print print
favorites-circle favorites-circle
favorites-circle-full favorites-circle-full
Kapitalismus
Ungleichheit

Wie ärmere Länder beim Welthandel doppelt schlecht aussteigen

Wenn zwei Länder handeln, ist das zum Vorteil für beide. Das ist die gängige Meinung von BefürworterInnen des unbeschränkten Welthandels. Eine neue Studie belegt: Das stimmt so nicht. Welthandel verstärkt die Ungleichheiten zwischen den Ländern - auch was die Umwelt betrifft.
Egal ob Smartphone, Auto oder Fleisch – unser Konsum ist ohne Produkte aus dem Ausland undenkbar. Autoteile oder Tierfutter werden global gehandelt und dann bei uns weiterverarbeitet, Handys direkt verwendet. Was es aber an Ressourcen und Arbeitskraft braucht, um diese importierten Güter herzustellen, wird in der Regel nicht in Berechnungen zum Welthandel miteinbezogen. Normalerweise zählt nur das Geld, der Exportüberschuss.

Ein Forschungsteam hat in ihren Berechnungen jetzt auch den Ressourcenverbrauch berücksichtigt, der bei der Herstellung der Waren und beim Abbau der Rohstoffe entsteht. Miteingerechnet wurden Arbeitsaufwand, Landnutzung, Energie und materielle Ressourcen. Es zählen also nicht mehr nur die tatsächlichen Produkte, die über die Grenze gehandelt werden.

Das Ergebnis der Studie: Durch Außenhandel verschärfen sich die internationalen Ungleichheiten zwischen den Ländern. Reichere Länder (die mit höherem Bruttoinlandsprodukt) können auf die Ressourcen der ärmeren zurückgreifen und machen damit schlussendlich auch noch einen Gewinn.

Reiche Länder gewinnen Geld und Ressourcen

Berechnet man also den Ressourenverbrauch bei der Herstellung von gehandelten Produkten mit ein, steigen reichere Länder doppelt gut aus. Oder eben: ärmere Länder doppelt schlecht.

Sie wenden Arbeitskraft, Land, Materialien und Energie aus ihrem Land für die Herstellung von Produkten auf, die dann exportiert werden. Autoteile, technische Geräte oder Futter für Tiere werden in den reicheren Ländern weiterverarbeitet. Über die Zeit wird das zu einem großen Vorteil. Reiche Länder beanspruchen global gesehen mehr Energie und Landfläche, als sie bereitstellen. Sie lagern dabei jene Produktion aus, die besonders “ressourcenintensiv” ist und verbrauchen damit die Ressourcen woanders. Trotzdem verdienen sie mehr am Außenhandel.

Das ist möglich, weil die Preise für all diese Ressourcen in den einzelnen Ländern sehr unterschiedlich sind: Die günstige Arbeitskraft und schwache Gesetze zum ArbeiterInnen- und Umweltschutz machen die Produktion in ärmeren Ländern billig. Die reicheren Länder sind auf höher verarbeitete Produkte spezialisiert. Die sind natürlich teurer. Sie erhalten aber auch einen besseren Preis für ihre Arbeit, ihren Land- und Energieverbrauch.

Was sie am Weltmarkt an Rohstoffen verkaufen, ist deshalb im Schnitt insgesamt elfmal teurer, als die Erzeugnisse ärmerer Länder. In diesen armen Ländern wird der größere Teil Ressourcen eingesetzt. Aber nur der kleinere Teil des Preises, den wir für die Endprodukte zahlen, bleibt im Land.

Das reichste Sechstel der Länder schöpft für sich fast zwei Drittel von dem ab, was die weltweite Wirtschaft leistet. Sie holen sich damit viermal mehr, als es ihrer bloßen Größe entsprechen würde.

 

Reiche Länder haben eigentlich einen noch größeren Fußabdruck

Die reichsten Länder haben also auch die größten Fußabdrücke. Sie bauen weltweit die meisten Ressourcen ab. Ein Großteil passiert aber nicht innerhalb der eigenen Grenzen. Durch die Auslagerung des Ressourcen-Fußabdrucks in andere Länder, der durch unseren Konsum, unsere Produktion und unsere wirtschaftliche Entwicklung entsteht, sind die Schäden eben woanders. Vergleichbar ist der Ressourcen-Fußabdruck mit der CO2-Bilanz.

Das gilt auch für Österreich: Bis jetzt wird in den nationalen Statistiken gemessen, wie viel Materialen, Energie, Land und Arbeitskraft eingesetzt wurde. Österreich importiert aber auch Produkte aus China. Die Umweltfolgekosten, die entstehen, werden dann nicht für Österreich erfasst, sondern nur für China. Das ist für die Ressourcenbilanz am Papier relevant. Für die Umwelt sei es aber egal, wo die Ressourcen abgebaut werden, sagt einer der Studienautoren Christian Dorninger vom „Konrad Lorenz Institute for Evolution and Cognition Research“ in Klosterneuburg dazu. “Relevant ist nur, dass es passiert”.

Bei diesem Handel können nur manche gut aussteigen

Laut Dorninger belegen die Ergebnisse, dass Außenhandel systematisch die internationalen Ungleichheiten verstärke. Es stützt aber die Theorie des ungleichen ökologischen Tausches mit globalen Daten. Ist der Gedanke neu? Nein. Stellt das Ergebnis der Studie das ganze Fachgebiet auf den Kopf? Auch nicht.

Die reichsten Länder werden oft als wirtschaftliches Vorbild gesehen. Es können aber nicht alle Länder ihre Produkte aus dem ärmeren Ausland beziehen und dabei besser aussteigen. Deshalb kann das Konzept, wie es heute gelebt wird, nicht für alle aufgehen.

 

    Neuen Kommentar hinzufügen

    Kommentare 0 Kommentare
    Kommentar hinzufügen

    Neuen Kommentar hinzufügen

    Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Beitrag!