Das Problem, wenn zu viel Einkommen vom Trinkgeld abhängt
Für viele Menschen ist Trinkgeld nicht nur ein nettes Extra, sondern unabdingbar, um den Lebensunterhalt bestreiten zu können. Bei den staatlichen Hilfen während der Corona-Krise wurde allerdings auf das Trinkgeld vergessen.
Dzanas Familie hat noch ein zusätzliches Problem. Schon im Mai suchte ihr Mann um Unterstützung beim COVID-ArbeitnehmerInnenfonds des Landes Tirol an. Berechtigt sind ArbeitnehmerInnen, die aufgrund der Corona-Krise Einkommenseinbußen von mindestens 30 Prozent verkraften mussten. Dzana rechnet vor: „Noch im April hatte mein Mann ein Nettoeinkommen von 1650 Euro. Das Arbeitslosengeld beträgt 995 Euro. Das sind weit mehr als 30 Prozent.“ Das Land sieht das anders. In einer schriftlichen Antwort steht, die 30-Prozent-Schwelle sei nicht erreicht.
KellnerInnen leben vom Trinkgeld
Das mag auch stimmen – wenn das Trinkgeld nicht berücksichtigt wird. „Jeder weiß, dass Zahlkellner vom Trinkgeld leben. In unserer Haushaltskassa fehlen weit mehr als 30 Prozent“, sagt Dzana. „Wir sind enttäuscht.“
Ivan arbeitete bis Februar neben dem Studium in der Erlebnisgastronomie. Weil dort umgebaut wurde, meldete das Unternehmen ihn ab – mit dem Versprechen, er könne ab April wieder dort arbeiten. Das war, bevor die Pandemie Österreich erreicht hatte. Dort verdiente er pro Monat in etwa 700 Euro, 100 davon als Trinkgeld. Sein Arbeitslosengeld fiel dementsprechend mager aus. Mit 500 Euro musste er auskommen, ihm fehlte damit jeden Monat eine halbe Miete. „Weil ich ohnehin von sehr wenig Geld lebe, habe ich diese 200 Euro stark gespürt.“
Wie der Einkommensverlust für typische ArbeitnehmerInnen in der Gastronomie aussieht, hat das Momentum Institut berechnet. Aktuelle Erhebungen gibt es zum Trinkgeld in der Gastronomie für Österreich nicht. Wir können uns also nur annähern.
Es gibt natürlich auch noch andere Jobs, bei denen Trinkgeld eine große Rolle spielt, bei TaxifahrerInnen oder FriseurInnen beispielsweise. Gemeinsam haben alle diese Berufe, dass sie tendenziell schlecht bezahlt sind. Die Euros der KundInnen sind also nicht nur ein nettes Extra, sondern unabdinglich, damit die ArbeitnehmerInnen ihren Lebensunterhalt bestreiten können. Dieses Problem wurde und wird bei den Hilfen während der Corona-Krise vom Staat viel zu wenig beachtet.