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Kapitalismus
Klimakrise

Wie der Auto-Fetisch der Verkehrspolitik uns abhängig vom PKW macht

Unser Verkehr baut darauf auf, dass alle alles mit dem Auto machen, die Verkehrspolitik verstärkt seit Jahrzehnten unsere Abhängigkeit vom Auto. Dabei schadet der Auto-Fetisch Mensch und Umwelt.

 

 

Tanken wird immer teurer, die Spritpreise gehen durch die Decke. Da muss man jetzt was machen, wer wenig Geld hat, der muss unterstützt werden. Ja, fürs Klima ist es blöd, aber das muss eben warten. Was sollen die Leute tun? Es gibt halt keine andere Möglichkeit von A nach B! Aber stimmt das wirklich?

Österreich ist abhängig vom Auto

Österreich liebt: Autos. Ganz Österreich? Bleiben wir präzise: Die Verkehrspolitik in Österreich liebt Autos. Klima hin oder her, das Auto ist der fahrende Fetisch, dem alles andere untergeordnet wird. Und es wird weiter immer schlimmer: Seit 1990 sind die Abgase, die der Verkehr in die Atmosphäre bläst, um 75 Prozent gestiegen. Ja, damit ist der Verkehr der einzige Bereich (!!) in Österreich, in dem der CO2-Ausstoß weiter steigt – statt zu sinken. Was wir in der Industrie oder bei der Heizung einsparen, das raucht das Auto dafür in die Luft. Das ist kein Naturgesetz – das ist das Ergebnis einer Politik, die uns konsequent vom Auto abhängig gemacht hat.

Zersiedelung macht uns abhängig vom Auto

Auf jede grüne Wiese stellen wir ein Einfamilienhaus oder einen Gewerbepark – wie die Leute dann aber zu ihrem Arbeitsplatz kommen, darüber denken wir schon nicht mehr nach. Fast jeder zweite braucht öffentlich länger als 50 Minuten ins nächste überregionale Zentrum. Da ist man mit dem Auto schneller – weil die Verkehrspolitik Bus, Bim und Bahn seit Jahrzehnten ausbremst. Unser Schienennetz ist seit 1970 um ein Fünftel geschrumpft. Das heißt: Mehr als 1.000 km Strecke wurden eingestellt und  abgerissen. Die Zahl der Autobahnkilometer hat sich hingegen verfünffacht.

Und ist das Auto mal als Allheilmittel gesetzt, dann dominiert es auch die kurze Strecke: 2 von 5 Autofahrten sind kürzer als 5 Kilometer. Strecken, die man mit einem (Elektro-) Fahrrad locker schaffen könnte – wenn, ja wenn es nur einen sicheren Radweg gäbe. 
Stattdessen werden diese Wege also mit dem Auto gefahren. Und in diesem Auto sitzt dann einer allein – und das Auto wird immer größer. 2 von 5 neu zugelassenen Autos waren letztes Jahr SUV und Geländewagen. Selbst in Wien ist jedes dritte neue Auto ein Geländewagen.

Politik macht uns vom Auto abhängig

Also: Unser Verkehr baut darauf auf, dass alle alles mit dem Auto machen … aber das  muss man sich erst einmal leisten können: können sich viele aber schlicht nicht. Bei den ärmsten 20 Prozent der Haushalte hat die Hälfte gar kein Auto. Im reichsten Einkommensviertel ist es genau umgekehrt: Da besitzt die Hälfte zwei oder noch mehr Autos. Wer sich in Österreich keinen Pkw leisten kann, bleibt bei unserer Verkehrspolitik einfach über: Da geht dann eben nicht jeder Job, weil man nicht alle erreichen kann, selbst einkaufen gehen ist schwierig, Freunde und Verwandte besuchen jedes Mal eine Weltreise.

Der Fokus auf das Liebkind unserer Verkehrspolitik, das Auto, ist also nicht nur ökologischer Wahnsinn, er ist auch nicht sozial gerecht. Soziale Verkehrspolitik bedeutet eben nicht, den Besserverdienern an der Tankstelle das Geld nachzuschmeißen, sondern öffentlichen Verkehr für alle möglich zu machen. Bahn, Bus, Rad oder zu Fuß: Das muss der Goldstandard unserer Verkehrspolitik sein. Wenn das alles nicht geht, dann Elektroautos oder Sammeltaxis. Na, ehrlich, das Auto ist einfach nicht leiwand für uns. Es macht uns unglücklich:Wer eine Stunde täglich mit dem Auto zur Arbeit fahren muss, muss 40 Prozent mehr verdienen, um genauso glücklich zu sein wie jemand, der einen kurzen Weg zu Fuß zur Arbeit hat. Und: Wer nicht mehr in die Arbeit pendeln muss und stattdessen in die Arbeit spazieren kann, der ist so glücklich, als hätte er sich eben verliebt.

Verkehrspolitik, die uns so glücklich macht wie die Liebe: Das wäre doch mal eine Ansage. Und bis uns der Umbau im Verkehr gelungen ist, unterstützen wir alle, die weniger haben: Durch Sozialleistungen, die wirklich vor Armut schützen und einen Ökobonus, der sich am Einkommen bemisst … und nicht an der Postleitzahl.

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