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Demokratie
Ungleichheit

Bezahlkarte statt Bargeld für Asylwerber:innen – ist das reine Schikane?

Bezahlkarte statt Bargeld für Asylwerber:innen – ist das reine Schikane?
Foto: Ivan Samkov, Pexels
Bisher bekamen Asylwerber:innen per Überweisung oder Bargeld ihre Sozialleistungen. Mit Bezahlkarten als “Sachleistungskarten” soll der angebliche Missbrauch dieser verhindert werden. Lukas Gahleitner-Gertz von der Asylkoordination ordnet das Vorgehen als rechte Show-Politik ein.

Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) hatte es im Vorjahr angekündigt. Ab Mitte Juli erhalten Asylwerber:innen in acht Einrichtungen des Bundes nun tatsächlich Bezahlkarten statt Bargeld. Leistungsberechtigte könnten das Geld sonst ins Ausland an ihre Familien schicken oder für Suchtmittel, wie beispielsweise Alkohol ausgeben, wird behauptet.

Schlechte Vorreiterfunktion

Deutschland machte es Österreich vor. Anfang 2024 einigten sich 14 von 16 Bundesländern auf ein gemeinsames Vergabeverfahren für Bezahlkarten für Asylwerber:innen. Sie sind  in allen deutschen Bundesländern im Einsatz, außer in Berlin. 

Wie in Österreich ist die Bezahlkarte eine Debitkarte, die monatlich “aufgeladen” wird. Auslandsüberweisungen sind in allen Bundesländern verboten, Inlandsüberweisungen nur teilweise möglich. Beispielsweise sind in Bayern oder Mecklenburg-Vorpommern gar keine Online-Käufe möglich. 

Umsetzung in Österreich 

Besonderheit in Österreich: Die Bezahlkarten sind auch für konkrete Ausgaben gesperrt: für Alkohol oder Glücksspiel. Die Debitkarte kann mit Taschengeld oder Bezahlung von gemeinnütziger Arbeit beladen werden. 

Auch wenn die Umsetzung einer einheitlichen Bezahlkarte bundesweit geplant war, ziehen jetzt nur die Blau-Schwarzen Bundesländer Oberösterreich, Salzburg und die Steiermark mit. Andere Bundesländer vergeben eigene Karten oder zahlen die Grundversorgung weiterhin mit Bargeld aus. Es sei Ländersache, ob sie an der bundesweiten Regelung der Bezahlkarten teilnehmen möchten oder nicht, so Lukas Gahleitner-Gertz von der “Asylkoordination: “Es ist ein Flickenteppich und es bleibt ein Flickenteppich.”

Er begrüße es prinzipiell, wenn die Grundversorgung digitalisiert werde. Das ist zum Beispiel in Wien oder Vorarlberg der Fall, wo das Geld einfach auf ein Bankkonto ausgezahlt wird. 

Von wie viel Geld reden wir da überhaupt? 

Asylwerber:innen, sowie Asylberechtigte haben einen Anspruch auf Grundversorgung in Österreich. Darunter fallen finanziell eine Unterkunft und Verpflegung, Bekleidungshilfe (150 Euro im Jahr), Schulbedarf für Schüler:innen (200 Euro im Jahr) und die Übernahme der Fahrtkosten bei behördlichen Terminen. Ebenso steht Schutzbedürftigen ein Taschengeld von 40 Euro zur Verfügung. 

So besteht die Grundversorgung in Wien aus 235 Euro im Monat. “Wir sprechen hier von fünf bis sieben Euro Essensgeld pro Tag. Das ist sehr, sehr wenig Geld, wenn man bedenkt, wie viel Lebensmittel kosten”, so Gahleitner-Gertz.

“Kein real existierendes Problem”

Der Vorwurf von Politiker:innen der ÖVP und der FPÖ, dass die Grundversorgung von Leistungsberechtigten “missbraucht” werden würde, ist also weit von der Realität entfernt. 

“Meines Erachtens wird dadurch viel mehr ein Signal an die eigene Wähler:innenschaft gesendet, als dass ein real existierendes Problem gelöst werden soll”, erklärt Gahleitner-Gertz. Es habe parlamentarische Anfragen zum Missbrauch der Grundversorgung gegeben und für keine konnten Beweise gefunden werden, so der Asylrechtsexperte. 

Stattdessen lenke diese Diskussion von der Tatsache ab, dass die Grundversorgung allgemein viel zu niedrig sei. Die Lebenshaltungskosten sind aufgrund der Inflation die letzten Jahre immens gestiegen – doch an diese Entwicklung sei die Grundversorgung nicht angepasst worden. 

Gahleitner-Gertz ordnet die Diskussion um Bezahlkarten als “leichtes Thema, wo man Härte zeigen kann” ein: “Es geht darum, einen Sündenbock zu erschaffen, wie wir es seit Jahren in der Asylpolitik sehen.” Dabei fürchtet er, dass die Diskussion in weiterer Folge auch auf andere benachteiligte Bevölkerungsgruppen ausgedehnt wird, wie Empfänger:innen von Sozialhilfe. 

