechtsextremen weltweit groß.
Das Dekret zielt stark auf trans* Frauen ab. Es betrifft allerdings alle trans* Personen in den USA. Denn die Identität eines Menschen wird nur noch mittels Geschlechtszellen definiert.
Bereits vor Trump war die Situation für trans* Menschen in den USA schwierig. Mit seiner Rückkehr und den nun unterzeichneten Dekreten werden eine Reihe weiterer Diversitätsprogramme eingestellt, die die Situation weiter verschärfen und zu weiteren Diskriminierungen führen dürften.
Unangenehme öffentlich Bedienstete entlassen
Trump ordnete sein Team an, mehr als 1.000 ehemalige Mitarbeiter:innen der Biden-Regierung zu entlassen, die nicht mit seiner Vision übereinstimmen.
Entwicklungshilfe wird pausiert
Sparen will Trump auch bei der US-Entwicklungshilfe. Mit 61 Milliarden Euro sind die USA nach der EU mit 95,9 Milliarden Euro der zweitwichtigste Geldgeber weltweit. Bis die Effizienz und die Übereinstimmung mit der US-Außenpolitik geklärt sei, pausiert er diese vorübergehend für 90 Tage. Bereits während seiner ersten Amtszeit kündigte Trump Kürzungen in der Entwicklungshilfe an. Begründung: Die USA sollen nicht für andere Menschen zahlen, sondern nur für ihre eigenen Leute. Die Länder Afrikas bezeichnete er als “Dreckslöcher”. Für die weitere Finanzierung der Entwicklungshilfe hätte ein Ausstieg schwerwiegende Folgen. Die USA und ihre Konzerne haben natürlich historisch von der Ausbeutung der Ressourcen und Menschen aus afrikanischen Länder massiv profitiert.
Globale Mindeststeuern – nicht mit Trump
Mit fast 140 Ländern wurde unter der Biden-Regierung ein Mindeststeuersatz von 15 Prozent ausverhandelt. Der sollte verhindern, dass international agierende Konzerne ihre Gewinne in Steueroasen bunkern und dafür sorgen, dass sie zumindest einen kleinen Teil zur Allgemeinheit beisteuern. Dieses Abkommen hat laut Trump nun “keine Kraft oder Wirkung” mehr. Es ist ein Schritt gegen Steuergerechtigkeit und zur Erleichterung von Steuervermeidung von Großkonzernen und Überreichen.
TikTok aus, TikTok an
Mehrere Stunden war TikTok vergangenen Sonntag in den USA offline. Kurz darauf erschein bei dem Öffnen der APP eine Push-Nachricht. Darin bedankte sich der APP-Betreiber bei Trump persönlich dafür, dass der Dienst wieder online ist.
Trump, der wohl nicht auf TikTok verzichten wollte, hatte sich wohl schon vor seiner offiziellen Amtseinführung dafür eingesetzt. Nun sicherte Trump auch per Dekret TikTok 75 Tage mehr Zeit zu, um einen Deal zu verhandeln. Gegenstand der Verhandlung: Ein US-Gesetzt sieht vor, dass sich TikToks chinesische Eigentümer Bytedance von einem Teil des Geschäfts trennen muss, um weiterhin in den USA verfügbar zu bleiben. Trump will einen Anteil von 50 Prozent an der App in US-Besitz bringen. Das lehnte der chinesische Konzern aber bisher ab.
Das Verbot von Tiktok wollte Trump in seiner ersten Amtszeit übrigens noch selbst erreichen.
Und sonst?
Die Redefreiheit. Geht es nach Trump, ist sie wieder gesichert. Mittels Dekret stellte er sicher, dass freie Meinungsäußerung auf Online-Plattformen nicht mehr eingeschränkt wird und die “staatliche Zensur” damit ein Ende hat. Eine staatliche Zensur gab es natürlich nie. Seine Tech-Bros wird es aber freuen, die sich so Geld für die Moderation von Falschinformationen und Hasspostings auf ihren Plattformen sparen.
Ein Comeback feiert auch die Todesstrafe unter Donald Trump. Nachdem er bereits in seiner ersten Amtszeit 13 Menschen auf Bundesebene hinrichten lies – so viele wie kein anderer in jüngster Vergangenheit – gab es unter Joe Biden seit 2021 einen Stopp. Mit Trump wird dieser wieder aufgehoben.
Was (noch) nicht gekommen ist
Er werde den Ukraine Krieg an seinem ersten Tag im Amt beenden. Von diesem Versprechen ist nicht viel übergeblieben. Außer dass er die Milliardenhilfen für die Ukraine einstellen möchte, ist kein weiteres Vorgehen bekannt, wie er seinen großen Worten Taten folgen lassen will. Seine Berater:innen wiesen aber erst vor kurzem darauf hin, dass eine Einigung wohl erst frühestens in ein paar Monaten möglich wäre.
Damoklesschwert Importzölle: Zumindest an Tag eins machte er diese Drohung nicht wahr. Immer wieder hatte er Importzölle von bis zu 25 Prozent für Waren aus Mexiko und Kanada angekündigt. Vom Tisch sind diese Drohungen aber nicht.“Ich denke, wir werden es am 1. Februar tun”, kündigte Trump nach seiner Angelobung an. Was aus den Zollandrohungen gegenüber China und der EU wird, bleibt unklar.
Lange hielt es nicht. Erst vor kurzem hatten Biden veranlasst, dass Kuba nicht mehr als Terrorunterstützer bezeichnet wird. Mit Amtsantritt von Trump ist das wieder hinfällig. Er geht zurück auf Konfrontationskurs und setzt den Inselstaat wieder auf die Liste der Terrorunterstützer.
Was?
Eher skurril mutete Trumps patriotischer Namensfetisch an. Zwar (noch) nicht umgesetzt, aber immer wieder erwähnt wurden Forderungen nach diversen Umbenennungen. So soll der Golf von Mexiko in Zukunft in Golf von Amerika unbenannt werden. Auch der höchste Berg Nordamerikas ist Zielscheibe des Kriegs um die Namenshoheit. Unter Obama wurde der Mount McKinley als Zeichen kultureller Sensibilität gegenüber der indigenen Bevölkerung Alaskas unbenannt in Denali. Das möchte Trump nun wieder rückgängig machen.
Auch Panama und Grönland sind Teil von Trumps Tagträumen. Sowohl den Panamakanal als auch die gesamte Insel Grönland – Teil von Dänemark – will Trump sich nämlich einverleiben. Dazu schickte er erst kürzlich seinen Sohn Donald Trump Junior zu einer Stippvisite auf die Insel im Atlantik, wo er Obdachlose für sich klatschen ließ.
Ganz nach dem Motto Dream Big sind auch Trumps Pläne im All. Der bekennende Imperialist Trump möchte nämlich auch möglichst bald die US-Flagge auf dem Mars hissen. Von Musk gab es dafür zwei Daumen hoch. Dass es in den nächsten vier Jahren passiert – unwahrscheinlich.
Es ist anzunehmen, dass das nicht die letzten Dekrete und nicht die letzten bedenklichen Maßnahmen sein werden, die er unterzeichnete. Und so skurril sich manche seiner Forderungen auch anhören mögen, gefährlich sind sie alle auf ihre Art und Weise.