Liebe Regierung, wo bleibt das Klimaschutzgesetz?
Warum das politisches Greenwashing ist und Österreich als Klimanachzügler dringend einen gesetzlichen Rahmen für Klimaschutz braucht, erklärt Katharina Rogenhofer vom Klimavolksbegehren im neuen Dauerbrenner.
Kopf in den Sand beim Klimaschutzgesetz?
Die Nachrichten von Umweltkatastrophen überschlagen sich. Die Klimakrise führt uns ihre menschlichen Folgen zunehmend grausam vor Augen.
Mancher macht seine aber offenbar dabei zu. ÖVP-Umweltsprecher Johannes Schmuckenschlager etwa hält zur gleichen Zeit das Klimaschutzgesetz für „nicht das Allerwesentlichste“. Es hätte „nicht die oberste Priorität“. Tatsächlich gibt es bereits seit fast zwei Jahren kein verbindliches Gesetz, wie Österreich seine Klimaziele erreichen will. Und wie bei einer heißen Kartoffel, will die ÖVP als große Langzeit-Regierungspartei die Verantwortung dafür lieber NICHT übernehmen.
Das alte Klimaschutzgesetz ist mit Ende 2020 ausgelaufen und ein neues ist nicht in Sicht, obwohl es im Regierungsprogramm von ÖVP und Grünen verankert ist. Die Worte „Verbindlichkeit“ und „Verantwortung“ kommen darin vor. Genau daran spießt es sich nun anscheinend. Denn das alte Klimaschutzgesetz war vor allem eines: zahnlos. Noch so ein lahmes Gesetz können wir uns nicht leisten.
Aber was ist mit der Wirtschaft?
Gegen Ambitionen im Klimaschutz wird oft die Ausrede vorgeschoben, man müsse ja auf die Wirtschaft schauen.
„Dass wir auf der Seite der Wirtschaft stehen, das war immer so und wird immer so bleiben.“ sagt Schmuckenschlager.
Dabei – surprise – will die Wirtschaft sehr oft etwas ganz anderes. In fast allen Gesprächen, die ich mit Menschen in Betrieben geführt habe, kommt vor allem eines klar heraus: es braucht nicht diesen Status Quo des Zauderns, Bremsens und Nichtstuns. Was die Wirtschaft braucht, ist Planungssicherheit. Sie will einfach wissen, welche Regeln auf sie zukommen. Ein offener Brief von 245 Unternehmen aus dem vergangenen Jahr bestätigt das!
Richtig sprachlos macht auch Bundeskanzler und ÖVP-Chef Karl Nehammer. Der sagt, es braucht gar kein Klimaschutzgesetz, um das Klima zu schützen. WHAT?
Vielleicht eine kleine Nachhilfe, für alle, die sie brauchen: Das Klimaschutzgesetz ist die Grundlage, dass die Bundesregierung (und alle Regierungen nach ihr) das selbst gesteckte Ziel der Klimaneutralität 2040 auch erreicht. Es braucht dazu Verantwortung und Verbindlichkeit! Wer ein klimaneutrales Österreich verspricht, aber nicht sagt, bis wann genau die Emissionen wie stark sinken sollen und wie das gehen soll, betreibt einfach politisches Greenwashing!
Liebe Regierung, so könnte es gehen
Das Klimavolksbegehren hat schon lange Vorschläge gemacht, wie ein mutiges Klimaschutzgesetz aussehen kann. Die wichtigsten Eckpfeiler dafür sind:
- Es braucht verbindliche Vorgaben für jeden Sektor, die klar den Weg zur Klimaneutralität 2040 vorgeben: sogenannte “Reduktionspfade”.
- Es müssen Maßnahmen beschlossen werden, die diese Verringerung von Treibhausgasen möglich machen
- Die Verantwortung dafür, diese Vorgaben einzuhalten, müssen klar zwischen Bund und Ländern geteilt werden
- Wenn ein Ziel verfehlt wird, müssen Sofortprogramme beschlossen werden, um die Emissionslücke im nächsten Jahr wieder zu schließen. Und es muss Sanktionen geben, damit ein finanzieller Anreiz zum Erreichen der Ziele geschaffen wird.
- All diese Vorgänge müssen wissenschaftlich begleitet und geprüft werden
- Da wir bisher gegen das Nicht-Handeln im Klimaschutz nicht vorgehen konnten, ist jetzt ein wirkungsvoller Rechtsschutz für alle Bürger:innen notwendig und
- Ein Grundrecht auf Klimaschutz muss in der Verfassung verankert werden
Das Absurde ist: im Zuge der Verhandlungen rund um das Klimavolksbegehren hat die ÖVP einige dieser Inhalte schon gemeinsam mit NEOS und Grünen im Nationalrat beschlossen. Doch ein Gesetz wird nun hinausgezögert.
Österreich das Klimamusterland? Leider nein.
Unterdessen will der Bundeskanzler uns weismachen, dass wir ohnehin ein Klimamusterland seien. Auch da braucht es vielleicht ein bisschen Nachhilfe: Wir haben es seit 1990 nicht geschafft, unsere Emissionen zu reduzieren! Wir sind damit nur eines von fünf Ländern in der EU, die so schlecht dastehen. Österreich ist allerhöchstens Klimanachzügler.
Trotz dieser Fakten stellt die ÖVP in Abrede, dass ein Klimaschutzgesetz wichtig ist. Dürren, Extremwetter, Überflutungen, Ernteausfälle, Hitzetote, Murenabgänge, Waldbrände – all das haben wir diesen Sommer erlebt und die Folgen werden jedes Jahr schlimmer. Eine Partei, die das Problem noch immer herunterspielt, statt nach 35 Jahren in der Regierung endlich etwas zu tun, handelt fahrlässig.
Auch um etwas gegen diese Untätigkeit tun zu können, brauchen wir ein Grundrecht auf Klimaschutz.