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Klimakrise

Klimaschutz hat viele Vorteile: Wie die Gesellschaft von Nachhaltigkeit profitieren würde

Klimaschutz hat viele Vorteile: Wie die Gesellschaft von Nachhaltigkeit profitieren würde
Mehr grün, weniger Beton, Verkehr und Abgase. Das wäre eine Folge von Klimaschutz. Foto: Agung Pandit Wiguna
Saubere Luft, grünere Städte, gesündere Menschen. Klimaschutz hat viele Vorteile - über die Eindämmung der Klimakrise hinaus. Wie könnte Österreich mit ökosozialer Klimapolitik aussehen?

2015 haben sich 197 Staaten zum Ziel gesetzt, die Erderhitzung auf bestenfalls 1,5 Grad, jedenfalls deutlich unter 2 Grad einzudämmen. Kein Land ist auf dem richtigen Pfad, um dieses Ziel einzuhalten und die Zeit wird knapp. Darum geht es unter anderem beim Weltklimagipfel COP28. Und darum, wie die Staaten dieses Ziel doch noch erreichen können. 

Viele wehren sich noch immer gegen notwendige Schritte. Mit teils mehr als fragwürdigen “Argumenten”. Es würde uns in die Steinzeit zurückwerfen, prognostizierte schon Altkanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Auch Sultan Al Jaber, Präsident der COP28 und Chef eines Ölkonzerns, beschwört fälschlicherweise einen Rückschritt in die früheste Epoche der Menschheitsgeschichte. 

Dabei würde Klimaschutz nicht nur das Klima retten, sondern unterschiedlichste Vorteile für die gesamte Gesellschaft bringen. Von der Angstmache über eine Steinzeit mit kalten Höhlen, Feuer als einzige Wärmequelle und Werkzeugen aus Holz und Steinen ist das weit entfernt.  

Breite Allianz für ökosoziale Klimapolitik

Das Österreichische Rote Kreuz, die Diakonie, Caritas, Hilfswerk, Volkshilfe, Südwind, WWF und Global 2000 haben sich zusammengetan und einen Aktionsplan für soziale Klimapolitik ausgearbeitet. In einer Pressekonferenz im Herbst dieses Jahres forderten die Organisationen, dass dieser Plan von den Parteien und insbesondere nach der Nationalratswahl 2024 ins Regierungsprogramm übernommen wird. 

Die Forderungen im Aktionsplan sind nicht neu. Doch es wird besonders deutlich, dass sie mehrere Vorteile für die gesamte Gesellschaft haben – über das Klima hinaus. In acht Bereichen haben die Organisationen Maßnahmen ausgearbeitet. Wie sich das Leben für alle in Österreich dadurch verändern könnte: 

Wie wir wohnen 

Der Gebäudesektor ist für knapp 12 Prozent der Emissionen verantwortlich. Viele davon entstehen durch Gas- und Öl-Heizungen. Die schaden nicht nur dem Klima, sondern sind auch teuer und halten uns gefangen in der Abhängigkeit von fossilen Energien und Staaten wie Russland, die uns diese liefern. 

Deswegen fordert die Allianz in ihrem Paket eine Sanierungsoffensive. Österreich soll Energie sparen und stufenweise seine Heizungen umbauen. Dazu gehören Unterstützungen für jene, die den Umstieg nicht aus eigener Kraft stemmen können. Auch Wohneinrichtungen, in denen vulnerable Menschen mit Pflege- und Betreuungsbedarf leben, müssen unterstützt werden. 

Es soll also leistbaren, gut gedämmten und angemessen warmen Wohnraum für alle geben. Das in leistbaren und qualitativ hochwertigen Wohngebieten mit kurzen Wegen, Naherholung und -versorgung, sozialer Teilhabe und Lebensqualität.

Wie wir uns bewegen

Der Verkehrssektor ist Österreichs Sorgenkind. Er ist für fast ein Drittel der Emissionen verantwortlich. Sie liegen deutlich über dem Niveau von 1990 und sinken einfach nicht. Das macht die gesamten Einsparungen der anderen Sektoren zunichte. 

Laut Strategiepapier soll die Politik deswegen die Öffis ausbauen, sie günstiger und barrierefrei machen. Sichere Rad- und Gehwege und – wo nötig – flexible Lösungen wie Rufbusse oder Sharing-Angebote schaffen. E-Mobilität soll gefördert werden, besonders in der sozialen Versorgung wie der Hauskrankenpflege oder der Heimhilfe. 

Stadt- und Ortskerne sollen gestärkt und die Zersiedelung verhindert werden. Der Flächenfraß soll mit einem ambitionierten Bodenschutzgesetz gestoppt und versiegelte Flächen renaturiert werden.

Gelingt das, werden die Wege des Alltags kürzer. Die Menschen wären flexibler und weniger auf Autos angewiesen. Das ist für viele einer der größten Kostenpunkte im Leben. Die Luft wäre sauberer und es wäre ruhiger. Unser Lebensraum wäre grüner, lebendiger und angenehmer. 

