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Demokratie
Fortschritt

Social Media-Alternativen boomen: Wieder große Abwanderung von X zu Bluesky und Mastodon

Social Media-Alternativen boomen: Wieder große Abwanderung von X zu Bluesky und Mastodon
Ob X, Facebook oder Tiktok. Die Probleme mit Sozialen Medien, hinter denen Milliardäre, große Konzerne oder sogar autoritäre Staaten stecken, werden immer offensichtlicher. Aber es gibt Alternativen. Ob Mastodon, Bluesky oder andere Dienste. Das Fediverse wird immer populärer und vielfältiger.

Seit Tagen gibt es wieder einmal einen großen Schwung bei der Abwanderung von Nutzer:innen von der Plattform X. Für viele Menschen bringen wieder einige Tropfen das Fass zum Überlaufen. Dazu gehören, dass die Plattform die Inhalte ihrer Nutzer:innen nun für KI-Trainingszwecke benutzt. Und natürlich, dass Eigentümer Elon Musk dem rechtsextremen Donald Trump zum Wahlsieg verholfen hat und jetzt eine große Rolle in dessen Politik spielt.

Die Probleme mit „Social Media“

Der Niedergang des ehemals als „Twitter“ bekannten Dienstes, ist eine Mahnung. Er zeigt wie wichtig auch bei Sozialen Netzwerken ist, wie sie betrieben werden. Gewinnorientierte, privatwirtschaftliche Unternehmen sind anfällig für die Launen und Interessen von Überreichen und Konzernen. Und damit auch für deren politische Vorstellungen.

Sie sind außerdem darauf ausgerichtet, unsere Daten möglichst gut auszuspähen und uns möglichst viel Werbung auszuspielen. Die Pandemie von Desinformation, spaltenden und hasserfüllten Inhalten, die politisch wiederum rechtsextremen Parteien überall nützen, hat auch damit zu tun, dass sie der Werbeindustrie besonders gute Dienste erweist – und jenen, die davon leben. Das ist bei anderen Diensten, wie Facebook, Instagram, Threads oder Tiktok nicht wirklich wesentlich anders, als bei X.

US-Dienst Bluesky: Wieder 700.000 neue Nutzer:innen

Es gibt aber Alternativen. Und diese Dienste, die einen neuen, demokratischeren Zugang versprechen, werden in den vergangenen Jahren immer populärer. Die in den USA entwickelte Plattform Bluesky startete Ende vergangenen Jahres. Sie hat zum Beispiel allein seit der US-Wahl etwa  700.000 neue Nutzer:innen dazu gewonnen. Die Taylor Swift-Fangemeinde in den USA hat ihn zuletzt für sich entdeckt.

Bluesky funktioniert grundlegend ähnlich wie X, macht aber einiges anders und verspricht noch mehr. Die versprochene Dezentralisierung (etwas weiter unten mehr dazu, was das bedeutet und warum es wichtig ist) ist allerdings auf Bluesky bei weitem noch nicht umgesetzt. In der Bedienung gibt es aber zumindest mehr Kontrolle für die Nutzer:innen. Eine gewisse Skepsis zu bewahren, ist angebracht. Die Entwickler:innen mögen ehrenhafte Absichten haben, aber auch hinter Bluesky stecken große Investor:innen. Wie der Dienst sich langfristig finanziert und was das dann für seine Entwicklung bedeutet, ist noch völlig ungeklärt. 

Mastodon: Aus Europa und einige Schritte weiter

Gerade zwar nicht im Fokus von Swifties ist das aus Europa stammende Projekt Mastodon (Was ist Mastodon?). Aber ansonsten ist es schon einige Schritte weiter als Bluesky. Und es geht auch als Organisation einen merkbar anderen Weg. Die Entwicklung wird von einem gemeinnützigen Verein betrieben. Der hat auch bereits große Investitionsangebote ausgeschlagen, um unabhängig zu bleiben.

