print print
favorites-circle favorites-circle
favorites-circle-full favorites-circle-full
Ungleichheit
Kapitalismus

Wer von der Vermögenssteuer profitiert? Die Reichen!

Millionär:innen und Milliardär:innen besitzen hierzulande geschätzt 430 Milliarden Euro. Dieses Vermögen wird in Österreich praktisch nicht angegriffen. Viele Reiche wehren sich mit Händen und Füßen dagegen, dass sich das ändert. Dabei könnte eine Vermögenssteuer ihnen ermöglichen, noch reicher zu werden. Ein Kommentar.

Wer reich ist, hat’s offenbar schwer. Ständig wollen alle an dein Geld, vor allem der Staat. Reiche müssen viel Steuern zahlen: auf ihr hohes Einkommen, den Kauf des neuen Porsche, und vielleicht kommt bald noch eine Sondersteuer auf Flüge im Privatjet. Das stimmt und das ist gut und richtig so. Doch an einer Stelle gibt es einen großen blinden Fleck, der inzwischen aber kaum mehr übersehen werden kann.

Was ist eigentlich mit den gigantisch hohen Vermögen von Millionär:innen und Milliardär:innen? Das sind in Österreich aktuell nur 169.000 Menschen. Sie besitzen umgerechnet fast 430 Milliarden Euro. So steht es im aktuellen World Wealth Report des Beratungsunternehmens Capgemini. Als Zahl sieht das so aus: 430.000.000.000 Euro. Dieses Vermögen wird in Österreich praktisch nicht angegriffen.

Reiche verlieren durch Vermögenssteuer nichts

Viele Vermögende wehren sich mit Händen und Füßen dagegen, dass sich das ändert. Steuern auf Vermögen – und seien sie noch so einstellig – lehnen sie ab. Ganz nach dem Motto: Was meins ist, bleibt meins. Doch wer reich ist und so denkt, schadet sich selbst. Denn von einer Reichensteuer profitieren auch und besonders: die Reichen. Verlieren würden sie so gut wie nichts.

Eine Steuer von 2 Prozent auf die wirklich großen Vermögen, die Millionen und Milliarden in Händen einiger weniger, würde diese nicht einmal weniger reich werden lassen. “Sie würden diese Steuer gar nicht spüren”, sagte der dänische Multimillionär Djaffar Shalchi jüngst zu MOMENT.at. Er fordert selbst höhere Steuern für reiche Menschen wie ihn selbst. Der Linzer Sozioökonom Jakob Kapeller berechnete zahlreiche Modelle zur Vermögenssteuer und sagt: “Wer sein Vermögen einigermaßen gewinnbringend anlegt, wird es noch immer weiter vergrößern.”

Die immer stärkere Konzentration des Reichtums ganz oben, werde mit einer Reichensteuer nicht aufgehalten, so Kapeller. Große Vermögen wuchsen seit 2015 im Schnitt um mehr als 5 Prozent im Jahr. In Europa sind Millionär:innen und Milliardär:innen in den vergangenen Jahren um ein Drittel reicher geworden – trotz Krise. Die Reichensteuer würde nur ein wenig von diesem Gewinn abschmelzen.

Die Vermögenssteuer könnte den Reichen vielmehr ermöglichen, noch reicher zu werden.

Denn was braucht es, um gut zu wirtschaften und Profite zu erzielen? Zum Beispiel Straßen und Schienen, auf denen Waren schnell hin und her transportiert werden können. Gut angebundene Ortschaften, auch die entlegenen. Stromleitungen und Glasfaserkabel, die den Energiehunger von Unternehmen stillen und schnelle Kommunikation ermöglichen. Eine funktionierende Verwaltung, die sich etwa schnell um neue Bauvorhaben kümmert. Ein Rechtssystem, das Unternehmen und Einzelpersonen bei Problemen schützt.

Wohlhabend wurden Länder mit einem starken Sozialstaat

All das fällt nicht vom Himmel. Sondern all das finanziert der Staat – aus Steuereinnahmen. Und nicht nur das: Wer gute Mitarbeiter:innen an seinen Standort haben möchte, freut sich, wenn es Schulen und Universitäten gibt, die ihnen fähige Menschen quasi vor die Tür stellen. Ein gut ausgebautes Gesundheitssystem hilft, sie länger im Job zu halten. Forschung, die der Wirtschaft zugute kommt, wird vor allem an staatlichen Hochschulen geleistet. Der Staat fördert alle möglichen Investitionen und schubst Start-Ups an.

Nicht zuletzt Kulturveranstaltungen, eine aufgeräumte Stadt und sichere Straßen wirken anziehend. Die Vergangenheit zeigt: Wohlhabend wurden vor allem Länder, die einen starken Sozialstaat entwickelten, in dem auch große Vermögen versteuert werden mussten. Wo ein Auffangnetz da ist, wo Versorgung garantiert wird, kann sozialer Friede gesichert werden.

Wo sozialer Friede herrscht, “dürfen” Reiche auch reich sein. Wo dagegen Unzufriedenheit, Unsicherheit, Armut und Gewalt herrschen, sind die Reichen nicht sicher. Klar können sie sich hinter hohen Mauern einschließen und mit Begleitschutz ihre Reichen-Ghettos verlassen, wie es in manchen Ländern tatsächlich schon der Fall ist. Aber wer will so leben?

Wenn die Gewinnmöglichkeiten, die eigene Lebensqualität und vielleicht sogar Sicherheit bedroht sind, spätestens dann wird auch der knausrigste Reiche merken, dass der Blick auf den Kontostand oder die Assets auf den Bahamas das nicht ausgleichen können. Der Preis, den sie mit einer Reichensteuer zahlen müssten, ist dagegen verschwindend niedrig.

    Neuen Kommentar hinzufügen

    Kommentare 0 Kommentare
    Kommentar hinzufügen

    Neuen Kommentar hinzufügen

    Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Beitrag!