Wie wir arbeiten und wirtschaften

Auch der Arbeitsmarkt muss sich verändern, wenn Österreich klimafit werden soll, sagen die Vertreter:innen. Dafür sollen wichtige und klimafreundliche Berufe angemessen entlohnt werden. Arbeitskräfte sollen um- und aufgeschult werden. Denn wir benötigen Fachkräfte im Kampf gegen die Klimakrise – beim Umstieg auf erneuerbare Energie, in der Mobilität, der Landwirtschaft, der Digitalisierung etc. 

Auf internationaler Ebene fordert die Allianz ein starkes, menschenrechtskonformes Lieferkettengesetz. Hersteller:innen von Produkten müssten sicherstellen, dass im gesamten Herstellungsprozess die rechtlichen Standards eingehalten und Mensch und Natur nicht ausgebeutet werden. Das soll auch die heimische Wirtschaft vor Ausbeutung sowie Menschenrechte generell schützen. Unternehmen, die diese Dinge im Ausland ignorieren, um ihre Preise zu drücken, werden dadurch im Wettbewerb schwächer. Außerdem sollen Klimaschutz und Kreislaufwirtschaft in die Arbeitsmarktpolitik einfließen. Dadurch sollen weniger Produkte unnötig produziert und schnell wieder weggeschmissen werden. Ressourcen werden wiederverwendet und damit die Umwelt geschont. 

Zusammengefasst: Viele gut ausgebildete Fachkräfte in grünen und damit zukunftsfähigen Jobs mit fairer Entlohnung. Die Menschenrechte und die österreichische Wirtschaft werden gestärkt. Es wird weniger weggeworfen und neu gekauft, dafür wird mehr recycled, repariert und wiederverwendet. 

Wir wir uns ernähren und die Lebensmittel produzieren 

Die Landwirtschaft verursacht rund 11 Prozent der Treibhausgasemissionen. Vor allem durch die Treibhausgase Methan und Lachgas in der Viehhaltung und durch Stickstoffdüngung. Dafür ist unsere Ernährung mitverantwortlich: Wir essen zu viel tierische Produkte. “Weit über allen Empfehlungen von Gesundheitsfachleuten”, sagen die Vertreter:innen der Allianz bei der Pressekonferenz. Außerdem landen hierzulande jährlich rund eine Million Tonnen genießbarer Lebensmittel in der Tonne. 

Auch hier sei es wichtig, auf soziale Unterschiede Rücksicht zu nehmen, mahnen die Vertreter:innen der Organisationen. Armutsbetroffene können sich gesunde und biologisch produzierte Nahrungsmittel aus der Region weniger leisten. Sie essen deshalb tendenziell mehr industriell verarbeitete Lebensmittel mit hohem Fett-, Zucker- und/oder Salzanteil sowie Fleisch und leiden in Folge häufiger unter chronischen Krankheiten. Eine ökologische und sozial gerechte Ernährungswende würde uns auch gesünder machen. 

Beim Umstieg auf eine ökologische Landwirtschaft müsse die Politik die heimischen Bäuer:innen unterstützen. So könne Österreich sich auch in der Klimakrise nachhaltig ernähren und werde unabhängiger. Das würde auch den Schutz der Natur und der Artenvielfalt fördern. Dazu hat sich Österreich eigentlich auch mehrfach verpflichtet. 

Dafür brauche es auch mehr gute pflanzliche Ernährung. Dementsprechend solle die Ernährungspyramide klima- und umweltgerecht gestaltet werden. Sie gibt an, welche Lebensmittel man wie oft in der Woche zu sich nehmen soll. Gerade in Österreich beinhaltet diese Empfehlung noch immer viele tierische Lebensmittel wie Milchprodukte, Eier, Fleisch und Fisch. Sie sind oft aber in der Menge gar nicht gesund, verbrauchen mehr Ressourcen als pflanzliche und verursachen mehr CO2. 

Klimafreundliche Ernährung bedeutet also: Mehr regionale, bio und fair produzierte sowie gesunde Lebensmittel für alle – auch in Kindergärten und Schulen. Ein gesundes Maß an tierischen Produkten – sowohl für die Umwelt als auch für die Menschen. Unterstützung für Landwirt:innen, um diese Lebensmittel nachhaltig produzieren zu können. 

Wie wir zusammenleben

Die Allianz fordert, dass frühzeitig faire Bedingungen geschaffen werden, um der Klimakrise zu begegnen. Dazu müssen bestehende Ungleichheiten abgebaut und falsche Anreize beseitigt werden. Denn die Klimakrise ist nicht gerecht. Reiche Menschen verursachen viel mehr CO2, können sich aber besser vor den Auswirkungen der Klimakrise schützen. 

Deswegen soll ökosozial gegengesteuert werden. Ein Anfang ist mit der CO2-Bepreisung und der Umverteilung durch den Klimabonus bereits gemacht. Weiters müssen Subventionen aufhören, die die Umwelt und Artenvielfalt gefährden. Diese kosten derzeit viel Steuergeld.