Schon seit vielen Jahren bietet Mastodon damit beständig immer mehr Menschen einen neuen Hafen, wenn sie nach besseren Social-Media-Plattformen suchen. Sehr viele unterschiedliche Menschen und Organisationen betreiben bereits eigene Server. So sichern sie die Unabhängigkeit des ganzen Dienstes und funktionieren zusammen als großes Netzwerk. Wenn dir an einem Server etwas nicht gefällt, kannst du sehr einfach auf einen anderen wechseln. Viele der Server finanzieren sich über Spenden. Das alles schafft Anreize, den Dienst und Betrieb nicht gegen den Willen der Nutzerschaft zu entwickeln. 

Auch MOMENT.at betreibt einen solchen Server. Wenn du Mastodon eine Chance geben möchtest, kannst du das gerne bei uns tun. Mehr Infos, wie das geht, findest du hier.

Demokratischere soziale Medien: Das Fediverse

Mastodon gehört zum sogenannten „Fediverse“. Das sind eben Dienste, die „dezentral“ oder „föderiert“ betrieben werden können. Das heißt einfach nur: Bei den heute großen Diensten betreibt ein Anbieter den einzigen großen Server. Im Fediverse kann jede:r entweder einem bestehenden Servern beitreten oder  sogar einen eigenen starten. Die gehören dann alle zusammen zum Netzwerk dazu, aber User:innen können sich entscheiden, welche ihnen aufgrund ihrer Region, ihrer Themen oder ihrer Regeln am besten gefallen. Und wenn es nicht passt, kann man mit wenigen Klicks in eine neue Heimat umziehen.

Diese Struktur sorgt dafür, dass schon die Möglichkeiten, im großen Ausmaß Daten über Nutzer:innen zu sammeln oder Werbung auszuspielen, viel begrenzter sind (und es ist bei den meisten Betreiber:innen auch nicht das Ziel). Auch kommerzielle Anbieter versuchen diesen Zug nicht ganz zu verpassen. Meta verspricht etwa bei „Threads“ eine Anbindung an das Fediverse zu schaffen (bisher ist sie noch nicht voll verwirklicht). 

Auch Alternativen zu Instagram, Tiktok und anderen Diensten

Neben Mastodon als der bisher wichtigsten, wirklichen „Twitter-Alternative“ gibt es auch Dienste, die ähnlich wie Instagram (Pixelfed), Facebook (Friendica) oder Youtube (Peertube) funktionieren. Auch für Reddit (Lemmy) und sogar für die Literatur-Plattform Goodreads (Bookwyrm) gibt es Alternativen. Mit Loops ist derzeit auch eine Tiktok-Konkurrenz in Entwicklung. All diese Dienste sind noch unterschiedlich gut und weit in ihrer Entwicklung fortgeschritten.

Oft können sie aber sogar miteinander sprechen. Man kann dann etwa auf Mastodon den Inhalten eines Pixelfed-Accounts folgen. Das geht, weil diese Dienste sie auf derselben Technik aufbauen. Auch das ist nicht nur ein großer Unterschied zu kommerziellen Netzwerken, sondern jedenfalls bisher auch zu Bluesky.

Wir empfehlen, diesen Plattformen eine Chance zu geben. Auch wenn du vielleicht jetzt noch nicht endgültig dort landen willst, zeigen sie, dass eine bessere Zukunft im Internet möglich ist – und wir nicht den Launen von Mark Zuckerberg, Elon Musk & Co ausgeliefert bleiben müssen.

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    Kommentare 2 Kommentare
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  • Suzi Q.
    13.11.2024
    DIASPORA* war mMn das erste Fediverse, das heute noch immer existiert. Übrigens: Es heißt föderiert, nicht föRderiert, auch wenn dabei Daten beföRdert werden ;-)
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    • Tom Schaffer
      13.11.2024
      Alles korrekt. (Wobei über die Phrase "immer noch existiert" bei den paar Tausend aktiven Benutzer:innen weltweit ein gewisser Interpretationsspielraum herrscht.) Ich hab mich da auch 2010 gleich angemeldet, als es damit losging, die damals "offizielle" Instanz existiert aber offenbar überhaupt nicht mehr.