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Kapitalismus

Was heißt eigentlich Kapitalismus?

Was heißt eigentlich Kapitalismus?

Top-Ökonom Max Kasy erklärt komplexe Ideen und Begriffe - ganz einfach.

Der österreichische Top-Wirtschaftsprofessor Max Kasy erklärt normalerweise StudentInnen in Oxford und Harvard die Wirtschaft. MOMENT fordert ihn in der neuen Serie „Erklärs mir doch ganz einfach“ heraus, komplizierte Konzepte und Begriffe in verständliche Sprache zu übersetzen.
 

Folge 2: Was ist eigentlich Kapitalismus?

“Was heißt eigentlich Kapitalismus?” Die Frage ist schwierig zu beantworten. Sie ist fast wie die des Fisches, der fragt: “Was ist eigentlich Wasser?”  Wir leben nämlich im Kapitalismus und sind so sehr an die Dinge gewohnt, die ihn ausmachen, dass wir sie oft gar nicht bemerken. 

“Kapitalismus” ist die Art wie wir unsere Wirtschaft betreiben. Wir bestimmen damit, wer wie viel hat, wie wir arbeiten, wer wem anschaffen kann, und so weiter. 

Wann ist etwas Kapitalismus?

Ein paar Dinge gehören zum Kapitalismus. 

Erstens: Eine Marktwirtschaft. In einer Marktwirtschaft kann man Dinge gegen Geld kaufen und verkaufen. Dabei ist es ziemlich egal, wer die andere Seite ist; du musst keine persönliche Beziehung mit der Verkäuferin oder dem Käufer haben. Und dasselbe Geld kann für alles verwendet werden, von der Käsesemmel bis zum Düsenjet.

Zweitens gehören im Kapitalismus die Unternehmen privaten Eigentümern. Wenn jemand ein Unternehmen hat, dann bekommt er die Gewinne. Und er kann entscheiden was mit dem Geld und Unternehmen passiert.

Und drittens arbeiten wir im Kapitalismus für Geld. Die allermeisten Erwachsenen verbringen einen guten Teil ihrer Zeit damit, das zu tun, was ihnen jemand anderer anschafft. Und dafür werden sie bezahlt. Wenn uns ein Job nicht gefällt können wir zwar kündigen, aber dann müssen wir uns einen anderen suchen.

Funktioniert der Kapitalismus perfekt?

Dem Kapitalismus wird oft die Schuld gegeben für Probleme in unserem Leben.

Der erste Vorwurf: Er macht die Reichen reicher und die Armen ärmer. Wer schon viel besitzt, bekommt auch mehr Gewinne und wird dadurch noch reicher. Dadurch werden unsere Möglichkeiten im Leben immer ungleicher. 

Der zweite Vorwurf: Er ist undemokratisch. Demokratie heißt, dass wir ein Recht haben mitzuentscheiden bei den Dingen, die uns betreffen. Kapitalismus heißt aber: wer Geld hat, entscheidet. Zum Beispiel ob du gekündigt wirst oder nicht, oder was du in deiner Arbeitszeit tun musst. 

Drittens: Der Kapitalismus führt immer wieder zu Krisen. Dann kommt es zu einer Rezession, und ganz viele Leute verlieren ihre Arbeit. 

Und Viertens: Der Kapitalismus trägt zur Umweltzerstörung bei – zum Beispiel  auch zum Klimawandel. Weil diejenigen, die die Umwelt zerstören, dafür nicht zahlen müssen.

Diese Probleme gibt es nicht nur im Kapitalismus, aber es gibt sie im Kapitalismus aus bestimmten Gründen.

Das war alles nicht immer so

Den Kapitalismus gibt es noch gar nicht so lange. Früher waren die meisten Menschen Bauern und Bäuerinnen, die gar keine andere Wahl hatten als für ihren Adeligen zu arbeiten, und die dafür auch nicht bezahlt wurden. Die Sklaverei ist auch noch nicht so lange vorbei, in der Menschen von reichen Menschen gekauft und verkauft werden konnten. Das gibt es beides im Kapitalismus nicht, wo wir stattdessen für Geld arbeiten. 

Auch heute sind viele Teile unseres Lebens nicht-kapitalistisch organisiert. Für unsere Familien oder für unsere FreundInnen tun wir oft Dinge, ohne dafür Geld zu bekommen. Das ist auch so bei freiwilligen Projekten wie der Wikipedia oder der Arbeit bei der freiwilligen Feuerwehr.

Und der Staat organisiert auch in Österreich wichtige Bereiche nicht-kapitalistisch. Das ist zum Beispiel so bei den Schulen, die wir alle gratis besuchen können (und müssen). Wenn Unternehmen Steuern zahlen, oder nicht alles machen dürfen was sie wollen, schränkt das auch den Kapitalismus ein.

Und die Geschichte ist wohl noch nicht am Ende. Niemand weiß, wie wir unsere Wirtschaft in der Zukunft betreiben werden.

 

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