Doch die Erde hat sich bereits um etwa 1,1 Grad erhitzt. Um mit der Erderhitzung zurecht zu kommen, die wir bereits verursacht haben, braucht es ebenfalls Maßnahmen. Die Allianz fordert Hitzeschutz-Programme in allen Städten und Gemeinden. Zum Beispiel durch Entsiegelung, mehr Grünräume und Bäume, verkehrsberuhigte und autofreie Zonen und Renaturierung. 

Sowohl vor Hitze als auch vor Kälte sollen Menschen geschützt werden. Neben den Maßnahmen zu leistbarem, warmem Wohnraum für alle fordert die Allianz öffentliche, leistbare, kühlende sowie wärmende Räume wie Freibäder, Büchereien, Museen oder Nachbarschaftszentren. Das fördere auch den sozialen Zusammenhalt.

Krisen- und Katastrophenschutz

“Die Klimakrise ist eine humanitäre Krise, die Menschenleben kostet”, warnte Gerald Schöpfer, Geschäftsführer des Roten Kreuzes, bei der Pressekonferenz. Durch die Erderhitzung und das Artensterben werden Krisen und Katastrophen wahrscheinlicher und heftiger. Das gilt für Hochwasser, Dürren, Waldbrände usw. Ebenso steigt das Risiko für Zoonosen und Pandemien. Deswegen müssen diese ökologischen Krisen auch als solche betrachtet werden. 

Es brauche neue Konzepte für den Krisen- und Katastrophenschutz in Österreich. Dabei solle die Politik auf Prävention statt Reaktion setzen – sowohl im Gesundheitssystem als auch im Katastrophenschutz. Außerdem seien Informationen und ein Frühwarnsystem wichtig: Aufklärungskampagnen zur Risikominimierung sowie Informationskampagnen, was in Notfällen zu tun ist. Aber auch die Handlungen von Bund, Ländern und Gemeinden müssen besser erklärt und transparenter werden. “Wir wissen: Prävention und Information retten Leben“, macht Schöpfer deutlich. 

Achtung und Schutz der Menschenrechte

Die Klimakrise trifft nicht alle gleich. Die, die am wenigsten dazu beigetragen haben, zahlen den höchsten Preis. Das ist im globalen, aber auch im nationalen Vergleich so. 

Deswegen fordert die Allianz ein ambitioniertes Klimaschutzgesetz mit einem verbindlichen Pfad zur Klimaneutralität 2040. Außerdem appellieren sie, dass Österreich endlich die international beschlossenen 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens (BNE) bei der Entwicklungszusammenarbeit einhalte. Die Republik hat sich schon lange dazu verpflichtet, aber hält sich nicht daran.

Menschen sollen an Entscheidungen teilhaben, die sie betreffen. Dafür müssen sie über ihre Rechte Bescheid wissen. Auch das soll laut Aktionsplan umgesetzt werden. Außerdem brauche es ein Monitoring über die Auswirkungen von Maßnahmen. Damit allfällige negative Folgen erkannt und abgewendet werden können. Sollten doch welche entstehen, müssen sich Betroffene dagegen wehren können. 

Immer mehr Menschen müssen flüchten, weil mit der Klimakrise ein menschenwürdiges Leben in ihrer Heimat nicht mehr möglich ist. Sie brauchen internationalen Schutz und Anerkennung. 

Die Klimakrise wird teuer

Österreich hat dem Pariser Klimaschutzabkommen zugestimmt und sich damit rechtlich verpflichtet, seinen Beitrag zu leisten, um die globale Erderhitzung zu begrenzen. Außerdem hat sich die Bundesregierung zum Ziel gesetzt, 2040 klimaneutral zu sein. 

Österreich ist auch aufgrund der EU-Klimaschutzvereinbarungen verpflichtet, seine Emissionen zu verringern. Und zwar bis 2030 um 48 Prozent gegenüber dem Niveau von 2005. Gelingt das nicht, muss Österreich CO2-Zertifikate kaufen. Laut Finanzministerium würde das bis 2030 4,7 Milliarden Euro kosten. Schäden durch die Krisen kommen da noch dazu. Das Klima nicht zu schützen, riskiert also nicht nur unsere Lebensgrundlage, sondern kostet auch viel Geld. 

Klimaschutz bringt Vorteile für alle

Wollen wir das Klima und damit unsere Lebensgrundlage retten, müssen wir rasch radikal handeln. Diese vermeintlich radikalen Schritte müssen aber keinen Verlust von Lebensqualität bedeuten, wie es oft dargestellt wird. Sie nicht zu setzen, hingegen sehr wohl.

Im Gegenteil: Der gerechte Kampf gegen die Klimakrise macht unsere Luft sauberer, unsere Umgebung grüner und kühler. Es macht die Menschen gesünder, unabhängiger und flexibler. Die Gesellschaft könnte national und international gerechter werden. Wenn die Politik ihre eigens gesetzten Ziele einhalten würde. 

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