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Demokratie

The winner takes it all: Wie funktioniert das Wahlsystem in den USA?

The winner takes it all: Wie funktioniert das Wahlsystem in den USA?
Der Weg ins Weiße Haus ist kompliziert, was an den Eigenheiten des Wahlsystems liegt. Symbolbild: Yamu Jay/ Pixabay
Trump oder Harris? Am 5. November entscheiden die USA, wer Nachfolger:in von Joe Biden wird. Wie wird gewählt? Warum kommt die Person mit den meisten Stimmen nicht automatisch ins Weiße Haus? Wann gibt es Ergebnisse? Wir klären die wichtigsten Fragen.

Wann ist die nächste Wahl in den USA?

Am 5. November findet in den USA die 60. Präsidentschaftswahl statt. Über 200 Millionen Menschen sind aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. Bei der Wahl wird auch der Vizepräsident sowie das gesamte US-Repräsentant:innenhaus und ein Drittel der 100 Senatssitze gewählt. 

Wer kandidiert 2024?

US-Vizepräsidentin Kamala Harris wird heuer als Präsidentschaftskandidatin der Demokraten antreten. Ihr Vizekandidat ist Tim Walz. Gewinnt sie die Wahl, ist sie die erste Präsidentin der USA. Kandidat der Republikaner ist Donald Trump. Zwischen 2017 und 2020 war er bereits der 45. Präsident der Vereinigten Staaten. Für das Amt des Vizepräsidenten kandidiert James David Vance. 

Wer darf wählen?

Wähler:innen müssen sich in den USA selbst im Wahlregister ihres Bundesstaates oder ihrer Gemeinde anmelden. Weil es keine zentralen Meldeämter gibt, werden Wahlbenachrichtigungen nicht automatisch verschickt. Diese Registrierungspflicht ist ein Grund für die relativ niedrige Wahlbeteiligung von selten mehr als 60 Prozent. 

Da jeder Bundesstaat sein eigenes Wahlrecht hat, unterscheidet sich der Ablauf stark: In einigen Staaten gibt es etwa nur Briefwahl, während andere Staaten sogenannte „Early Votings“ ermöglichen, bei dem Wähler:innen schon vor dem Wahltag abstimmen können. Wählen dürfen alle US-Bürger:innen, die älter als 18 Jahre sind und keine Vorstrafen haben – insgesamt etwa 200 Millionen Amerikaner:innen. 

Wie wird gewählt? 

Die US-Präsidentschaftswahl ist eine indirekte Wahl. Der:die US-Präsident:in und die jeweiligen Vize werden nicht direkt von den Bürger:innen gewählt, sondern vom sogenannten “Electoral College” – einem Gremium aus Wahlleuten. Zwar lassen sich auf dem Stimmzettel die Namen von Harris und Trump ankreuzen, faktisch werden die abgegebenen Stimmen der Bürger:innen am 5. November aber den entsprechenden Wahlleuten der Demokratischen oder Republikanischen Partei zugeordnet.

Das Electoral College hat 538 Mitglieder, die von den 50 Bundesstaaten und Washington D.C. gestellt werden. Um Präsident:in zu werden, braucht man mindestens 270 dieser Stimmen. Die Anzahl der Wahlleute eines Staates hängt von seiner Einwohnerzahl ab und entspricht der Anzahl der Sitze im US-Kongress.

Was heißt Mehrheitswahlrecht?

Die 538 Wahlleute dürfen ihre Stimme nicht frei vergeben, sondern müssen das Ergebnis der Bürger:innenstimmen in ihrem Staat befolgen. Dabei gilt das Prinzip „The Winner Takes It All“. Das bedeutet, wer die meisten Stimmen in einem Bundesstaat bekommen hat, erhält alle Stimmen des jeweiligen Bundesstaates im Electoral College. 

Nur bei zwei Bundesstaaten ist das anders: In Nebraska und Maine werden die Stimmen gesplittet – ein Teil der Wahlleute wird in den Wahlkreisen bestimmt, die restlichen stellt die Partei, die im ganzen Bundesstaat gewinnt.

Wann wird mit Ergebnissen gerechnet?

In den USA beginnt die Auszählung der Wähler:innenstimmen gestaffelt nach Bundesstaaten, abhängig von den jeweiligen Zeitzonen. Die Staaten im Osten der USA schließen nach 1 Uhr mitteleuropäischer Zeit ihre Wahllokale. Mit ersten Ergebnissen kann also nach Mitternacht gerechnet werden. Ab wann die restlichen Hochrechnungen zu erwarten sind, siehst du hier. 

Was sind Swing States?

