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Demokratie

Analyse der Kurz-Rede: Inszenierung und Schuldsuche

Grafik NatsAnalyse - Analysen von Ideologie, Sprache und Frames von Natascha Strobl. NatsAnalyse Cover zeigt ein gezeichnetes Porträt von Natascha Strobl mit zwei Sprechblasen.
Grafik NatsAnalyse
Politikwissenschaftlerin Natascha Strobl analysiert für uns live auf Twitter die Rede zur Lage der Nation von Sebastian Kurz. Die gesammelte Analyse zum Nachlesen findest du hier. 
Wie eine Rede zur Schlagzeile wird

Bevor wir die Rede von Bundeskanzler Sebastian Kurz analysieren, sehen wir uns an, wie die Ankündigung zu einer Schlagzeile wurde. Das Prinzip dahinter: Jedes Fuzzelchen wird medial verwertet.

#1 Erst kommt die Ankündigung, dass es überhaupt eine Rede gibt
#2 Am nächsten Tag eine grobe Themeneingrenzung
#3 Am Tag darauf die ersten konkreten Punkte
#4 Am Vortag noch einen Aufreger unterbringen

So wird die Rede die ganze Woche vermarktet ohne, dass sie überhaupt gehalten worden ist. Jeden Tag ganz vorne in den Schlagzeilen. Diese großspurigen „Reden an die Nation“ sind natürlich abgeschaut aus der amerikanischen Politik, wo so „State of the Union“-Reden aus dem Oval Office dazu gehören.

Die Rede in 3 Punkten

#1 Wenn es gut läuft, hat er es geregelt

https://twitter.com/moment_magazin/status/1299265266870882304
 
Wenn es Lösungen gibt, ist Sebastian Kurz die aktive Person: Er hat geredet, er hat entschieden, die Minister_innen führen nur aus. Bei Arbeitslosigkeit, wo es wieder schlechter wird in den nächsten Monaten, ist aber wiederum Aschbacher die zentrale Person, nicht er. Es ist sehr interessant sich anzuschauen, wann wer wie aktive Rollen hat. Bei negativen oder schwierigen Punkten nie Kurz allein. Sonst schon.

Es wird wirklich jeder Politikbereich abgedeckt – es hat schon was von programmatischer Wahlkampfrede. Jede_r Türkise Minister_in bekommt einen Shoutout. Überall wird was gemacht. Soll zeigen: Sie habe es im Griff, überall wird gearbeitet. Türkis macht.

Kurz betont Klimaschutz und Ökologisierung sehr stark in dieser Rede in verschiedenen Bereichen. Am Anfang hat er einmal die Grünen miterwähnt, dann nicht mehr. Sie färben das Thema türkis ein. Grüne Ministerien werden nie allein erwähnt. Selbst bei Impfungen oder korrekten Verordnungen sind dafür nicht die Grünen für ihr Ressort verantwortlich, sondern immer auch ein_e Türkise Minister_in. Soll zeigen, dass Grüne alleine nix machen (können).

#2 Alt und jung spielt er gegeneinander aus

https://twitter.com/moment_magazin/status/1299268953538277376
 
Junge Menschen beschweren sich über fehlende Nachtgastronomie, ältere Menschen vereinsamen in Krankenhäusern. Es ist ein  subtiles Ausspielen von alt gegen jung. Dabei haben wohl viele ein Trauma und Belastungen mitgenommen von der Zeit. Es wäre eine Möglichkeit gewesen, das anzuerkennen und die Sorgen von Jüngeren nicht auf „Nachtgastronomie“ zu reduzieren.

#3 Noch ein bisschen Angstmache

 

Jetzt kommt doch wieder ein wenig die Angstschiene. Erst durch die Aufzählung werden die Ereignisse erst möglich. So nonchalant stellt er „Terroranschlag“ und „Cyberangriff“ in den Raum, als müssten wir täglich damit rechnen. Aber er und die Regierung werden uns retten. Die Kleinen Sympathischen gegen die Großen Bösen – dieses David vs Goliath-Bild haben wir schon beim EU-Gipfel gesehen.

 

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