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Klimakrise
Kapitalismus

Aus den Augen, aus dem Sinn: Unterirdische CO2-Speicherung als Mittel gegen Klimakrise?

Aus den Augen, aus dem Sinn: Unterirdische CO2-Speicherung als Mittel gegen Klimakrise?
Foto: Joni Tuohimaa, pexels.com
CCS gilt als Köngismacher auf dem Weg zur Klimaneutralität. CO2 soll abgefangen und unterirdisch gespeichert werden. In den Rechnungen dazu, wie wir die Klimakatastrophe noch vermeiden, sind die Technologien inzwischen fest eingerechnet. Bequem: Dann muss nämlich heute weniger dafür gemacht werden. Dabei ist der Einsatz von CCS umstritten. Wissenschaftler:innen warnen vor dem Hype: Das weltweite Speicherpotential ist viel kleiner als angenommen. CO2 unter der Erde zu speichern, ist nicht das Allheilmittel gegen die Klimakrise.

Was sind CCS Technologien und wo sollen sie eingesetzt werden?

Mit Hilfe von CCS-Technologien soll Kohlendioxid (CO2) langfristig unterirdisch gespeichert werden, um CO2-Emissionen in der Atmosphäre zu verringern. Dabei wird CO2 abgefangen, das etwa bei fossiler Energieerzeugung und industriellen Prozessen entsteht. Oder es wird der Atmosphäre direkt entzogen und in Speichern gelagert. Das können teilweise oder ganz stillgelegte Öl- und Gaslagerstätten oder unterirdische Wasserreservoirs sein. 

Gibt es schon CCS-Anlagen?

Die ersten CCS-Anlagen gibt es bereits seit den 90er Jahren. In den 2000er Jahren erlangte CCS größere Aufmerksamkeit, vor allem in Verbindung mit Kohleenergie. Inzwischen wird die Anwendung der Technologien vor allem in Zusammenhang mit Branchen diskutiert, deren Emissionen sich nur schwer oder kaum verringern lassen, wie etwa der Stahl-, Zement- oder Kalkindustrie. Der Einfluss auf den weltweiten CO2-Ausstoß ist aber gering.

Wie viel CO2 speichern CCS-Anlagen heute?

Bisher sind die Kapazitäten von CCS-Anlagen gering: 49 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr können abgefangen werden. Das entspricht weniger als Österreichs CO2-Ausstoß in einem Jahr (2023: 68,7 Mio. Tonnen) oder 0,12% des weltweiten Jahresausstoßes. Die größte Speicheranlage kann bisher nur 36.000 Tonnen CO2 pro Jahr fassen.

Welche Risiken und Gefahren bergen CCS-Technologien?

Umweltverbände und NGOs kritisieren den Einsatz von CCS. Einerseits besteht die Gefahr, fossile Geschäftsmodelle aufrechtzuerhalten, weil man hofft, das Problem technisch zu lösen, statt durch die möglichen Alternativen. Fossile Giganten wie BP setzen sich für CCS ein, denn mit Hilfe der Technologien können ihre Geschäftsmodelle weiter bestehen bleiben. CCS und andere Technologien wie Wasserstoff, die als ultimative Lösung für die Klimakrise gelten, verzerren immer wieder Debatten über eine effektive CO2-Reduktion. Die ist aber unumgänglich, um die Erderwärmung einzudämmen. Andererseits sind die CO2-Speicher nicht 100 Prozent sicher. Bei Defekten kann es zu schädlichen Umweltauswirkungen kommen: Das CO2 kann wieder in die Atmosphäre entweichen. Außerdem besteht eine Gefahr für Grundwasser und Böden. Nicht zuletzt sind die Technologien sehr energie- und kostenintensiv. Der Einsatz von CCS ist in Österreich deshalb bisher verboten. 

Wie groß ist das Potential von CCS?

Wie groß das Potential zur Speicherung von CO2 tatsächlich ist, ist unter Wissenschaftler:innen umstritten. Eine internationale Studie unter der Leitung des österreichischen Instituts IIASA setzt eine klare Grenze: Bis zum Jahr 2200 könnten nur rund 1460 Milliarden Tonnen CO2 mittels CCS eingelagert werden. Sollte diese Grenze überschritten werden, könnte es zu Zielkonflikten kommen. Man müsste sich dann zwischen Einlagerung und Artenvielfalt, Gesundheit, Sicherheit und sozialer Gerechtigkeit entscheiden. 

Warum ist das zu wenig?

In den nächsten 175 Jahren können damit 1460 Milliarden Tonnen CO2 unter der Erde gespeichert werden – das entspricht nur etwa 40 Mal dem weltweiten Ausstoß des Jahres 2023. Das Speicherpotential liegt damit vor allem deutlich niedriger als gedacht. Frühere Schätzungen gingen davon aus, dass es 10 Mal höher ist. Der globale Temperaturanstieg kann laut der Studie durch CCS allein nur um maximal 0,7 Grad Celsius verringert werden. Die CO2-Speicherung allein kann also bei weitem nicht verhindern, dass aus der Klimakrise eine Klimakatastrophe wird und wir die 2-Grad-Grenze sprengen. (Welche Szenarien der Erderwärmung es gibt, kannst du etwa hier lesen: In 5 Grad zur Apokalypse)

Wo ist der Einsatz von CCS am sinnvollsten?

Die Studie zeigt, dass der Einsatz von CCS in großem Stil vor allem in stillgelegten Minen am sinnvollsten ist. In den USA, China, Russland, Brasilien und Australien lässt sich am meisten CO2 ohne Konflikte mit anderen Zielen unter der Erde lagern. Die Wissenschaftler:innen appellieren auch: Effektive Klimapolitik darf der Speicherung von CO2 keinen Vorrang geben. Die Vermeidung von CO2 müsse unbedingt priorisiert werden. 

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