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    Kommentare 5 Kommentare
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  • Dodo2340
    18.07.2025
    @Tom Schaffer Wer von meinem Steuergeld, d.h meiner Hände Arbeit lebt, soll sich auch keinen unnötigen "Luxus" leisten können. Alkohol ist ohnehin ungesund, und besonders die kulturfremden (muslimischen) Migranten, die sonst so erpicht sind, ihre Regeln ungehindert bei uns leben zu dürfen, denen Alkoholkonsum verboten ist, vertragen ihn oft auch gar nicht. Das führt nicht selten zu handgreiflich en Problemen - auch innerhalb ihrer eigenen Community. Auch dafür müssen wir Steuerzahler letztlich herhalten. Man muss jeden Anreiz für Wohlstandsoptimierer auf fremde Kosten ALLER Länder beseitigen. Nennen Sie es meinetwegen schikanös, aber die Ausbeutung der Steuerzahler für diese Klientel ist weitaus schlimmer.
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    • Sailing
      18.07.2025
      Korrekt! Diejenigen, die nach 'Mehr' schreien, tragen nur oft selber wenig zum Sozialstaat bei. Das ist das Problem.....
  • JohnnyR
    09.07.2025
    Ich bin kein Experte, aber finde, dass dieser Artikel wieder einmal nur eine Seite beleuchtet und nicht das Gesamte transparent aufschlüsselt. Genau solch Berichterstattung spaltet unser Land in zwei Lager. Bitte unterlassen Sie das. "So besteht die Grundversorgung in Wien aus 235 Euro im Monat." Diese Aussage mag stimmen, aber es wäre absolut angebracht die Geschichte weiter zu erzählen, nämlich dass sobald ein Flüchtling den Status als anerkannter Asylwerber hat, muss er sich selbst erhalten und fällt nach 3 Monaten aus der Grundversorgung. Verdient er kein Geld (oder muss aufstocken), kommt die Sozialhilfe zum Tragen. Und diese Sozialhilfe liegt weit darüber!!! Also mindestens 1000 Euro im Monat, oder zb Familie mit Kind ca 2500,- im Monat (je nach Bundesland). Und das hier ab und zu das Geld für Drogen, Spielsucht udgl verwendet wird, stößt natürlich jeden normalen Steuerzahler auf. Zusammenfassend mag vielleicht diese Bezahlkarte für die 3 Monate Grundversorgung ein Blödsinn sein, aber die Geschichte geht ja dann weiter und endet in der Souialhilfe, wo wir von viel mehr Steuergeld reden. Das sollte ebenfalls als Bezahlkarte ausgehändigt werden. Dann würde es Sinn machen.
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    • Sailing
      18.07.2025
      Danke! Das sehe ich genauso. Die Bezahlkarte in der Grundversorgung kann nur ein erster Schritt sein. Wesentlicher ist die Reduktion der Sozialhilfe auf ein im internationalen Vergleich vernünftiges Ausmaß und die Kontrolle der Verwendung dieser Steuergelder (Bezahlkarte, Sachleistungen, etc.). Wer sich dagegen ausspricht, trägt nach meiner Erfahrung selber sehr wenig für unser Sozialsystem bei. Das Problem dabei ist nur, dass diesen Menschen sehr bald das Geld der anderen ausgehen wird, weil dass Geld und Wohlstand zuerst einmal durch Arbeit verdient werden müssen, übersehen sehr viele leider immer noch.
    • Tom Schaffer
      09.07.2025
      Und zack! Schon hast du mit deiner Idee du erfolgreich den Sprung geschafft, wo der Staat nicht "nur" Asylwerbern die Ausgaben überwacht, sondern auch Menschen in Sozialleistungen. Weil wieso sollten arme Menschen denn mal ein Bier trinken dürfen? (Und am besten sperren wir ihnen gleich auch noch das ungesunde Cola, die Chips und wieso sollten sie sich Bio-Fleisch kaufen dürfen, wenn es doch billige Erdäpfel gibt?! Die Billa-Kassiererin soll so jemanden gefälligst das ungenehmigte Produkt vom Kassaband dreschen und laut durch den Laden schreien!) Die Mindestsicherung liegt wohlgemerkt in jedem Fall unterhalb der Armutsgrenze - egal ob mit oder ohne Kinder. Aber wenn jemand schon objektiv arm ist, warum sollte man dann auch noch Grundfreiheiten und grundlegende Menschenwürde achten? Jemand in Sozialhilfe hat gefälligst besachwaltet zu werden! (Und wehe, wenn jemand in Mindestsicherung lebt so extrem sparsam, dass er vielleicht wirklich seiner Familie, die noch in einem Fluchtlager an der türkischen Außengrenze festsitzt, mal ein paar Euro schicken kann. Das wäre das schlimmste und menschlich böseste, was man sich auf der ganzen Welt vorstellen kann. Gegen diesen "Missbrauch", muss man dringend was machen. Ganz egal, ob die Bürokratie, das aufzubauen und zu überwachen, ein Vielfaches von dem kostet, was man damit an urbösem "Missbrauch" verhindert.) Darüber hinaus ist es nicht richtig, was du sagst. Die Grundversorgung ist nicht nur für drei Monate wichtig. Du verwendest das Wort "anerkannter Asylwerber", aber dieses Wort ist verwirrend und gibt es so gar nicht. Ein "anerkannter Asylwerber" könnte allenfalls jemand sein, der bei der Einreise eine Erstprüfung erhalten hat und dabei tatsächlich zu einem Asylverfahren zugelassen wurde (aber das nennt man einfach "Asylwerber"). Die Grundversorgung gilt aber für die gesamte Dauer des Asylverfahrens. Und das kann mitunter Jahre dauern, in der man von der Grundsicherung lebt. Erst danach können "Asylberechtigte" - also Menschen, denen ein individuelles Asylverfahren einen gültigen Fluchtgrund bescheinigt hat - um Mindestsicherung ansuchen. Was logisch ist, weil wir die Mindestsicherung als das Geld definiert haben, das notwendig ist, um den untersten Standard der Menschenwürde in unserer Gesellschaft zu wahren.