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Demokratie

Musk und Weidel: Der Angriff der Kommunistennazis

Musk und Weidel: Der Angriff der Kommunistennazis
Credits: Sandro Halank, CC BY-SA 4.0 The Royal Society, CC BY-SA 3.0
War Hitler eigentlich ein Kommunist? Das Gespräch zwischen Elon Musk und Alice Weidel zeigt: Das Zeitalter der Lügen startet 2025 mit voller Kraft durch.

Nein, die Nazis waren keine Kommunisten.

Die Arbeit als Journalist bedeutet mittlerweile, sich jeden Tag für immer absurdere Nachrichten zu wappnen. Dass ich aber jemals eine ernsthafte Klarstellung zu Kommunistennazis schreiben muss? Darauf haben mich selbst die vergangenen Jahre nicht vorbereiten können.

Und die haben meinem Berufsstand diesbezüglich viel abverlangt – man denke an die erste Amtszeit Trumps, Stichwort “alternative facts” oder den Kampf gegen Verschwörungsmythen während Corona. Die Dämme haben damals kaum gehalten. Mittlerweile scheinen sie nicht nur gebrochen. Desinformation wird uns mit Wasserwerfern in die Hirne gesprüht. Plumpe Lügen werden als Fakten abgefeiert.

Ein Grund: Money talks.

Musk und Weidel: Rechtsextreme unter sich

Der 9. Jänner war für die rechtsextreme deutsche AfD ein Feiertag. Ihre Chefin, Alice Weidel, wurde vom mittlerweile ebenso rechtsextremen Überreichen Elon Musk zum Gespräch geladen. Musk hatte sich zuvor schon als Fan der Partei geäußert, durfte als solcher einen Gastbeitrag über die AfD in der deutschen “Welt” schreiben. Immerhin: Das Machwerk – das, wie passend, mutmaßlich von einer KI verfasst wurde – hat innerhalb der “Welt” für Aufregung gesorgt. Doch die “Bild Zeitung” für Menschen, die sich zu gut zum “Bild” lesen sind, hat ihn dennoch gebracht.

Im Gespräch mit Weidel wollte Musk nun zeigen, wie “normal” die Positionen der AfD eigentlich sind. Gemeinsam tauschten sie Lügen und Halbwahrheiten aus. Eindeutiger Höhepunkt: “Hitler war ein Kommunist”, sagt Weidel. Kein Einwand von Musk.

Schachmatt an alle Historiker:innen, die sich je mit dem Nationalsozialismus beschäftigt haben. Die Erklärung: Die Nazis hätten ja “Sozialismus” im Namen. Worüber man gerne ausgiebig lachen würde, ist übrigens eine gar nicht so selten vorgetragene Meinung – besonders in der amerikanischen Rechten.

Ja, Geschichte ist oft nicht so eindeutig, wie wir sie gerne hätten – genauso wie politische Zuschreibungen. Dass die Nazis links oder gar Kommunisten gewesen wären, ist aber selbstverständlich eine Lüge. Es ist ausnahmsweise nicht kompliziert.

Einfach ignorieren? Schön wärs!

Warum wir diese irrsinnige Behauptung nicht einfach abtun können? Weil sie nicht irgendwer getätigt hat. Weidel ist immerhin Spitzenkandidatin der in Umfragen zweitstärksten Partei Deutschlands. Und Elon Musk einer der reichsten Menschen unserer Zeit, der sich politisch immer mehr Einfluss kauft.

Was Musk mit seiner Twitter-Übernahme begonnen hat, setzt er mit der Schatten-Präsidentschaft in den USA fort. Seinen Blick und Einfluss hat er längst auf Europa geworfen. Man werde mit seinem Geld aus dem Kontinent eine populistische Oase machen, prophezeit der ehemalige Trump-Berater Steve Bannon. Musk ist schon mittendrin – auch in Italien mischt er bereits mit. Russland wird sich noch wundern, was in Sachen Desinformation alles möglich ist.