In den meisten Staaten ist schon vor der Wahl klar, welche:r Kandidat:in vorne liegen wird. Kalifornien und New York etwa wählen in der Regel mehrheitlich demokratisch, viele kleinere Staaten in der Mitte der USA republikanisch.

Entscheidend ist deshalb Ergebnis in den Staaten, in denen die Parteien nah beieinander liegen und traditionell zwischen republikanisch und demokratisch wechseln. Zu den sogenannten “Swing States” und “Swing Counties” gehören in diesem Jahr Pennsylvania, Georgia, North Carolina, Michigan, Arizona, Wisconsin und Nevada – auf sie konzentriert sich der Wahlkampf.

Warum gewinnt nicht automatisch die Person mit den meisten Stimmen?

Das bundesweite Stimmergebnis wird „Popular Vote“ genannt. Es stimmt nicht immer mit dem Ergebnis im „Electoral College“ überein. Kleinere Staaten haben dort zwar weniger Stimmen als große – im Verhältnis zu ihrer Bevölkerung haben die Kleinen aber ein gewisses Übergewicht. Auch das „Winner Takes All“-Prinzip kann Verzerrungen verursachen, und in seltenen Fällen einen bizarren Effekt haben: Wer in den USA bundesweit die meisten Stimmen bekommt, gewinnt noch nicht automatisch die Wahl. 

Dieses System macht es schwer, den Wahlausgang vorherzusagen. Ein weiteres Problem sind die oft umstrittenen Wahlkreisgrenzen. Alle zehn Jahre wird im Rahmen der Volkszählung die Einteilung der Wahlkreise für das US-Repräsentantenhaus neu festgelegt. In manchen Bundesstaaten übernimmt die Regierung dieses „Redistricting“. Demokraten und Republikaner nutzen das Verschieben dieser Grenzen oft als Taktik, um Mehrheitsverhältnisse zu ihren Gunsten zu ändern – ein Vorgang, der als „Gerrymandering“ bekannt ist.

Wie geht es nach dem Wahltag weiter? 

Die Wahlmänner und Wahlfrauen wählen den neuen Präsidenten oder die neue Präsidentin 41 Tage nach dem offiziellen Wahltag in geheimer Abstimmung. Das fällt heuer auf den 17. Dezember. Bis zum 6. Januar 2025 werden diese Stimmen ausgezählt. 

Die Wahl ist entschieden, sobald ein Kandidat oder eine Kandidatin die Mehrheit von 270 Stimmen erreicht hat. Das Ergebnis wird in einer gemeinsamen Sitzung von Senat und Repräsentantenhaus im US-Kongress verkündet. Am 20. Januar 2025 endet die Amtszeit von Joe Biden und die:der neue Präsident:in zieht für die nächsten vier Jahre ins Weiße Haus ein. 

Wo kann ich die Wahl verfolgen?

Wir sind am Mittwochfrüh unserer Zeit live dabei, wenn die Ergebnisse in den wichtigsten Swing States erwartet werden. Ab sendet MOMENT Live sowohl auf Youtube als auch Twitch.

Der Wahlabend ist vor allem ein Fernsehevent. Wer zuerst über 269 Wahlstimmen kommt, wird von den amerikanischen Fernsehsendern als Sieger:in ausgerufen. Ein popkulturelles Ritual ist die anschließende „concession speech“ – eine Rede, indem die unterlegene Person ihre Niederlage öffentlich anerkennt und dem:der neuen Präsident:in gratuliert. Wo du Hochrechnungen, Analysen und den „Tag danach“ verfolgen kannst, haben wir für dich hier aufgelistet.

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    Kommentare 2 Kommentare
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  • frizzdog
    29.10.2024
    unglaublich: 2 exponenten des EINparteienstaats KAPITALISMUS liefern sich einen schaukampf fürs volk und die ganze welt findet das urspannend. die gefährliche lächerlichkeit dieses schauspiels beschreibt seit jahrzehnten der MIT-wissenschaftler und friedensaktivist Noam CHOMSKY.
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    • Tom Schaffer
      29.10.2024
      Ja, beide sind Kapitalist:innen. Der Unterschied zwischen den beiden könnte trotzdem wirklich nur schwer größer sein. Es ist immer noch ein großer Unterschied, ob jemand Kapitalismus und Demokratie zusammen zu spielen versucht, oder Kapitalismus und Faschismus. Und da Trump eine neue Dimension der zweiteren Gefahr ist, beschreibt auch Chomsky diese Situation eben nicht seit Jahrzehnten. Die Republikaner unter Mitt Romney oder George Bush waren eine andere Form von Problem.