Der Kniefall vor Donald Trump

Gleichzeitig sind wir an einem Punkt angelangt, an dem solchen Lügen kaum noch etwas entgegengehalten wird.

Im Gegenteil. So hat etwa Meta, das Mutterunternehmen von Facebook, Instagram und WhatsApp, verkündet, dass es wieder für “mehr Meinungsfreiheit” einstehen werde. Für den Kniefall vor dem künftigen US-Präsidenten Donald Trump hat sich sogar Gründer Mark Zuckerberg vor die Kamera bequemt. Da saß nun also der drittreichste Mensch der Welt (man erkennt ein Muster) mit seiner 900.000 Dollar-Uhr und erklärte uns, dass man endlich gegen die ausufernde “Zensur” vorgehen würde.

Was das unter anderem bedeutet? Man darf Frauen wieder als Haushaltsgeräte bezeichnen, queeren Menschen psychische Krankheiten unterstellen und generell einfach mehr beleidigen. Genau davon brauchen wir aktuell mehr. Community-Manager:innen weltweit haben einfach noch nicht genug gelitten.

Das Tüpfelchen auf dem i: Fact-Checks werden abgeschafft. Sie waren politisch zu befangen. Fakten waren Zuckerberg zu links. Die Ironie darin, sie wird vielen verborgen bleiben. Wie immer geht es dabei ums Geschäft. Zuckerberg will es sich, wie andere Reiche, nicht mit Trump verscherzen. Und übt sich in vorauseilendem Gehorsam.

Parallelgesellschaften mit Parallelmedien

Ist das nicht eh schon egal? Schließlich befinden sich Teile der Gesellschaft ohnehin in medialen Parallelwelten, geschaffen von Politik und viel zu reichen Menschen. Längst haben sich auch hierzulande Medien etabliert, die uns mit Lügen füttern. Und der FPÖ dabei helfen, über ihre eigene Medienwelt zu herrschen. Es ist eines der vielen Puzzleteile der FPÖ-Machtergreifung. Endlich einmal eine Entwicklung, bei der das kleine Österreich vorne mit dabei ist!

Doch soziale Medien werden als Informationsquellen immer wichtiger. Und wir betreten dort zumindest teilweise noch so etwas wie gemeinsamen Boden. Ein Boden, der jetzt noch vergifteter wird. Auf dem Lügen besonders gut wuchern können und alles Unsagbare wieder sagbar wird.

Die Lüge ist eine Tochter der Zeit

Natürlich, die eine, allgemeingültige Wahrheit gab es ohnehin nie. Genauso wie es komplett unabhängige und objektive Medien nie geben kann. Man kann sich dem nur annähern. Was man dazu aber braucht, sind Fakten. Die werden jetzt brutal geopfert. Auch auf dem Altar des Profits. Es ist wahrlich keine neue Entwicklung. Aber die Wiederwahl Trumps mit Musk im Schlepptau scheint ein Fass zum Überlaufen gebracht zu haben.

Gewinner sind diejenigen, die keine Scham empfinden und sich ihre eigenen Tatsachen basteln. Und sie dazu benutzen, um Menschen emotional einzufangen. In beidem ist die neue Kanzlerpartei allen anderen weit voraus.

Auf eine Rettung durch die Kommunistennazis können wir uns wohl nicht verlassen. Das müssen wir schon selbst schaffen.

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    Kommentare 2 Kommentare
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  • MaladyQuarter
    14.01.2025
    Ich muss sagen, diesen Trend die Realität auszublenden verfolge ich schon des längeren. Es ist erschreckend. Selbst South Park hat das schon vor Jahren auf den Punkt gebracht als sie "Reality" von Butters erschießen ließen (Safe Space).
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  • frizzdog
    13.01.2025
    worüber wir uns immer hinwegtäuschen: jene leute, die man "das volk" nennt, WOLLEN das! abgesehen von deren abenteuerlichen aussagen an biertischen oder in straßeninterviews scheint es einen masochistischen zug zu geben, genau das zu wählen, was einem am meisten schadet (aktuelles beispiel: "reduktion der lohnnebenkosten")
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